5.000 Österreicher urlauben in Ägypten
Nach der erneuten Eskalation der gewalttätigen Proteste in Ägypten hat das österreichische Außenministerium am Freitagabend eine Reisewarnung für geplante Reisen in alle Teile des Landes herausgegeben. Das erfolge „aufgrund der Eskalation der letzten Tage mit so vielen Toten“, erklärte Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) gegenüber der APA. „Die Sicherheit ist einfach nicht mehr gegeben.“
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Die Reisewarnung gelte jedoch nur für zukünftige Reisen. Urlauber, die sich bereits im Land befänden, könnten ihre Reise fortsetzten, so Spindelegger. Er habe am Mittwoch zwei Mitarbeiter in die Tourismusorte Scharm al-Scheich und Hurghada geschickt, fügte der Außenminister hinzu. „Die Lage dort ist derzeit noch ruhig“, für den Notfall habe man jedoch Vorsorge getroffen. „Denn die letzten Tage haben gezeigt, wie schnell die Lage eskalieren kann“, so Spindelegger im Gespräch mit der APA. Eine Reiseinformation für Ägypten gibt es auf der Website des Außenministeriums.
An EU-Außenbeauftragte Ashton gewandt
Auch die diplomatischen Kanäle zu Ägypten seien weiterhin offen. Er sei jedoch „sehr besorgt, ob die Demokratie aufrechterhalten werden kann, wenn das so weitergeht“, fügte Spindelegger hinzu. Das habe er am Freitag auch telefonisch mit seinem deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle besprochen. Gemeinsam habe man sich an EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton gewandt und einen Sonderministerrat für kommenden Montag oder Dienstag verlangt. Angesichts der Situation seien „andere Töne der EU“ nötig, man könne „nicht einfach zusehen“.
Seine Besorgnis habe er am Freitag auch dem ins Außenamt zitierten ägyptischen Botschafter Khaled Abdelrahman Abdellatif Shamaa mitgeteilt, so Spindelegger. „Ich habe ihm gesagt, dass wir diese Situation der Eskalation nicht dulden“.
AUA-Kunden können stornieren
Vonseiten der Austrian Airlines (AUA) hieß es nach der Reisewarnung, es gebe derzeit keine Einschränkungen oder Änderungen des AUA-Flugprogramms von oder nach Ägypten. Man beobachte die Lage aber sehr genau und sei in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden. Aufgrund der Reisewarnung wird den Passagieren mit Tickets für Flüge bis einschließlich 30. September 2013 eine Umbuchungs- bzw. Stornomöglichkeit angeboten.
Reisebüros sagten alle Ägypten-Reisen ab
Die größten Reiseanbieter in Österreich hatten schon zuvor angesichts der Unruhen alle Reisen nach Ägypten abgesagt. Urlauber, die sich bereits im Land befinden, sollten jedoch zurückfliegen wie gebucht. Alle anderen können neue Destinationen wählen. Im Badeort Hurghada starb ein Anhänger der Muslimbruderschaft bei Zusammenstößen.
Der österreichische Reiseveranstalter Thomas Cook Austria cancelte bis einschließlich 15. September sämtliche Reisen nach Ägypten. „Wir werden vorerst keine neuen Gäste nach Ägypten bringen und bereits gebuchte Reisen absagen“, teilte eine Unternehmenssprecherin der APA am Freitag mit. Kunden, die bereits eine Reise nach Ägypten gebucht hätten, würden entsprechend informiert. Auf Wunsch würden ihnen alternative Reiseziele angeboten.
Thomas-Cook-Kunden, die sich bereits in Ägypten befänden, würden wie gebucht zurück nach Österreich fliegen. Thomas Cook beobachte die Lage weiterhin sehr genau und sei in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden und seiner Zielgebietsorganisation. Gäste würden vor Ort von der Reiseleitung informiert und bis zur Abreise betreut. Zu Thomas Cook gehören in Österreich die Marken Neckermann Reisen, Thomas Cook, Bucher Last Minute und Öger Tours.
Auch TUI storniert Buchungen
Auch TUI Österreich sagte alle Reisen ins von Unruhen gebeutelte Ägypten bis einschließlich 15. September ab. Die Absage gilt für die Marken TUI, 1-2-Fly, Airtours und Discount Travel. Sollten Touristen vorzeitig zurückreisen wollen, könnte sie sich an ihre Reiseleitung wenden, sagte Konzernsprecher Josef Peterleithner. TUI-Gäste, die für die kommenden Tage eine Reise an den Nil geplant hatten, werden derzeit von ihren Reisebüros aktiv kontaktiert und können auf andere Destinationen umbuchen. TUI beobachte die Lage in der zweitgrößten afrikanischen Volkswirtschaft nach Südafrika weiter genau.
Ruefa rät zu Umbuchungen
Die größte österreichische Reisebürokette Ruefa, die zur Verkehrsbüro Group gehört, riet ihren Kunden zu Umbuchungen. Derzeit befinden sich diversen Reiseveranstaltern zufolge rund 5.000 Urlauber aus Österreich in dem Land - der Großteil (75 Prozent) in Hurghada und etwa ein Fünftel in Scharm al-Scheich. Der Rest verteilt sich auf kleinere Badeorte am Roten Meer wie etwa Marsa Alam. Der August ist laut Reitbauer „generell nicht die Hauptreisezeit für Ägypten“. Wegen der angespannten Situation sei Ägypten heuer „verhaltener gebucht“ worden. Konkret liegen die Buchungen für Juli und August um rund ein Viertel unter dem Vorjahresniveau.
Viele wollen stattdessen in die Türkei
Bei der TUI Österreich war von einem Minus „im einstelligen Prozentbereich“ die Rede. „Das Informationsbedürfnis ist gestiegen - wir haben vermehrt Anfragen nach Umbuchungen, weniger nach Stornierungen“, sagte TUI-Austria-Sprecher und Chef des Österreichischen Reisebüroverbandes (ÖRV), Josef Peterleithner, zur APA.
Die meisten Veranstalter bieten bereits kostenlose Umbuchungen für Abreisen bis Ende August. Hinsichtlich Abflughafen, Termin, Destination und Preis müsse man angesichts der Kurzfristigkeit allerdings flexibel sein. Viele Urlauber wählen die Türkei als Ausweichdestination für Ägypten. Aber auch Griechenland, Spanien, Tunesien und Italien werden nachgefragt. In den kommenden zwei Wochen seien rund 650 Ruefa-Kunden für einen Urlaub in Ägypten gebucht, dieses Wochenende 350 Personen.
Zwei österreichische Teams in Ägypten
Am Donnerstag seien zwei Teams - jeweils ein Beamter des Außen- und des Innenministeriums - in die Touristenzentren Scharm al-Scheich und Hurghada aufgebrochen, „um die Lage besser zu beurteilen“. „Zurzeit ist die Situation in den Touristengebieten selbst ruhig“, sagte der stellvertretende Sprecher des Außenministeriums, Nikolaus Lutterotti. Sollte es zu einer Verschlechterung der Lage kommen, werde man „weitere Schritte in Richtung Reisewarnung setzen“.
Lutteroti betonte, dass die Reiseveranstalter eine „Verantwortung haben, ihre Kunden nach Österreich zurückzubringen“, sollte die Lage weiter eskalieren. Zur möglichen Rettung von Urlaubern bei einer Zuspitzung der Lage erinnerte der Sprecher daran, dass das Außenministerium eine solche während des Umsturzes in Ägypten Anfang 2011 bereits „erfolgreich exerziert“ habe.
Deutschland: „Sehr zugespitzte Lage“
Laut deutschem Auswärtigen Amt gibt es eine „sehr zugespitzte Lage“ in der Hauptstadt Kairo. In den Touristenzentren am Roten Meer sei die Situation „derzeit noch anders“, sagte Ministeriumssprecher Andreas Peschke in Berlin. Er betonte, dass es sich um einen Reisehinweis und keine Reisewarnung handle. „Dringend abgeraten“ werde derzeit aber von Reisen nach Kairo, ins Nil-Delta und in die Region Oberägypten. Insgesamt sei die weitere Entwicklung „unvorhersehbar“.
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