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Urteil mit weitreichenden Folgen

Nach dem am Donnerstag gefällten endgültigen Urteil wegen Steuerbetrugs im Mediaset-Prozess wird der langjährige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi schon demnächst die Folgen zu spüren bekommen. Er muss sich entscheiden, ob er seine Strafe als Sozialdienst oder Hausarrest verbüßt. Er wird wohl Zweiteres wählen – und kann sich eine seiner Villen dafür aussuchen.

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Berlusconi hatte am Wochenende betont, er werde soziale Dienste nicht akzeptieren, da er kein „Verbrecher“ sei, der umerzogen werden müsse. Der 76-jährige Milliardär muss wegen seines Alters nicht ins Gefängnis, für Bürger jenseits der 70 mit vergleichsweise kurzen Haftstrafen sieht das italienische Recht Hausarrest vor. Die vierjährige Haftstrafe wird dank einer Amnestie auf ein Jahr reduziert.

Rom, Mailand oder ganz weit weg?

Sollte Berlusconi unter Hausarrest gestellt werden, wird er selber entscheiden können, in welcher seiner Residenzen er den Hausarrest absitzen will. Dafür hat er gleich mehr als ein Dutzend Möglichkeiten: Im Palazzo Grazioli in Rom hat er ein ganzes Stockwerk gemietet. 2011 hatte er dort seinen Rücktritt als Ministerpräsident bekanntgegeben. Als eigentliches Zuhause gilt die Villa Borletti in Mailand, gleichzeitig Hauptsitz seiner Firma Fininvest.

Villa San Martino

Reuters/Alessandro Garofalo

Villa San Martino in Arcore

Gleich zwei Alternativen gibt es im Umland der norditalienischen Metropole: die Villa Mellerio in Lesmo auf einem riesigen Grundstück und in unmittelbarer Nähe davon die Villa San Martino in Arcore. In dem ehemaligen Kloster verbrachte Berlusconi zuletzt die meiste Zeit. Zudem ist er Mieter der Villa Olivetta bei Portofino an der ligurischen Küste. Schließlich gibt es noch das bekannte Anwesen in Porto Rotondo auf Sardinien: In der Villa Certosa hatte er früher auch hohe Gäste wie Russlands Präsidenten Wladimir Putin empfangen.

Villa Certosa

AP/Antonio Satta

Die Villa Certosa gilt als bekanntestes Gut Berlusconis

Auch seine beiden Villen am Comer See wären möglich - die Villa Belinzaghi in Cernobbio und die Villa Comalcione in Torno. Die Villa Belvedere Visconti di Modrone in Macherio kommt wohl nicht infrage, die musste er nach seiner Scheidung an seine Ex-Frau Veronica Lario abgeben, ebenso wenig wie seine Besitztümer auf den Bermudas und in der Schweiz. Bleiben noch die Villa Campari in Lesa am Lago Maggiore, sein Anwesen auf Lampedusa und das in Taormina auf Sizilien.

Villa Due Palme auf Lampedusa

Reuters/Tony Gentile

Das Anwesen auf Lampedusa erwarb Berlusconi erst vor einigen Jahren

Keine Interviews, kein Pass

Unter Hausarrest wird er wohl keine Interviews geben und Beziehungen zu Personen außerhalb seines Familienkreises unterhalten dürfen. Zudem muss er seinen Pass abgeben, um eine Flucht ins Ausland zu verhindern. Der Medienzar, der als Ex-Premier auch über einen Diplomatenpass verfügt, wird diesen dem Außenministerium übergeben müssen. Der Senat wird jetzt darüber abzustimmen haben, ob Berlusconi wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung ab sofort seinen Parlamentariersitz verliert. Die Senatsabstimmung dazu könnte sich aber noch Wochen oder Monate hinziehen.

Kandidatur verboten

Sollte sich der Senat, in dem Berlusconis Mitte-rechts-Kraft Popolo della Liberta (PdL) die zweitstärkste Partei ist, gegen seinen Ausschluss aus dem Parlament aussprechen, könnte der Mailänder Fernsehunternehmer seinen Sitz behalten. Ab sofort darf Berlusconi jedoch nicht bei Wahlen kandidieren. Laut einem von der Regierung Mario Monti verabschiedeten Gesetz dürfen sich nämlich keine Kandidaten an Wahlen beteiligen, wenn sie rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt wurden.

Warten auf Entscheidung über Ämterverbot

Den entscheidenden Teil des Urteils, nämlich dass Berlusconi fünf Jahre lang kein öffentliches Amt ausüben darf, verwies das höchste Gericht wegen eines Formalfehlers an die Berufungsinstanz in Mailand zurück.

Die Folge: Das Mailänder Berufungsgericht muss jetzt den Beginn eines neuen Prozesses ansetzen, bei dem über Berlusconis Ämterverbot entschieden werden soll. Das Verfahren könnte auch nur einen einzigen Tag dauern. Sollte Berlusconi zum Ämterverbot verurteilt werden, wird er nicht mehr im Parlament sitzen und keinerlei Kontakte zur öffentlichen Verwaltung pflegen dürfen. Dabei ist Berlusconis Mediaset Eigentümer von TV-Lizenzen.

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