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Muslimbrüder wollen weiter protestieren

Mit Blick auf die anhaltenden blutigen Ausschreitungen fordert Ägyptens Armeechef Abdel Fattah al-Sisi nun ein Zeichen gegen die Gewalt - und gleichzeitig mehr Vollmachten für ein Eingreifen des Militärs. Am Freitag sollen „alle aufrechten Ägypter“ demnach auf die Straße gehen, um dem Militär „das Mandat und die Vollmacht zu geben, Gewalt und Terrorismus zu beenden“.

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Zu den Massendemos rief Sisi am Mittwoch und somit genau drei Wochen nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi in einer auch im TV übertragene Rede auf. Zu Beginn seiner bei einer militärischen Zeremonie gehaltenen Ansprache rief Sisi zunächst zu einer Gedenkminute für die Todesopfer der vergangenen Tage auf und sprach sich für eine nationale Versöhnung aus. Dann wandte er sich gegen Kritik, die Armee habe sich gegen den gewählten Präsidenten gestellt. Sie nehme nur Befehle und Anweisungen vom ägyptischen Volk entgegen, so Sisi weiter.

„Ich möchte, dass die Ägypter der Welt zeigen, dass sie Willens- und Entscheidungskraft haben“, betonte Sisi in seiner Rede. Zugleich bekannte er sich zu dem Zeitplan, der Neuwahlen in etwa einem halben Jahr vorsieht. Unterstützung für seine Vorgangsweise fand Sisi bei der Jugendbewegung Tamarud (Rebellion), die im Vormonat die Massenproteste gegen Mursi organisiert hatte. „Wir sind glücklich, dass die Streitkräfte ihre Rolle bei der Bekämpfung der Gewalt und des Terrorismus spielen, wie sie von der Muslimbruderschaft praktiziert werden“, hieß es in ihrer Erklärung.

„Leere Drohung“

Die mit Mursi verbündeten Muslimbrüder verurteilten die Erklärung als eine Einladung zum Bürgerkrieg. Essam al-Arian, ein Mitglied der Führung der Bruderschaft, sprach zuvor aber auch von einer „leeren Drohung“. „Tatsächlich werden am Freitag Millionen auf die Straße gehen“, schrieb der islamistische Politiker auf seiner Facebook-Seite, „und zwar um die Legitimität (der Präsidentschaft von Mursi, Anm.) zu unterstützen und um den Putsch zurückzuweisen.“

Mit der beidseitigen Massenmobilisierung droht nach Ansicht von Beobachtern eine weitere Zuspitzung der Gewalt. Seit der Entmachtung des Islamisten Mursi starben weit über 100 Menschen bei Zusammenstößen. Die meisten der Opfer stammen aus dem Mursi-Lager.

Appelle zu Freilassung häuften sich auch im Westen

Das Militär hatte Mursi am 3. Juli nach Massenprotesten abgesetzt. Seitdem demonstrieren die Anhänger der Muslimbruderschaft gegen den „Militärputsch“, wie sie die Absetzung bezeichnen. Dabei kommt es immer wieder zu Gewalt, die aber meist nicht von den Islamisten ausgeht. Auch am Mittwoch waren erneut mehrere Todesopfer zu beklagen. Am Freitag, nach über drei Wochen einer rechtlich de facto grundlosen Anhaltung, wurde ein offizieller Haftbefehl gegen Mursi erlassen.

Nach dem Umsturz hatte das Militär den Übergangspräsidenten Adli Mansur eingesetzt und eine Übergangsregierung bilden lassen. Dennoch gilt Sisi, der zusätzlich zum Verteidigungsressort auch den Posten eines ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten übernahm, als der eigentlich starke Mann in Ägypten. Nach Forderungen unter anderem aus Deutschland und den USA verlangten am Montag auch die EU-Außenminister die Freilassung Mursis und schnelle Neuwahlen.

Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte in der Nacht auf Freitag, dass Mursi und andere Anführer seiner Muslimbruderschaft „freigelassen oder ihre Fälle unverzüglich und transparent überprüft“ werden sollten. Mursis Familie warf Sisi unterdessen die „Entführung“ des früheren Staatschefs vor. Nach Angaben von Mursis Tochter Schaimaa werde man nun „rechtliche Maßnahmen auf lokaler und internationaler Ebene“ gegen „den Führer des blutigen Militärputsches“ unternehmen.

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