Armada von Anwälten im Dauereinsatz
Das seit rund zehn Jahren laufende Mediaset-Verfahren gegen Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi ist im August mit einem rechtskräftigen Schuldspruch beendet worden. In gleich mehreren Fällen ist das letzte Wort aber weiter nicht gesprochen, weswegen Berlusconis Armada von Anwälten wohl noch länger im Dauereinsatz stehen dürfte.
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Ab dem kommenden Jahr muss sich Berlusconi in einem neuen Prozess wegen der Bestechung eines Senators vor Gericht verantworten. Der zuständige Richter in Neapel nannte den 11. Februar als Termin für den Beginn des Verfahrens. Berlusconi wird vorgeworfen, den Senator Sergio De Gregorio mit einer Zahlung von drei Millionen Euro bewegt zu haben, zu seiner rechtsgerichteten Partei Volk der Freiheit überzulaufen.
Berufung in Causa Ruby
Noch nicht abgeschlossen ist zudem das Verfahren in der Causa Ruby. Nachdem Berlusconi am 24. Juni erstinstanzlich wegen Sex mit der minderjährigen marokkanischen Nachtklubtänzerin Karima el-Mahroug alias Ruby und Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war, legte Berlusconi bereits Berufung ein. Ein Termin für das wahrscheinliche Berufungsverfahren steht noch nicht fest.
In dieser Causa werden sich am 6. Februar kommenden Jahres auch der Unternehmer Gianpaolo Tarantini und sechs weitere Angeklagte wegen Anstiftung zur Prostitution vor Gericht verantworten müssen. Tarantini soll Prostituierte für Feste Berlusconis organisiert haben. Berlusconi hatte stets beteuert, er habe nichts davon gewusst, dass die Frauen Geld bekamen. Gegen Berlusconi wiederum wird laut der Zeitung „Repubblica“ ermittelt, weil er Tarantini in der Affäre zu Falschaussagen angestiftet und ihm dafür 500.000 Euro gegeben haben soll.
Berufung auch in Unipol-Prozess
Ein Berufungsgericht wird sich auch mit dem Unipol-Verfahren neuerlich beschäftigen müssen. In dem Verfahren geht es um die Veröffentlichung abgehörter Telefonate zu einem Finanzskandal aus dem Jahr 2005. In erster Instanz wurde Berlusconi im März 2012 zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt.
Hintergrund waren Unregelmäßigkeiten beim Streit über die Übernahme der Bank Antonveneta, bei der italienische Interessenten der niederländischen Bank ABN Amro und der spanische Finanzgruppe BBVA gegenüberstanden. Berlusconi soll seinem Bruder ein abgehörtes Telefongespräch zwischen dem Chef des mitbietenden italienischen Versicherungskonzerns Unipol und dem Linkspolitiker und Ex-Außenminister Piero Fassino zur Veröffentlichung zugeschanzt haben.
Verjährung und maßgeschneiderte Gesetze
In gleich mehreren Fällen gelang es Berlusconis Anwälten erfolgreich, mit Verzögerungen und Verjährungen seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Eine nicht unwesentliche Rolle werden hier auch für Berlusconi maßgeschneiderten Gesetzen zugesprochen.
Erst im Frühjahr endete in dritter und somit letzter Instanz ein Verfahren wegen Steuervergehen mit einem Freispruch. Angeklagt waren Berlusconis Sohn Piersilvio und Mediaset-Präsident Fedele Confalonieri, die freigesprochen wurden. Berlusconis Gruppe war vorgeworfen worden, Filmrechte zu überhöhten Preisen gekauft zu haben, um Schwarzgelder auf geheimen Bankkonten hinterlegen zu können.
Auch das fünfjährige Verfahren wegen Bestechung seines früheren britischen Anwalts David Mills endete 2012 wegen Verjährung mit einem Freispruch. Die Mailänder Staatsanwaltschaft hatte dem Premier vorgeworfen, dem britischen Anwalt Mills im Jahr 1997 600.000 Dollar für Falschaussagen in Prozessen gegen sein Medienunternehmen Mediaset bezahlt zu haben. Beide Männer wiesen die Vorwürfe zurück.
Freispruch nach Schuldspruch
Bereits in seinem ersten Amtsjahr als Premier wurde Berlusconi 1994 vorgeworfen, die Steuerpolizei geschmiert zu haben. Er wurde 1996 zu 33 Monaten Gefängnis verurteilt, zwei Jahre später kam es zu einem Freispruch im Berufungsverfahren, teils wegen Verjährung. Im Oktober 2001, kurz nach dem zweiten Amtsantritt Berlusconis als Regierungschef, bescheinigte ihm das Kassationsgericht seine Unschuld.
Berlusconi wurde 1995 auch beschuldigt, zum Teil mit Geldern aus schwarzen Kassen den Fußballspieler Gianluigi Lentini für seinen Fußballverein AC Milan gekauft zu haben. Im November 2002 wurde dieser Fall wegen Verjährung ad acta gelegt, nachdem die Regierungsmehrheit im Parlament die Strafen für Bilanzfälschung stark reduziert hatte.
Wegen Bilanzfälschung und unerlaubter Bereicherung beim Erwerb der Filmfirma Medusa durch ReteItalia, eine Tochtergesellschaft von Berlusconis Holding Fininvest, wurde er 1997 zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Berufungsinstanz sprach ihn 2000 frei, das Kassationsgericht bestätigte den Freispruch. Steuerbetrug wurde Berlusconi auch in Zusammenhang mit dem Kauf einer Luxusvilla in Macherio bei Mailand im Jahr 1998 vorgeworfen. Der Freispruch wegen Verjährung war durch ein Amnestiegesetz gedeckt.
Prozess wegen Immunitätsgesetzes ausgesetzt
Verjährung beendete zudem das Verfahren rund um die Offshore-Gesellschaft All Iberian, mit der Berlusconi der Sozialistischen Partei Italiens Gelder zugeschoben haben soll. In erster Instanz lautete das Urteil noch 28 Monate Haft. Für verjährt erklärt wurde auch ein weiteres Verfahren - diesmal ging es um den Vorwurf der Bilanzfälschung im Jahr 1996 - in Zusammenhang mit All Iberian. Zu Hilfe kam Berlusconi in diesem Fall ein 2002 verabschiedetes Gesetz, das für Bilanzfälschung erheblich geringere Strafen und Verjährungsfristen vorsieht.
Im Juni 2003 wurde der Prozess zu dem umstrittenen Kauf des Verlagshauses Mondadori durch Berlusconis Fininvest ausgesetzt. Grund dafür war ein auf Berlusconi zugeschnittenes Immunitätsgesetz. Die Aufhebung des Gesetzes durch das Verfassungsgericht Anfang 2004 ermöglichte zwar die Wiederaufnahme des Mailänder Verfahrens. Berlusconi wurde im Dezember 2004 aber wegen Verjährung freigesprochen.
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