Nach sechs Pendelmissionen
US-Außenminister John Kerry hat eine neue Runde direkter Nahost-Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern angekündigt. Verhandlungsdelegationen beider Seiten sollten laut Kerry diese Woche in Washington zusammenkommen.
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Kerry war zum sechsten Mal seit seinem Amtsantritt im Februar im Nahen Osten, um die seit drei Jahren unterbrochenen Direktverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern wieder in Gang zu setzen. „Im Namen von Präsident (Barack) Obama kündige ich mit Genugtuung an, dass wir eine Übereinkunft erzielt haben, die eine Basis für die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen über ein (den Konflikt) beendendes Abkommen bietet“, sagte er bei einer Pressekonferenz auf dem internationalen Flughafen in Amman am Freitagabend.
In Washington werde er mit dem palästinensischen Chefunterhändler Saeb Erakat und der israelischen Justizministerin Zipi Livni die neue Gesprächsrunde einleiten. „Niemand glaubt, dass die anhaltenden Differenzen beider Seiten über Nacht gelöst oder einfach weggewischt werden“, sagte Kerry. „Wir wissen, dass die Herausforderungen einiger sehr harter Entschlüsse in den kommenden Tagen bedürfen.“
Abbas bestätigt Wiederaufnahme
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bestätigte die Bereitschaft zur Wiederaufnahme von Friedensgesprächen mit Israel. Die palästinensische Führung attestierte Kerry ihrerseits, „Fortschritte erzielt“ zu haben. Allerdings blieben trotz des „Grundsatzabkommens“ noch „Details zu regeln“. Livni wiederum zeigte sich erfreut, dass der jahrelange diplomatische Stillstand überwunden werde.
Noch am Donnerstagabend hatte sich Abbas’# Fatah-Bewegung unzufrieden mit dem Entwurf des Rahmenplans gezeigt, den Kerry und Abbas zuvor in Amman verhandelt hatten. Von dort aus telefonierte der US-Außenminister dann am Freitag vier Stunden lang mit israelischen und palästinensischen Vertretern, bevor er Abbas erneut in Ramallah im Westjordanland aufsuchte - und anschließend wieder per Hubschrauber nach Amman zurückflog, wo er dann den Durchbruch verkündete.
Hamas gegen Friedensgespräche
Die radikalislamische Hamas lehnte umgehend die Wiederaufnahme der Gespräche ab. Abbas habe kein Recht, im Namen des palästinensischen Volkes zu verhandeln, sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri am Freitagabend der Nachrichtenagentur AFP. Die den Gazastreifen kontrollierende Hamas lehnt Verhandlungen mit Israel grundsätzlich ab.
Grenzen von 1967 als Grundlage?
Haupthindernis war bis zuletzt nach palästinensischen Angaben die Weigerung Netanjahus, die Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967 als Grundlage für Verhandlungen zu akzeptieren. Die zweite bisher stets genannte Forderung nach einem völligen Baustopp in israelischen Siedlungen im Westjordanland und in Ostjerusalem trat demgegenüber in den Hintergrund.
Für Netanjahu wäre eine Anerkennung der Grenzen, wie sie bis zum Sechstagekrieg galten, jedoch riskant. Denn sein Koalitionspartner Naftali Bennett von der Siedlerpartei Das Jüdische Haus sowie der frühere Außenminister Avigdor Lieberman drohten für einen solchen Fall mit ihrem Austritt aus der Regierung. Auch in seiner eigenen Likud-Partei könnte es zu einer Spaltung kommen. Netanjahus Sprecher Mark Regev hatte am Nachmittag auf die Frage, ob Israel zu weiteren Konzessionen bereit sein könnte, geantwortet: „Auf solche Fragen antworten wir derzeit nicht“.
US-Präsident Barack Obama hatte die Führungen beider Seiten zuletzt im September 2010 in Washington an einen Tisch gebracht. Der Dialog zwischen Abbas und Netanjahu riss jedoch ab, nachdem Israel am 26. September die Besiedlung der besetzten Gebiete wiederaufgenommen hatte.
Viele Fragen noch offen
Die Grundsatzeinigung auf direkte Gespräche ist trotz aller gebotenen Zurückhaltung - die großen Streitfragen wie Siedlungen, Gebietstausch, Status von Jerusalem und die Zukunft der palästinensischen Flüchtlinge sind weiter ungeklärt - ein großer diplomatischer Erfolg für die USA. Diesen hat Washington gerade angesichts der Entwicklungen in Ägypten bitter nötig, um seine Rolle als Vermittler und Ermöglicher zu erhalten.
Wirksame EU-Drohung?
Allerdings könnte ausgerechnet die Europäische Union, der in Nahost traditionell eine sehr schwache Position zugeschrieben wird, entscheidende Hilfe geleistet haben. In den letzten Tagen hatte ja eine EU-Anweisung in Israel für hellen Aufruhr gesorgt. Die neuen Regeln sollen verhindern, dass EU-Fördermittel im Rahmen von Kooperationsprogrammen mit israelischen Institutionen oder Unternehmen auch Siedlungen in den seit 1967 von Israel besetzten Gebieten im Westjordanland, in Ostjerusalem und auf den Golanhöhen zugutekommen.
Kerry hatte diese EU-Regelung laut israelischen Medienberichten als Druckmittel gegenüber Israel eingesetzt. Denkbar ist, dass Washington mit Brüssel aushandelte, dass die EU das Inkrafttreten dieser Regelung im Falle des Zustandekommens von Friedensverhandlungen aussetzt.
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