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Zentrale Frage nach dem Wo

Handynavigation für die Straße ist mittlerweile weit verbreitet. Für die Orientierung in Gebäuden ist das Angebot bei uns derzeit noch gering. Dabei ist der Bedarf durchaus da. Wer schon einmal in einem verwinkelten Gebäude ein bestimmtes Zimmer gesucht hat, will das Service nicht mehr missen.

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Nach der Handynavigation erlebt derzeit die Indoor-Navigation ein Wettrennen der Anbieter. Seit kurzem bietet Google seine Indoor-Navigation für bestimmte Gebäude in Österreich an. Neben ausgesuchten Museen und Einkaufszentren kann mit Google Indoor Maps der Grundriss einer ebenso ausgesuchten Zahl von heimischen Sehenswürdigkeiten innen betrachtet werden. Dabei werden etwa im Schloss Schönbrunn nicht nur einzelne Zimmer angezeigt, sondern auch der Weg zum nächsten WC oder zum Stiegenaufgang.

Zahlreiche Anbieter bereits aktiv

Google bietet das Service weltweit bereits länger an und ist damit nicht allein. Nokia bietet bei seinem Kartendienst Here ebenfalls Indoor-Karten an, derzeit sind laut Angaben rund 50.000 Gebäude in 60 Ländern von Here kartographiert, davon 38 in Österreich. Apple scheint ebenfalls eine entsprechende Funktion vorzubereiten: Ende März übernahm der jüngste Anbieter einer eigenen Kartenlösung ein Start-up, das auf Indoor-Tracking per WLAN spezialisiert ist und damit Routenplanung innerhalb von Gebäuden ermöglicht. Auch einige österreichische Start-ups sind in dem Bereich aktiv.

Ortung mit GPS, WLAN und Mobilfunk

Grundsätzlich ist die Funktionsweise der Indoor-Navigation dieselbe wie jene der Navigation auf der Straße. Meist allerdings werden, weil die Satellitennavigation GPS in Gebäuden oft nur schlecht bis gar nicht vorhanden ist, auch Daten von Mobilfunkzellen und WLAN-Punkten für die Ortung genutzt. Sie liefern dem Handy Informationen über den jeweils aktuellen Standpunkt.

Nokias Kartendienst Here nutzt auch die im Handy verbauten Sensoren wie den Kompass oder den Beschleunigungssensor, sagt Michael Halbherr, bei Nokia für Lokalisierung zuständig. Auf diesem Weg könne etwa auch in der U-Bahn, wo es üblicherweise kein WLAN und oft auch nur wenig Mobilfunkempfang gibt, in Echtzeit angezeigt werden, in welcher Station sich der Zug gerade befindet.

Standortbestimmung auch via Sensoren

„Es reicht, wenn man den Startpunkt kennt. Durch das Tracking der Geschwindigkeit können wir auf Basis unserer Karten jederzeit sagen, wo sie sind“, so Halbherr. Der aktuelle Ort werde dabei mittels eigener Algorithmen aus der Bewegung heraus berechnet. Diese Art der Navigation sei früher auch oft in Autos genutzt worden, so Halbherr, in Flugzeugen seien dazu etwa 3-D-Beschleunigungssensoren verwendet worden.

In Einkaufszentren nutzt Here auch wie andere Dienste WLAN-Hotspots und Mobilfunkzellen, das reiche in der Regel, sagt Halbherr. Wenn es nicht genug Hotspots gebe, würden weitere aufgestellt. Das Here-System lerne jeden Monat Millionen von WLAN-Hotspots von den Geräten der jeweiligen Nutzer. Diese Hotspot-Daten werden, wie auch bei allen anderen Anbietern, in einer Datenbank für andere Nutzer gespeichert. „Jeder generiert Daten für den nächsten“, so Halbherr.

Genaues Kartenmaterial als Basis

Für die Erstellung der Karten schickt Here laut Halbherr weltweit eigene Leute los, um möglichst viele detailgetreue Infos einholen zu können. „Wir nehmen einen Kreisverkehr auf, indem wir den Kreisel fahren, damit wir eine hohe Qualität an Daten haben.“ Here versuche alles zu kartographieren, so Halbherr, auch im Indoor-Bereich. Dieser industrielle Ansatz werde mit Communityelementen verstärkt, also Input von den Nutzern selbst.

Gerade hochauflösende Systeme wie Indoor-Mapping könne sich ein Anbieter alleine nicht mehr leisten. Daher werde es laut Halbherr am Ende weltweit „zwei, maximal drei“ Plattformen geben, die dieses Service anbieten. Es reiche nicht, wenn man „coolen Content“ zusammenbaue und einen Fly-over mache, „das haben einige letztes Jahr schon bemerkt, dass das so einfach nicht geht“, so Halbherr in Anspielung auf den missglückten Start von Apples eigener Kartenanwendung.

Here hat für seine Plattform laut Halbherr viele Autohersteller wie BMW als Kunden, aber auch Garmin, Microsoft, Amazon und Yahoo nutzen das System. Auf diesem Weg amortisiere sich die kostenintensive Datenpflege wieder, so Halbherr. Der Anbieter hat laut eigenen Angaben derzeit rund 6.000 Mitarbeiter.

Echtzeitdaten beliebtestes Feature

Halbherr selbst glaubt nicht, dass die Nutzer echte Indoor-Navigation, also das Herumführen mit Handy und Karte wie von der Straßennavigation gewohnt, brauchen. Das Kartographieren von Gebäuden sei dennoch sehr wichtig. Im Einkaufszentrum auf dem Alexanderplatz in Berlin könne man so etwa den nächst gelegenen Lift finden - das funktioniere in Echtzeit. Laut Halbherr sind Echtzeitdaten etwa für die öffentlichen Verkehrsmittel bereits das am meisten genutzte Feature der Here-Navigation.

„Bei Indoor geht es um die Frage wo finde ich etwas?“, sagt Halbherr, daher sei Indoor-Mapping bei Here auch Teil des Suchteams. Viele Gebäude seien relativ simpel, das Kartographieren an sich nicht besonders komplex. Here arbeite derzeit daher vor allem daran, wie man Personen in den Gebäuden selbst besser orten könne, da man für die Suche auch eine möglichst genaue Position haben müsse.

Handy-Navigation nicht fürs Auto?

Die Navigation auf dem Handy eigne sich vor allem für den persönlichen Gebrauch, im Auto etwa sei eine integrierte Lösung besser. Dabei könnten auch die zahlreichen Sensoren der Autos besser genutzt werden. So sei auch spritsparendes und sicheres Fahren besser realisierbar - ganz abgesehen von der Sicherheit. „Sie werden ja nicht sagen, sie haben ein 50.000 Euro teures Auto und vier Menschenleben darin und lassen es über ein Handy steuern?“ Ein Flugzeug steuere man schließlich auch nicht mit dem Handy.

Ob das Handy für den persönlichen Gebrauch möglicherweise bald abgelöst wird, wird sich laut Halbherr noch zeigen. „Ob ich das dauernd in den Brillen haben will, das muss jeder für sich entscheiden“, so Halbherr in Anspielung auf Google Glass.

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