Blutiger Stellvertreterkrieg
Auch 60 Jahre nach dem Ende des Korea-Krieges befinden sich die beiden Länder nördlich und südlich des 38. Breitengrads weiter im Kriegszustand. Der dreijährige Stellvertreterkrieg zwischen Ost und West, der rund 1,2 Millionen Menschenleben forderte, prägt bis heute die Politik auf der koreanischen Halbinsel.
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Im Westen wurde der Krieg dagegen weitgehend vergessen und in der kollektiven Erinnerung vom Vietnam-Krieg überlagert - und das, obwohl der Korea-Krieg der erste „heiße Konflikt“ im Kalten Krieg war, der erste Krieg mit UNO-Mandat und der einzige Konflikt, in dem Truppen des Westens in ein kommunistisches Land einmarschierten. Auch Hollywood habe den Korea-Krieg weitgehend vernachlässigt und stattdessen zahllose Filme über den Zweiten Weltkrieg und den Vietnam-Krieg produziert, berichtete zuletzt CNN über jene blutige Auseinandersetzung, die in den USA als „vergessener Krieg“ bekannt ist.
38. Breitengrad
Durch ihre geografische Lage war die koreanische Halbinsel im 20. Jahrhundert immer wieder in die Interessensphären Japans, Chinas, der USA und der UdSSR geraten. Im Sommer 1945, nach der Kapitulation Japans - das Korea 1910 annektiert hatte -, wurde der Norden des Landes bis zum 38. Breitengrad von sowjetischen Truppen, der Süden von US-Truppen besetzt.

AP/Korean Central News Agency/Korea News Service
Kim Il Sung führte den Krieg aufseiten Nordkoreas - dafür wird der Großvater des heutigen Machthabers Kim Jong Un im Norden bis heute abgöttisch verehrt
Zwar war in den Vereinbarungen von Kairo 1943 und Jalta 1945 beschlossen worden, dass Korea „zu gegebener Zeit“ frei und unabhängig werden sollte, aber nach der Besetzung einigten sich Sowjets und Amerikaner auf den 38. Breitengrad als vorläufige Demarkationslinie.
UNO-Mandat nie umgesetzt
Offiziell übernahm die UNO im November 1947 das Mandat für die Wiedervereinigung Koreas, doch dazu kam es nicht. Der Süden proklamierte am 15. August 1948 die Republik Korea, der Norden am 9. September 1948 die Demokratische Volksrepublik Korea. Beide Staaten erhoben Anspruch auf das ganze Land. Im Süden wurde der Führer des nationalen Widerstandes gegen die Japaner, Syngman Rhee, zum Staatspräsidenten gewählt. Rhee (er war mit der Österreicherin Francesca Donner verheiratet) errichtete ein von den USA abhängiges diktatorisches Regime. Im Norden übernahm unter dem Schutz der Sowjettruppen die Koreanische Arbeiterpartei (KAP) unter ihrem Führer Kim Il Sung die Macht.
Bandenkrieg als Vorwand für Angriff
Als die sowjetischen und amerikanischen Truppen 1949 abgezogen waren, kam es an der Demarkationslinie zu einem Bandenkrieg. Diesen nahm Nordkorea zum Vorwand für einen Angriff auf den Süden am 25. Juni 1950, vier Tage später wurde Seoul erobert. Der von den Sowjets boykottierte UNO-Sicherheitsrat verurteilte den Angriff und beschloss eine Kollektivintervention zugunsten Südkoreas. Oberbefehlshaber der UNO-Truppen wurde US-General Douglas McArthur, dessen Verbände bereits ohne UNO-Mandat in die Kämpfe eingegriffen hatten.
In einer kombinierten See- und Landoffensive gelang es den UNO-Truppen im September 1950, Seoul zurückzuerobern und über den 38. Breitengrad hinaus vorzustoßen. US-Bomber flogen Angriffe auf Nordkorea. Am 20. Oktober wurde Pjöngjang eingenommen, während Teile Südkoreas noch von nordkoreanischen Truppen besetzt waren. Bei der Rückeroberung dieser Gebiete kam es zu Massakern an Gegnern des Rhee-Regimes. Im November drangen McArthurs Truppen bis zum Fluss Jalu an der Grenze zu China vor.
Chinesen erobern Seoul
Am 26. November traten 200.000 chinesische „Freiwillige“ zu einer gewaltigen Gegenoffensive an und drängten die UNO-Truppen bis zum 38. Breitengrad zurück. Ab 5. Dezember war Pjöngjang wieder in nordkoreanischer Hand, kurz darauf auch Seoul. Zu diesem Zeitpunkt wurde im Westen über den Einsatz einer Atombombe diskutiert. Im Februar 1951 eroberten die UNO-Truppen Seoul zurück und drangen schließlich wieder bis zum 38. Breitengrad vor. McArthur bot seinen Gegnern Verhandlungen an, drohte aber zugleich, bei einer Ablehnung den Krieg auf China auszudehnen.
Nachdem Peking das Angebot zurückgewiesen hatte, überschritt McArthur erneut den 38. Breitengrad, wegen seiner Eigenmächtigkeit wurde er aber von US-Präsident Harry Truman abgesetzt. Sein Nachfolger wurde Matthew Ridgway. Im April 1951 drangen nordkoreanische Truppen wieder nach Süden vor, wurden im Mai aber gestoppt. Es folgte ein zweijähriger, zeitweise erbittert geführter Stellungskrieg.
USA drohten mit Atombomben
Während des Krieges drohten die USA wiederholt mit dem Abwurf von Atombomben. Eine nukleare Eskalation schien - nur sechs Jahre nach den Abwürfen über Hiroshima und Nagasaki - gefährlich nahe, als die USA auf ihrer Luftwaffenbasis in Okinawa Atombomben vorbereiteten. US-Bomber flogen Testflüge und warfen zu Übungszwecken Bombenattrappen und konventionelle Bomben über Nordkorea ab. Für den Fall eines größeren Luftangriffs von außerhalb Koreas hatte General Ridgway grünes Licht für dein Einsatz der Atombomben.
Während des Krieges verübten beide Seiten zahlreiche Massaker an der Zivilbevölkerung. Viele davon wurden bereits in den ersten Kriegstagen begangen. So befahl Rhee am 28. Juni 1950 das Bodo-League-Massaker, im Zuge dessen mehr als 100.000 angebliche Kommunisten und linksgerichtete Sympathisanten und deren Familien ermordet wurden. Die nordkoreanische Armee exekutierte in den eroberten südkoreanischen Gebieten Akademiker, Regierungsbeamte und andere Angehörige der gesellschaftlichen Oberschicht. Die „Säuberungen“ wurden auch noch während des durch die UNO-Truppen erzwungenen Rückzugs fortgesetzt.
Vier Kilometer breite Sicherheitszone
Im Sommer 1951 wurden in Panmunjon Waffenstillstandsverhandlungen begonnen. Erst am 17. Juni 1953 unterzeichneten Vertreter Nordkoreas und der UNO eine Vereinbarung, die u. a. eine vier Kilometer breite entmilitarisierte Zone entlang der Demarkationslinie zwischen Nord und Süd am 38. Breitengrad vorsah. Zuvor waren über 27.000 UNO-Soldaten, davon 24.000 Amerikaner, auf den Schlachtfeldern gestorben. Die Zahl der Opfer unter koreanischen Zivilisten und Soldaten dürfte in Millionenhöhe liegen, 900.000 Chinesen wurden bei den Kämpfen getötet.
Kalter Krieg reloaded
Spätere Versuche, die Korea-Frage zu lösen, scheiterten, wie zunächst auf der Indochina-Konferenz 1954 in Genf. Nordkorea wollte einer Wiedervereinigung nur unter der Bedingung eines Abzugs der US-Truppen zustimmen, was Südkorea ablehnte. Erst 1971 kam es zu Geheimgesprächen zwischen Nord und Süd, ein Jahr später wurde über Familienzusammenführungen verhandelt.
Einen Friedensvertrag mit Pjöngjang lehnte Seoul im Februar 1973 ab, daraufhin wurden alle weiteren Gespräche abgebrochen. Seither sind mehrere Versuche einer Beilegung des Konflikts gescheitert - seit Jahren überschattet der Streit über das Atomprogramm des stalinistischen Nordens das Verhältnis der beiden Länder und ist - wie in den Zeiten des Kalten Krieges - eine Belastung für die Beziehungen zwischen den USA, China und Russland.
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