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Dutzende Knotenpunkte als offene Tür

Der US-amerikanische Geheimdienst NSA hat laut einem Zeitungsbericht den Datenverkehr innerhalb der USA viel stärker im Visier als bisher bekannt. Die NSA habe mit Hilfe der Telekomunternehmen Zugriff auf rund 75 Prozent des US-Internetverkehrs, berichtete das „Wall Street Journal“ („WSJ“) am Mittwoch.

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Dafür würden die Daten an über einem Dutzend Verbindungsknotenpunkten abgegriffen, hieß es unter Berufung auf frühere und aktive Beamte sowie Mitarbeiter von Technologiefirmen. Die US-Verfassung sowie die Gesetze der USA setzen der Überwachung von US-Bürgern in den Vereinigten Staaten eigentlich strikte Grenzen.

E-Mails von US-Bürgern gespeichert

Ziel des Überwachungssystems sei es, verdächtige Kommunikation mit dem Ausland abzufangen - oder solche, bei der sich beide Teilnehmer außerhalb der USA befinden, aber die Daten über US-amerikanische Server gehen. Allerdings sei der Mechanismus so breit angelegt, dass auch das Einfangen der Daten von US-Bürgern wahrscheinlich sei.

In einigen Fällen würden Inhalte der E-Mails von US-Bürgern gespeichert und inländische Gespräche durchforstet, die über das Internet geführt werden. Die Behörden betonten stets, die bisher bekanntgewordenen Überwachungsmaßnahmen hätten vor allem Ausländer im Visier. Diese gemeinsam mit den Telekomfirmen aufgesetzten Überwachungsprogramme „zeigen, dass die NSA in der Lage ist, fast alles, was online passiert, zu verfolgen, solange es von einem breit angelegten Gerichtsbeschluss gedeckt ist“, betonte die Zeitung.

NSA: Vertuschen Vorfälle nicht

Die NSA hatte zuvor nach den Enthüllungen über massive Datenschutzverstöße Fehler eingeräumt. „Das sind keine beabsichtigten Verletzungen, das sind Fehler“, sagte NSA-Direktor John DeLong am Freitagabend (Ortszeit) bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Pannen bei der Überwachung würden an Gerichte oder Regierungsstellen gemeldet. „Wir vertuschen diese Vorfälle nicht“, so DeLong.

Die „Washington Post“ hatte am Freitag berichtet, die NSA habe in den vergangenen Jahren Tausende Male gegen Datenschutzvorschriften verstoßen. Der Dienst habe immer wieder Regeln zum Schutz der Privatsphäre verletzt und seine Kompetenzen überschritten. Die Zeitung berief sich auf ein internes NSA-Gutachten und weitere Geheimdokumente, die sie vom früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden erhalten habe.

2.776 Vorfälle intern dokumentiert

Das interne Gutachten vom Mai 2012 führe allein für die vorangegangenen zwölf Monate 2.776 Vorfälle auf. Dabei handle es sich um die „unerlaubte Sammlung und Speicherung von rechtlich geschützter Kommunikation, unerlaubten Zugriff darauf oder unerlaubte Weitergabe der Daten“. Ein Dokument zeigt dem Blatt zufolge, dass die NSA Mitarbeiter angewiesen habe, Berichte an das Justizministerium und das Büro des US-Geheimdienstkoordinators zu verändern. Konkrete Details seien darin durch allgemeine Aussagen ersetzt worden.

Überwachung wegen Programmierfehlers

In einem Fall habe der Geheimdienst die unabsichtliche Überwachung von US-Bürgern verschleiert. Im Jahr 2008 sei „eine große Zahl“ von Anrufen aus der Hauptstadt Washington überwacht worden. Hintergrund sei ein Programmierfehler gewesen, wodurch die Vorwahl der Metropole - 202 - mit der internationalen Vorwahl für Ägypten - (00)20 - verwechselt worden sei. Den Aufsichtsbehörden sei das nicht gemeldet worden.

Das Weiße Haus nahm den Bericht zum Anlass, um die angekündigte Transparenzoffensive von US-Präsident Barack Obama zu bekräftigen. Obama habe sich „schon lange für mehr Transparenz und eine stärkere Kontrolle eingesetzt“, mit dem Ziel, „das richtige Gleichgewicht“ zwischen dem Schutz der nationalen Sicherheit und dem Schutz der Privatsphäre zu erreichen, hieß es in einer Erklärung von Freitagabend.

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