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SPÖ spricht von Wahlkampftaktik

Zwischen 2008 und 2012 sind in Österreich 70.000 Jobs durch Absiedlungen internationaler Unternehmen verlorengegangen. Das ist laut Medienberichten eine der Kernaussagen einer Studie des Finanzministeriums, die in der wahlkampfbedingten Steuerdebatte nun neuerlich für koalitionsinterne Debatten sorgt.

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Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) verteidigte am Montag die Standortstudie. Zuvor dementierte mit Nespresso Österreich ein offenbar im Ministeriumspapier genanntes Unternehmen, Abwanderungspläne zu wälzen. Fekter beharrte laut APA darauf, dass ein Teil von Nespresso tatsächlich abgewandert sei. Sollte es diesbezüglich „Missverständnisse“ geben, dann „ist mein Haus dabei, das aufzuklären“, so Fekter weiter.

„Einigermaßen irritiert“

Laut Nespresso-Österreich-Chef Dietmar Keuschnigg sei es laut der Tageszeitung „Österreich“ allerdings „nicht nachvollziehbar, wie die Studienautoren zu diesem Schluss kommen können“. In einem Brief des Unternehmenschefs sei demnach zu lesen, dass diesen die Informationen aus dem Finanzministerium „einigermaßen irritiert haben“ und die Studienautoren wohl Vorgänge „fälschlich interpretiert haben“. Für seine Firma sei eine „Absiedlung zu keinem Zeitpunkt ein Thema“ gewesen. Vielmehr habe Nespresso die Mitarbeiterzahl in den vergangenen zwei Jahren um 100 erhöht, mit Ende 2013 würden 350 Menschen bei der Firma Arbeit finden.

Daher ersucht Keuschnig das Finanzministerium „dringlichst“, Infos aus seiner Stellungnahme „an die Studienautoren in Ihrem Haus sowie auch an Ihre Presseabteilung weiterzuleiten, um weitere Fehlinterpretationen, Missverständnisse oder Falschmeldungen (...) zu vermeiden“.

„Bauchfleck“

Als „Falschmeldung“ wurde die „Fekter-Studie“ unterdessen von SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer abgekanzelt. Dieser sprach von einem „kläglichen Versuch“ des SPÖ-Regierungspartners ÖVP, „den österreichischen Produktions- und Wirtschaftsstandort schlechtzureden“, der ins Leere gehe. Gleichzeitig stellte Krainer infrage, dass es die Studie überhaupt gebe und sprach von rein „wahltaktischen Motiven“. Geht es nach SPÖ-Klubobmann Josef Cap habe die ÖVP mit ihrer „Fake-Studie über angebliche Abwanderungspläne von Firmen“ nach dem Dementi von Nespresso „den nächsten veritablen Bauchfleck gelandet“.

Warnung vor Steuerunsicherheit

In der genannten Studie wird laut einem Medienbericht vor mangelnder Rechtssicherheit im Steuerrecht angesichts von Forderungen nach Abschaffung der Gruppenbesteuerung und Erhöhung von Unternehmenssteuern gewarnt. Zwischen 2008 und 2012 seien aus diesem Grund bereits 70.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, was einen Steuerausfall von 1,26 Milliarden Euro ergeben habe, wie die „Krone“ Ende Juli berichtete. Konkret sei von den Experten des Ministeriums der Effekt durch die Abwanderung von Headquarters, Konzernen, Produktionsstätten und kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) berechnet worden.

„Die gänzlichen Auswirkungen der laufenden, politischen Debatte betreffend Veränderungen im Steuerrecht sind derzeit hinsichtlich des Abgabenvolumens noch nicht absehbar“, zitierte auch die APA aus der ihr vorliegenden Expertise des Finanzministeriums.

Hundstorfer: 94.000 Arbeitsplätze geschaffen

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) verwies im Anschluss auf Zahlen der Austria Business Agency (ABA). Demnach sei die Zahl der Headquarters in Österreich vielmehr stark gewachsen. Allein 2012 siedelten sich laut Hundstorfer trotz schwierigen Umfelds mit 201 neuen ausländischen Betrieben um zehn Prozent mehr internationale Betriebe in Österreich an als noch 2011. Auch von zehntausend verlorengegangenen Arbeitsplätzen wollte Hundstorfer nichts wissen. Vielmehr seien allein in den letzten vier Jahren 94.000 Arbeitsplätze geschaffen worden.

Ähnlich äußerte sich Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ), die Österreich am Montag laut „Krone“ als Wirtschaftsstandort „Nummer eins in der Euro-Zone“ bezeichnete. Laut „Wiener Zeitung“ hat mit Blick auf Fekters „geheime Zahlenspiele“ ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zwar „vor falschen Signalen durch Steuerideen und vor wachsender Konkurrenz“ gewarnt - gleichzeitig habe aber auch dieser festgestellt, dass der Standort Österreich „nach wie vor ausgesprochen attraktiv“ sei.

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