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„Undurchsichtiges Stückwerk“

Die Sprachförderung von Schülern mit Migrationshintergrund habe in Österreich etwas von einem undurchsichtigen Stückwerk, so der Rechnungshof (RH) in einem aktuellen Bericht. Grund seien verschiedene strategische Ansätze und Einzelmaßnahmen, welche die Koordination und Abstimmung erschwerten.

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Es gebe kein einheitliches Verfahren zur Erhebung der Sprachkenntnisse, und weil Kindergärten die Ergebnisse der Sprachstandsfeststellung meist nicht an die Volksschulen weitergeben dürften, komme es zu Doppelerhebungen. Außerdem fehlen dem RH die „aussagekräftigen Kenngrößen zur Zielüberprüfung“, Evaluierungsergebnisse gab es nur in einem einzigen Fall.

„Zersplitterte Kompetenzlage“

Zum Teil lassen sich die kritisierten Mängel durch die „zersplitterte Kompetenzlage“ - Pflichtschulen (Volks-, Haupt-, Sonderschule etc.) sind Ländersache - erklären: So gebe es Probleme bei der Koordinierung von Fördermaßnahmen, keine standardisierte Datenerfassung und damit Probleme bei Entwicklung und Umsetzung einer wirkungsvollen Förderstrategie und bei der Transparenz.

Die Ausgaben für die Sprachförderung konnte das Unterrichtsministerium teilweise nur schätzen, bemängelt der RH. „Es wäre weiter darauf hinzuwirken, die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung in Hinblick auf eine Strukturbereinigung im Schulwesen in einer Hand zu konzentrieren.“ An entsprechenden Versuchen ist allerdings nicht nur Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) am Widerstand der Länder gescheitert.

Wesentlicher Punkt für Schulerfolg von Migranten

Schüler mit Migrationshintergrund sind laut RH eine „bedeutende Größe im österreichischen Schulsystem“, für die zielgruppenspezifische Förderung notwendig ist: So ist die Zahl von Schülern mit nicht deutscher Muttersprache zwischen den Schuljahren 2006/07 und 2010/11 österreichweit um 9,9 und in Wien um 8,4 Prozent gestiegen. Damit fallen über ganz Österreich 22,1 und in Wien rund 50 Prozent in diese Gruppe. Für den Schulerfolg dieser Gruppe sei die Sprachförderung wesentlich, so der RH.

Verbesserungsbedarf ortet der RH bei den Sprachförderkursen für außerordentliche Schüler, die für schulreif befunden werden, aber schlecht Deutsch sprechen. Er plädiert dafür, das in Österreich vorrangig praktizierte Modell „kritisch zu beobachten“, dass Schüler gleich in der normalen Klasse landen und begleitend Sprachförderkurse besuchen - eine Alternative wäre die Bildung eigener Gruppen oder Klassen auf Zeit.

Als nicht optimal befindet der RH auch die derzeitige Befristung der Finanzierung dieser Kurse auf jeweils zwei Jahre, „weil nachhaltige und planungssichere Sprachförderkurse für außerordentliche Schüler einer längerfristigen Maßnahme bedürfen“.

Fehlende Evaluierung bemängelt

Der RH kritisiert zudem, dass sowohl der muttersprachliche Unterricht als auch die Fördermaßnahme Deutsch als Zweitsprache (DaZ) seit 20 Jahren eingesetzt werden, ohne je evaluiert worden zu sein. Dazu kommt, dass weder das Ministerium noch der Wiener Stadtschulrat Personaleinsatz und Ausgaben für diese Maßnahmen in den Schuljahren 2006/07 bis 2010/11 beziffern konnten.

Teilweise ist die Kritik allerdings bereits überholt, da Unterrichtsministerin Schmied und ÖVP-Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz vor kurzem eine Reform der Sprachförderung angekündigt haben: Deutschkenntnisse sollen künftig größeren Einfluss darauf haben, ob Kinder als schulreif eingestuft werden.

Damit sollen Schulen künftig selbst entscheiden können, ob sie Kinder nicht deutscher Muttersprache im Klassenverbund fördern oder eigene Gruppen oder Klassen auf Zeit gebildet werden. Die Möglichkeit, Kindern für die ersten zwei Volksschulklassen öfter als derzeit bis zu drei Jahre Zeit zu geben, soll ebenfalls forciert werden. Auch der geforderte Informationsaustausch von Kindergarten und Volksschule über die Deutschkenntnisse des Kindes ist geplant.

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