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Moskau: Militäreinsatz „inakzeptabel“

Der angebliche Chemiewaffeneinsatz in einem Rebellenviertel im Osten von Damaskus beschäftigt die internationale Gemeinschaft weiter. Der britische Außenminister William Hague sagte, seine Regierung gehe davon aus, „dass es sich um einen Chemiewaffenangriff des Assad-Regimes handelt“, doch wolle sie eine Prüfung durch die UNO-Inspektoren im Land.

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„Ich weiß, dass manche Menschen gerne sagen würden, es handelt sich um eine Art Verschwörung der syrischen Opposition. Ich glaube aber, dass die Chancen dafür verschwindend gering sind - und daher glauben wir, dass es sich um einen chemischen Angriff des Regimes (von Präsident Baschar al) Assad handelt“, sagte Hague am Freitag. Großbritannien kündigte zugleich an, den Druck auf Damaskus zu erhöhen, damit UNO-Inspektoren die schweren Vorwürfe prüfen können. Auch die EU und mehrere europäische Länder forderten eine UNO-Untersuchung.

Rufe in Europa nach Anwendung von Gewalt gegen Syrien seien „inakzeptabel“, erklärte dagegen das russische Außenministerium am Freitag. Berichte über angebliche Chemiewaffenangriffe seien „eindeutig eine Provokation“ der Rebellen, die eine Untersuchung verhinderten.

„Schwer, zu anderer Folgerung zu gelangen“

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon kündigte dagegen „ernste Konsequenzen“ an, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Jeglicher Einsatz von Chemiewaffen sei ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Ban hatte bereits seine Hohe Vertreterin für Abrüstung, Angela Kane, nach Damaskus entsandt, um den Vorwürfen nachzugehen.

Die UNO stellte bei der syrischen Regierung am Donnerstag auch den formellen Antrag, ihren Inspektoren Zugang zum mutmaßlichen Tatort zu gewähren. Der schwedische Außenminister, Carl Bildt, erklärte, angesichts der verfügbaren Informationen, sei es „schwer, zu einer anderen Folgerung zu gelangen, als dass eine tödliche chemische Substanz bei dem Angriff eingesetzt wurde“.

Ashton forderte „umfassende Untersuchung“

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bekräftigte die UNO-Forderung nach einer „umfassenden, unabhängigen und umgehenden Untersuchung“. „Wir müssen jetzt der Spirale von Gewalt und Terrorismus und dem immer größer werdenden Flüchtlingsstrom ein Ende bereiten“, erklärte Ashton am Freitag in einem Statement in Brüssel. Der UNO-Sondergesandte Lakhdar Brahimi sagte, die Berichte über den angeblichen Chemiewaffenangriff zeigten erneut, dass Syrien die „größte Bedrohung für Frieden und Sicherheit in der Welt“ sei.

„Objektive Untersuchung“

Das Außenministerium in Moskau erklärte, die Videos zu dem Angriff seien vor dem angeblichen Chemiewaffenangriff ins Internet gestellt worden. Zudem würden die Rebellen eine „objektive Untersuchung“ behindern. Außenminister Sergej Lawrow hatte zuvor nach einem Telefongespräch mit seinem US-Kollegen John Kerry erklärt, sie hätten das „gemeinsame Interesse“ an einer „objektiven Untersuchung“. Lawrow betonte, er habe gleich nach dem Vorfall Syrien zur Kooperation mit den UNO-Inspektoren gedrängt.

Nach Angaben der Rebellen waren am Mittwoch in den Ortschaften Mouadamiya al-Sham und Ghuta nahe Damaskus bei einem Chemiewaffenangriff bis zu 1.300 Menschen getötet worden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die sich auf ein Netz aus Aktivisten und Ärzten an Ort und Stelle stützt, zählte dagegen in den von den Rebellen kontrollierten Vororten nur 170 Tote. Den Einsatz von Chemiewaffen konnte die oppositionsnahe Organisation nicht bestätigen.

UNO-Inspektoren zu Abwarten verdammt

Auch drei Tage nach den mutmaßlichen Giftgasangriffen nahe Damaskus warten die UNO-Inspektoren weiter auf eine offizielle syrische Genehmigung zur Untersuchung des Vorfalls. Die UNO-Inspektoren befinden sich seit Sonntag in Syrien. Nach monatelangen Verhandlungen hatte die Regierung in Damaskus eingewilligt, dass die Inspektoren Zugang zu drei von 13 Orten erhalten, zu denen Berichte über teils Monate zurückliegende angebliche Chemiewaffeneinsätze vorliegen.

Regimegegner berichteten, die Regierungstruppen hätten ihre Angriffe auf Rebellenhochburgen am Stadtrand von Damaskus am Freitag mit unverminderter Härte fortgesetzt. Nach Ansicht des Referatsleiters für Biologie und Toxikologie an der ABC-Abwehrschule in Korneuburg, Martin Weiler, spricht unterdessen vieles dafür, dass Giftgas eingesetzt wurde.

Die Symptome, die auf den Videos aus Syrien zu sehen sind, „deuten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Nervenkampfstoffe hin“. Auch der Gerichtsmediziner Stephen Johnson vom britischen Cranfield Forensics Institute ortete auf dem auf seine Echtheit nicht überprüfbaren Videomaterial klare C-Waffen-Hinweise - Video dazu in iptv.ORF.at.

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