Ermittlungen wegen Gefängnisausbruchs
Ägyptische Ermittler haben am Sonntag damit begonnen, den gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi und Mitglieder der Muslimbruderschaft, die sich in Haft befinden, zu verhören. Dabei ging es um die mögliche Beteiligung an einem Gefängnisausbruch im Jänner 2011, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Justizkreisen erfuhr.
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Mursi und mehrere Funktionäre der Muslimbrüder sollen während des Aufstands gegen den damaligen Präsidenten Hosni Mubarak aus dem Wadi-Natrun-Gefängnis geflohen sein. Die Ermittler wollen herausfinden, ob ausländische Gruppen wie die palästinensische Hamas und die libanesische Hisbollah in den Ausbruch verwickelt waren.
Mehrere Klagen werden geprüft
Der ägyptische Generalstaatsanwalt prüft nach Angaben aus Justizkreisen vom Samstag zudem mehrere Klagen von Privatpersonen gegen Mursi und Mitglieder der Muslimbruderschaft. Die Prüfung könnte letztlich zu einer Anklage führen, hieß es weiter. Wie die Staatsanwaltschaft weiter mitteilte, würden Verdachtsmomente geprüft wie „Zusammenarbeit mit ausländischen Agenturen zum Zwecke der Schädigung nationaler Interessen, Anstiftung zum Mord an friedlichen Demonstranten, Angriffe gegen Militäreinrichtungen und Schädigung der Volkswirtschaft“. Weiter wurden die Vorwürfe allerdings nicht erläutert.
Betroffen sind nach Angaben der Behörde neben Mursi acht Führungspersönlichkeiten der Muslimbruderschaft, darunter ihr Vorsitzender Mohammed Badie und der stellvertretende Chef der Partei der Muslimbrüder, Essam al-Erian. Wer Mursi und die Islamisten angezeigt hat, teilte die Behörde nicht mit. Sie werde nun die Vorwürfe prüfen und eine Befragung der Betroffenen vorbereiten. Bis es zu einer formellen Anklageerhebung kommt, könnten Tage, wenn nicht gar Monate vergehen.
„An einem sicheren Ort“
Das Militär hatte Mursi Anfang Juli gestürzt und hält ihn seither ohne Anklage in Gewahrsam. Nach Angaben der Armee befindet er sich „an einem sicheren Ort“. Mehrere Länder - darunter auch die USA - hatten sich für eine Freilassung Mursis ausgesprochen. Nach Mursis Sturz war es mehrfach zu Krawallen auch mit Todesopfern gekommen.
So waren vor einer Woche nach den Freitagsgebeten Anhänger und Gegner Mursis in mehreren Städten aufeinander losgegangen. Dutzende Menschen starben bei den Zusammenstößen. Beim schlimmsten Zwischenfall waren am vergangenen Montag vor einer Kaserne der Republikanischen Garde mehr als 50 Islamisten getötet worden, Sicherheitskräfte hatten in die Menge geschossen.
Demonstrationen und Gegendemonstrationen
Am Freitag hatten vor der Moschee Rabaa al-Adawija in Kairo Zehntausende Anhänger der Islamisten für die Wiedereinsetzung des ersten demokratisch gewählten Präsidenten des Landes demonstriert. Am Samstag versammelten sich zahlreiche Anhänger Mursis im Protestcamp in der Kairoer Vorstadt Nasr City. Tausende Gegner der Islamisten feierten in der Nacht auf Samstag auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo das Ende der Islamisten-Herrschaft.
Zu den befürchteten Ausschreitungen kam es nicht. Zeitweise zogen islamistische Demonstranten in der Nacht zum Samstag vor das Verteidigungsministerium und zur 6. Oktober-Brücke, die in der Nähe des Tahrir-Platzes liegt. Anders als in den ersten Tagen nach dem Umsturz blieben Zusammenstöße aus.
Muslimbrüder kündigen weiteren Widerstand an
Die Anhänger Mursis wollen ihre Proteste fortführen, bis der gestürzte Präsident wieder im Amt ist. Erian, ein führendes Mitglied der Muslimbruderschaft, bekräftigte in einem Eintrag auf seiner Facebook-Seite, dass die Organisation die neuen Übergangsstrukturen - den Präsidenten Adli Mansur und den Regierungschef Hasem al-Beblawi - nicht anerkennt. „Keine Person, keine elitäre Gruppe, keine Armee kann den Menschen ihren Willen aufzwingen“, schrieb er. Nach Ausstellung eines Haftbefehls gegen ihn und andere Führer der Organisation ist Erian offenbar untergetaucht.
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