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Genauer Termin steht noch nicht fest

Bis Ostern 2014 will die EU ein Paket zur Vereinheitlichung des europäischen Telekommarkts verabschieden. Die zuständige EU-Komissarin Neelie Kroes will dabei auch die Roaminggebühren im gesamten EU-Raum abschaffen. Im Gegenzug heben die Mobilfunker die nationalen Mobilfunktarife bereits deutlich an.

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Schon länger plant die EU nach der schrittweisen Senkung der Roamingtarife, diese ganz abzuschaffen. Zuletzt wurden Handytelefonie und mobiles Internetsurfen im Ausland auf Geheiß der EU am 1. Juli billiger. In Umfragen verbinden viele EU-Bürger die niedrigeren Mobilfunktarife positiv mit der EU. Rechtzeitig zur EU-Wahl 2014 will die EU davon nochmals profitieren.

Ambitionierter Zeitplan

Anfang September will Kroes der Kommission einen entsprechenden Vorschlag vorlegen, der dann im Oktober im Rat, im Dezember im EU-Parlament und schließlich von allen drei EU-Gremien diskutiert werden soll. Frist für eine Verabschiedung ist Ostern 2014, dann ist auch die EU im Wahlkampf. Der Plan sei sehr ambitioniert, so Kroes’ Sprecher Ryan Heath auf Nachfrage von ORF.at.

In dem Paket werde auch ein Termin für die Abschaffung der Roaminggebühren festgehalten sein, auf einen finalen Termin müssten sich aber EU-Kommission und EU-Parlament noch einigen, sagte Heath. Medienberichte, wonach die Roamingtarife bereits Mitte Juli 2014 Geschichte sein könnten, seien nicht korrekt, viel eher werde das wohl 2015/16 der Fall sein. Fix sei allerdings, dass Kroes vorschlagen werde, die Gebühren komplett abzuschaffen, so Heath.

Roamingpakete ab 2014 individuell buchbar

Im Juli 2014 werde nur die strukturelle Entbündelung des Telekommarktes umgesetzt, so der heimische Telekomregulator Georg Serentschy gegenüber ORF.at. Hinter der sperrigen Bezeichnung versteckt sich die Möglichkeit, für ein Roamingpaket einen anderen Anbieter als den aktuellen nationalen auszuwählen.

Damit werde künstlich ein Roamingmarkt geschaffen, in dem sich jeder Kunde das für ihn günstigste Paket aussuchen kann, so Serentschy. Die EU hoffe damit auch die Kosten für die Nutzer senken zu können, so Serentschy, der auch stellvertretender Vorsitzender des Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC), also der nationalen Regulatoren, ist.

Heimische Mobilfunker erhöhen Tarife

Trotz einiger hartnäckiger Widerstände im gesamten EU-Raum begrüßten die heimischen Mobilfunker die geplante Abschaffung der Roaminggebühren zuletzt, was eher überraschte - wohl weil ihnen das über Umwege die Möglichkeit bietet, ihre zuletzt laufend gesunkenen Mobilfunktarife wieder erhöhen zu können.

So sagte zuletzt T-Mobile-Austria-Chef Andreas Bierwirth in einem Interview mit dem „Standard“, er finde den Vorschlag von Kroes spannend. Im gleichen Interview kündigte er neue Handytarife an, die sich an der jeweiligen Datennutzung orientieren sollen. Auch Telekom-Austria-Chef Hannes Ametsreiter sagte in einem Interview mit dem „Kurier“ (Onlineausgabe) im März, die Roamingtarife gehörten abgeschafft. Kurz darauf erhöhte A1 die Tarife deutlich.

Europaweiter Trend zur Preissteigerung

Der Trend zu einer Preissteigerung zeichne sich derzeit europaweit ab, so Serentschy. Die Mobilfunker würden dabei dem Vorbild der USA folgen, wo die Betreiber Datenpakete zu höheren Preisen anbieten würden, bei denen dann Sprache und SMS unlimitiert de facto als Gratisdraufgabe mitgeliefert würden. Auch Bierwirth sagte, dass Gesprächsminuten und SMS nur noch Zubrot zu den Datentarifen seien. Mit den gesteigerten Umsätzen wollen die Mobilfunker laut eigenen Angaben ihre Investitionen zahlen.

„Nationaler Egoismus“ als „europäische Krankheit“

Kroes tourt derzeit mit ihren Vorschlägen für einen digitalen Binnenmarkt durch die EU, einige Hindernisse für eine rechtzeitige Verabschiedung hat sie bereits ausgeräumt. In einem Interview mit der „Financial Times“ sagte sie, die Pläne seien zwischen den Bedürfnissen der Nutzer und der Firmen austariert. Serentschy sieht aber noch einige Probleme, vor allem durch den „Standortwettbewerb“ der EU-Länder etwa in Sachen Datenschutz und Steuer und die unterschiedliche nationale Gesetzgebung.

Die etwa von Kroes geplante einheitliche EU-weite Vergabe von Frequenzen sei zwar „plakativ super und wunderschön“, in den „Mühen der Ebene“ sei die Umsetzung aber deutlich schwieriger. Solange die EU-Staaten eine eigene Jurisdiktion haben, werde eine Vereinheitlichung immer schwierig sein. Diese „europäische Krankheit“ der Diskrepanz zwischen „nationalem Egoismus“ und der Schaffung eines Binnenmarktes werde man an einer Stelle auflösen müssen, so Serentschy. Womöglich drohen dem Plan von Kroes damit dieselben Probleme wie der Vereinheitlichung der Datenschutzregeln.

Nadja Igler, ORF.at

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