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Neuauflage des „Rosenkriegs“?

Die neue letzte Ruhestätte des englischen Königs Richard III. (1452 bis 1485) könnte zu einem neuen „Rosenkrieg“ werden. Diese Befürchtung äußerte Richter Charles Haddon-Cave bei einer Anhörung am Freitag. Grund dafür ist der erbitterte Streit zwischen den Nachkommen des Königs und der Stadt Leicester, in der die Gebeine im Herbst letzten Jahres gefunden wurden.

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Richard III. war der letzte Herrscher aus dem Hause York und wuchs in Middleham Castle in den Northshire Dales auf. Gestorben ist er in Market Bosworth (Leicestershire), begraben wurde er in Leicester. Die Plantagenet Alliance, eine Gruppe von 15 Nachkommen Richards III., will nun vor Gericht ziehen, um das durchzusetzen, was ihrer Meinung nach „der Wille des Königs“ ist: ein Begräbnis in der Kathedrale von York.

Geboren in Yorkshire, gestorben in Leicestershire

Während seiner kurzen Regentschaft soll er York mehrmals besucht haben. Bis heute erinnert ein kleines Museum in einem ehemaligen Wärterhaus an der Stadtmauer an den König. Einige Historiker gehen davon aus, dass Richard III. geplant hat, in der Kathedrale der Stadt begraben zu werden - und liefern damit das Hauptargument für den Kampf um seine Überreste.

Der „Rosenkrieg“

Als „Rosenkrieg“ werden in der englischen Geschichte die Kämpfe zwischen zwei Zweigen der Nachkommen von Edward III., dem Haus Lancaster (mit der roten Rose als Symbol) und dem Haus York (weiße Rose) bezeichnet. Dabei kämpften Heinrich VI. aus dem Hause Lancaster, der Enkelsohn von Heinrich IV., und Edward IV. aus dem Hause York in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts jahrelang erbittert um die Vorherrschaft im Land.

Diesen Wunsch leiten die Wissenschaftler vor allem daraus ab, dass der König „hundertmal mehr“ Spenden an die Kirche in York gegeben habe als an andere, erklärte Kersten England, Vorsitzende des Stadtrats von York gegenüber der BBC. Auch in der Bevölkerung von York scheint der Wunsch, den König „nach Hause zu holen“, groß zu sein. Rund 26.500 Unterzeichner fanden sich für eine dementsprechende Petition, während eine Gegeninitiative nur gut 8.100 Unterschriften sammeln konnte.

Richter warnt vor „ungehörigem“ Streit

Richter Haddon-Cave gab am Freitag grünes Licht für eine Klage der Plantagenet Alliance vor dem obersten Gericht. Gleichzeitig warnte er alle Beteiligten davor, den Fall zu einer „ungehörigen, würdelosen und unerquicklichen“ Angelegenheit werden zu lassen. Er empfahl beiden Parteien stattdessen, die Entscheidung einem unabhängigen Expertengremium zu überlassen.

Aus Leicester hieß es am Samstag, man müsse die Gerichtsentscheidung erst einmal „verdauen“. Es sei allerdings nicht überraschend, dass das Gericht einem Verfahren zustimme, man würde ja schließlich „nicht jeden Tag einen König unter einem Parkplatz ausgraben“. In Leicester halte man es nach wie vor für „angebracht und passend“, dass Richard III. in Leicester beigesetzt würde. „Wir haben viele Unterstützungserklärungen erhalten - auch von Michael Ibsen, einem direkten Nachkommen Richards III., dessen DNA maßgeblich zur Identifizierung der Gebeine beigetragen hat“, erklärte ein Sprecher der Universität.

Stephen Nicolay, Vorsitzender der Plantagenet Allicance und ein Neffe 16. Grades von Richard III., sagte, man sei sehr froh, durch den Richterspruch nun die Möglichkeit zu bekommen, für den „Willen des Königs“ zu kämpfen. „Wir sind nicht an einem Rechtsstreit interessiert, wir wollen nur das Richtige machen.“ Vanessa Roe, stellvertretende Vorsitzende der Nachkommen ergänzte, dass der Gang vor das Gericht „die letzte Möglichkeit“ gewesen wäre.

„Schlichte, elegante und angemessene“ Zeremonie

In Leicester wird derweil schon am Grab für den König gebaut. Für gut eine Mio. Pfund (1,17 Mio. Euro) wird die letzte Ruhestätte in der Leicester Cathedral errichtet. Die Stadtverwaltung hat außerdem bereits Pläne für ein Besucherzentrum mit Richard-III.-Museum in der Schublade, das vier Mio. Pfund (4,7 Mio. Euro) kosten soll.

Das entspricht in etwa der Summe, die alleine mit dem Eintritt zur Fundstelle jährlich eingenommen werden könnten, schätzt Marketingexpertin Nicky Stephen. Noch ist der Parkplatz, unter dem die mutmaßlichen Königsknochen bis vor kurzem vor sich hin rotteten, ein wenig anziehender Ort - doch Stephen schwärmte schon im Oktober im BBC-Interview von einem „unglaublichen Besuchercenter“, in dem die Zeit Richards III. mit allen Sinnen erlebbar werden soll.

Letzter König, der im Kampf starb

Richard III. war der letzte englische König, der im Kampf starb. 1485 fiel er in der Schlacht von Bosworth Field gegen die Truppen von Henry Tudor, dem späteren König Heinrich VII. „Viele Leute hatten sich nicht allzu viele Gedanken darüber gemacht, ob die Überreste überhaupt noch da sein könnten“, sagte der für das Projekt verantwortliche Archäologe Richard Buckley von der Universität Leicester.

Als das Archäologenteam jedoch in die Gräben unter dem Asphalt des Parkplatzes stieg, wurden ihre kühnsten Träume übertroffen. Nach nur drei Wochen fanden die Wissenschaftler in einem schlichten Grab die Knochen eines Mannes. „Wir können vom Zustand des Skeletts darauf schließen, dass das Begräbnis kurz nach dem Tod stattfand und die Leiche nicht verlegt wurde“, so Jo Appleby. „Es scheint ein sorgfältiges Begräbnis gewesen zu sein, aber kein aufwendiges.“

Verletzungen aus der Schlacht deutlich zu erkennen

Das Skelett weist den Wissenschaftlern zufolge mindestens zwei Verletzungen am Schädel auf, eine Wunde am Rücken und eine Krümmung der Wirbelsäule. „Er hat Verletzungen, die zu einem Tod in einer Schlacht passen könnten, wie es Richard III. passiert ist“, sagte Appleby.

Gewissheit brachte schließlich ein DNA-Abgleich mit Ibsen, einem Neffen des Königs in 17. Generation. Der 55-jährige Tischler wurde in Kanada geboren und zog vor 27 Jahren nach London. „Die einzige Linie, die sie bis in die heutige Zeit verfolgen konnten, war diejenige, die zu meiner Mutter führte“, sagte Ibsen.

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