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Flaute trifft Südostküste hart

Der südliche Sinai mit seinen farbigen Gebirgslandschaften ist für Hussein al-Badrawi „ein mystischer Ort“. Wie vom Gesang der Sirenen sei er angezogen worden, erzählt der zuerst in Kairo und dann London erfolgreiche Zahnarzt. 1992 kaufte er einen Strandabschnitt bei Nuweiba am Golf von Akaba und erbaute das schmucke Urlaubscamp „La Sirene“ mit 44 Bungalows.

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Vor einigen Jahren hat der 62-Jährige seine Praxis und den Unilehrauftrag aufgegeben, um sich seinem abgelegenen Paradies zu widmen. Bis vor zwei Jahren ging alles gut, aber in letzter Zeit ist es auf seinem Traumstrand mit vorgelagertem Korallenriff recht einsam.

„Wir sind durch die politischen Entwicklungen hart getroffen“, sagt Badrawi. Die Israelis, die früher die meisten Gäste stellten, bleiben schon länger weg. Aber seit den Unruhen, die 2011 zur Entmachtung von Präsident Hosni Mubarak führten, kommen auch immer weniger Österreicher und Deutsche, zwei wichtige Urlaubernationen. Und der Sturz Mohammed Mursis am 3. Juli hat die Lage noch einmal verschärft.

„So schlimm war es noch nie“

„So schlimm wie jetzt nach dem neuen Umsturz war es noch nie“, seufzt der Hotelbetreiber und streichelt Katze Pepsi auf seinem Schoß. Nur noch sechs bis zehn Gäste beherbergt „La Sirene“ diesen Sommer pro Monat. So macht Tina, die Tauchlehrerin, wegen der Flaute derzeit lieber selbst Heimaturlaub in Köln.

Die Beduinen haben den umweltverträglichen Tourismus an den zahlreichen Tauchspots entwickelt, die meist gleich von den endlosen Stränden aus zu erreichen sind. Zwei Stämme betreiben nördlich von Nuweiba rund 20 einfache Hüttencamps, die heute trostlos verlassen daliegen. Teilweise sind sie geschlossen, teilweise warten unverzagte Gastgeber den ganzen Tag unter Palmwedeln auf ein Ende der Urlauberflaute.

Anlagen wie ausgestorben

Aber mangels Nachfrage gibt es keine Direktflüge mehr von Tel Aviv nach Scharm al-Scheich. Die Jugendszene aus Israel kommt nicht mehr in die Camps, und ihre älteren, arrivierten Landsleute besuchen auch nur noch das Hilton-Casino gleich am Grenzübergang Taba. Schon Taba Heights mit seinen Golfanlagen und fünf Luxushotels zwölf Kilometer südlich der Grenze wirkt wie ausgestorben.

Kaum besser läuft es im zentral an der Ostküste des Sinai gelegenen Dahab, der einstigen Hippiehochburg, die heute noch mit Yogaschulen und Selbstfindungskursen den esoterischen Lebensstil pflegt. Ideal für Windsurfer und Tauchbegeisterte sowie Ausgangspunkt für Tagestouren zum Mosesberg, sind in Dahab nach sportbegeisterten Russen normalerweise deutsche Urlauber in großer Zahl anzutreffen.

„Wir brauchen hier mal drei Jahre Ruhe“

Mit den neuerlichen Unruhen, die in Kairo zur Entmachtung der Muslimbruderschaft führten, sei der Aufschwung aber abgebrochen, sagt der Bayer Gerd Brem, der seit einigen Jahren in Dahab lebt. Der Globetrotter, der schon in Thailand und Venezuela lebte, bleibt optimistisch: „Wir brauchen hier mal drei Jahre Ruhe, dann kommen wieder alle her.“

Das hilft Jasser Magde vom „Seahorse“ aber nicht über die Runden. Als Taxiunternehmer brachte er das Kapital zusammen, um das Niedrigpreishotel mit seinen 20 Zimmern zu übernehmen und seine Frau aus dem heimatlichen Alexandria nachkommen zu lassen. Die Krise sei besonders bitter jetzt im Ramadan: „Da würde man sich zum festlichen Nachtessen gerne was Gutes leisten, aber ohne Gäste fehlt dafür das Geld.“ Doch auch Magde glaubt auf Dauer an das Potenzial dieses mystischen Flecks auf dem Globus: „Inschallah“, fügt er an - so Gott will.

Clemens Wortmann, AFP

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