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Strafprozess und komplizierte Bergung

Vor mehr als zwei Jahren, am 13. Jänner 2012, ist der Luxusliner „Costa Concordia“ nach einer Kollision mit einem Felsen vor der toskanischen Küste gekentert. Das Unglück forderte 32 Menschenleben.

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Mittlerweile läuft die Bergung, die bis zu eine halbe Milliarde Euro kosten und bis ins kommende Jahr hinein dauern könnte. Der Kapitän des Kreuzfahrtschiffs, Francesco Schettino, muss sich in mehreren Anklagepunkten vor Gericht verantworten. Eine grobe Chronologie der Ereignisse:

13. Jänner 2012: Die mit 4.229 Menschen besetzte „Costa Concordia“ rammt nahe der toskanischen Insel Giglio einen Felsen und läuft 50 Meter vor der Küste auf Grund. Der Kapitän spielt den Unfall herunter, erst eine Stunde nach der Kollision beginnt die Evakuierung.

14. Jänner: Kapitän Schettino wird festgenommen. Ihm und seinem Steuermann werden mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und das vorzeitige Verlassen des Schiffes zur Last gelegt.

15. Jänner: Der italienische Eigner des Schiffs, die Gesellschaft Costa Crociere, wirft der Schiffsführung Fehler sowohl bei der Routenführung als auch im Umgang mit dem Unglück vor.

17. Jänner: Kapitän Schettino wird unter Hausarrest gestellt. Aus Sicht der zuständigen Untersuchungsrichterin hat er schwere Fehler begangen.

10. April: Schettino bleibt unter Hausarrest. Ein Gericht in Rom lehnt den Antrag ab, ihn auf freien Fuß zu setzen.

18. Juni: Mehr als fünf Monate nach der Havarie beginnt die Bergung des Wracks, die - so die Angaben damals - etwa ein Jahr dauern soll.

5. Juli: Schettino wird aus dem Hausarrest entlassen. Er ist nur noch verpflichtet, in seinem Heimatort südlich von Neapel zu bleiben.

11. Juli: In einem Fernsehinterview spricht der Kapitän von einem „banalen Unfall“, bittet aber auch um Vergebung.

12. Juli: Für europäische Betroffene des Unglücks aus Europa zahlt der Mutterkonzern der Reederei Costa Crociere, Carnival, etwa 11.000 Euro Schadenersatz, weltweit streiten weitere 120 Betroffene mit dem US-Unternehmen über höhere Ansprüche.

13. September: Eine Kette von Irrtümern und Mängeln hat einem offiziell noch nicht veröffentlichten Gutachten zufolge zum Kentern des Schiffes geführt. So habe der indonesische Steuermann Anweisungen nicht gleich verstanden, berichten Medien in Italien.

10. Oktober: Der Unglückskapitän sei bereits im Juli entlassen worden, teilt die Reederei mit. Schettino klagt dagegen.

20. Oktober: Eine einwöchige Beweisaufnahme bestätigt aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Verantwortung des Kapitäns.

2. November: Das Wrack der „Costa Concordia“ ist gesichert. Es kann damit nicht mehr in tiefes Wasser absinken.

10. April 2013: Costa Crociere einigt sich mit der Justiz auf einen Vergleich. Sie muss eine Strafe in Höhe von einer Million Euro zahlen. Im Gegenzug werden die Ermittlungen gegen die Gesellschaft eingestellt.

15. April: Rund 15 Monate nach der Havarie beginnen vor einem Gericht in Grosseto erste Voranhörungen zu einem möglichen Prozess. Die Staatsanwaltschaft hatte im Februar gefordert, ein Verfahren gegen Schettino und fünf weitere Beschuldigte zu eröffnen.

22. Mai: Der Prozess gegen Schettino soll am 9. Juli beginnen, entscheidet das Gericht. Ihm werden unter anderem fahrlässige Tötung und Körperverletzung, Havarie und das Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen.

9. Juli: Das Gericht vertagt den Prozess wegen eines Streiks der Anwälte sofort nach Beginn auf den 17. Juli.

17. Juli: Der Prozess gegen Schettino beginnt. Die Anwälte des ehemaligen „Costa Concordia“-Kapitäns schlagen einen Vergleich vor - die Staatsanwaltschaft lehnt ab.

18. Juli: Das Gericht in Grosseto lässt neues Beweismaterial, das von der Staatsanwaltschaft vorgelegt wurde, zu. Dabei handelt es sich um Videos von Überwachungsanlagen der „Costa Concordia“, die zuvor bei der Beweissicherung nicht berücksichtigt wurden. Sie zeigen die Phasen des Sinkens der „Costa“, die Panik an Bord und die Rettungsaktion.

20. Juli: Das Gericht vertagt die Fortsetzung des Verfahrens auf September. Fünf Mitangeklagte Schettinos - Besatzungsmitglieder und Reedereivertreter - werden zu Haftstrafen zwischen eineinhalb Jahren und zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

16. bis 17. September: Nach monatelangen Vorbereitungen wird das Wrack aufgerichtet. Millimeter für Millimeter wird der Koloss mit Seilen, Flaschenzügen und Schwimmkörpern von einer fast waagrechten in eine aufrechte Position gebracht.

29. Oktober: Die 26-jährige Moldawierin Domnica Tschemortan gesteht im Prozess gegen Schettino auf Nachfrage im Zeugenstand, dass sie ein Verhältnis mit dem Kapitän hatte. Sie hatte sich während des Unglücks mit Schettino auf der Kommandobrücke des Schiffes aufgehalten.

11. November: Ein Zeuge sagt aus, Schettino sei in ein Beiboot gesprungen, als sich das Kreuzfahrtschiff stark neigte.

17. Dezember: Der zum Zeitpunkt des Unglücks diensthabende Offizier sagt aus, Schettino habe nach der Übernahme des Kommandos vor der Havarie eine höhere Geschwindigkeit angeordnet. Minuten später rammte das Kreuzfahrtschiff Unterwasserfelsen vor Giglio. „Wir sind zu nahe, das ist verrückt“, lautete zuvor ein Kommentar auf der Kommandobrücke.

10. Jänner 2014: Der italienische Zivilschutz kündigt an, dass das Kreuzfahrtschiff im Juni abgeschleppt werden soll.

23. Jänner: Gerichtsgutachter, Richter, Staatsanwälte und Verteidiger betreten erstmals zum Lokalaugenschein die Costa.

27. Jänner: Der örtliche Polizeichef belastet Schettino in seiner Zeugenaussage schwer: Dieser soll in der Unglücksnacht zweimal das Angebot, ihn zum Schiff zurückzubringen, ausgeschlagen haben.

2. Februar: Ein Taucher kommt bei den Bergungsarbeiten am Wrack ums Leben.

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