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Maduro gibt grünes Licht

Der von den USA gesuchte frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hat einen Asylantrag in Venezuela gestellt. Das bestätigte Montagabend (Ortszeit) auch der venezolanische Präsident Nicolas Maduro und signalisierte grünes Licht: Snowden müsse jetzt „entscheiden, wenn er ein Flugzeug nimmt, ob er letztendlich herkommen will“.

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Maduro verwies darauf, dass seine Regierung Snowden bereits vor Eingang des Antrags aus humanitären Gründen Asyl angeboten habe: „Wir haben diesem jungen Mann gesagt: ‚Sie werden vom Imperialismus verfolgt, kommen Sie her.‘“ Auf die Frage, ob Snowden sich auch telefonisch bei ihm gemeldet habe, sagte Maduro: „Nein, bis jetzt nicht, das würde mir gefallen.“

Auch von russischer Seite verlautete unterdessen, dass Snowden das Asylangebot Venezuelas angenommen habe. Das war am Dienstag zumindest kurzzeitig im Twitter-Feed des russischen Abgeordneten Alexej Puschkow zu lesen. Doch nur wenig später war der Eintrag nicht mehr zu sehen, womöglich also gelöscht worden.

Putin verliert die Geduld

Snowden bekam in den vergangenen Tagen nicht nur aus Venezuela ein Asylangebot. Auch die ebenfalls linksgerichteten, USA-kritischen Regierungen in Bolivien und Nicaragua haben sich bereiterklärt, Snowden aufzunehmen. Es ist aber unklar, wie er ohne gültige Ausweispapiere vom Moskauer Flughafen Scheremetjewo weiterreisen kann. Dort sitzt er im Transitbereich seit seiner Flucht über Hongkong seit gut zwei Wochen fest, kann aber nicht mehr lange bleiben, denn langsam, aber sicher verliert der russische Präsident Wladimir Putin die Geduld. Zumal schon US-Präsident Barack Obama mit einer Absage seines Moskau-Besuchs im September gedroht hatte, sollte Russland Snowden weiterhin nicht ausliefern.

Snowden stellte bereits in 21 Ländern - darunter auch in Österreich - einen Asylantrag. Er bekam aber durchwegs Absagen - zum Teil auf Druck der USA. So stieß in Nicaragua das Asylangebot von Staatschef Daniel Ortega auf den Widerstand der Wirtschaft. Venezuela und Bolivien könnten sich „diesen Luxus erlauben“, weil ihre Wirtschaft nicht so stark von den USA abhänge, sagte der Chef des Obersten Rats der Privatunternehmen (COSEP), Jose Aguerri, einem Nachrichtenportal. Die Bedeutung der USA für die nicaraguanische Wirtschaft und soziale Entwicklung sei „enorm, wir reden hier von Exporten, ausländischen Investitionen, Hilfslieferungen“.

„Guardian“ veröffentlicht neue Interviewteile

Die britische Zeitung „Guardian“ veröffentlichte am Montag unterdessen ein weiteres Fragment ihrer Videointerviews mit Snowden. Der rund sieben Minuten lange Clip enthält nach den Enthüllungen der vergangenen Wochen keine neuen Informationen, Snowden beschreibt aber ausführlicher seine Motivation.

„Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich sage, alles, was ich mache, der Name jedes Gesprächspartners, jeder Ausdruck von Kreativität, Liebe oder Freundschaft aufgezeichnet wird“, sagt der inzwischen 30-jährige Ex-Geheimdienstler in dem Video. Jeder, der mit einer solchen Welt nicht einverstanden sei, habe die Pflicht, etwas zu tun. Als er vor rund zehn Jahren zum US-Militär stieß und beim Geheimdienst landete, habe er noch an „unsere noblen Absichten“ geglaubt, sagte Snowden. „Ich habe gewartet und beobachtet, und versucht, meinen Job zu tun.“ Mit der Zeit sei ihm aber immer klarer geworden, dass niemand etwas unternehme, um die Auswüchse der Kontrolle durch die Regierung zu stoppen. Das Interview wurde bereits am 6. Juni in Hongkong aufgezeichnet.

Morales fordert eine Erklärung

Nachdem vergangene Woche die Maschine des bolivianischen Präsidenten Evo Morales aufgrund des Verdachtes, Snowden sei an Bord, in Wien notlanden musste, verlangt Bolivien nun von Frankreich, Spanien, Italien und Portugal eine Erklärung. Diese vier Länder hatten ein Überflugverbot ausgesprochen und Morales so zur Landung in Wien gezwungen. Dazu seien die Botschafter der vier EU-Länder ins Außenministerium in La Paz zitiert worden, sagte Kommunikationsministerin Amanda Davila.

„Wir verlangen von der Regierung Spaniens und von denen der anderen Länder schlicht und einfach eine Erklärung, woher die Version stammt, Herr Snowden halte sich an Bord der Präsidentenmaschine auf“, sagte die Ministerin. „Wer hat diese Lüge verbreitet?“ Ihre Regierung sei davon überzeugt, dass die USA gewusst hätten, dass Snowden nicht an Bord von Morales’ Flugzeug gewesen sei. Die USA hätten Morales vielmehr einschüchtern wollen, da er Snowden Asyl angeboten habe. „Das ist der erste Fall von Staatsterrorismus gegen einen Präsidenten, gegen einen Staat, gegen ein Volk.“

Spanien sieht keinen Grund für Entschuldigung

Der spanische Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo erklärte am Dienstag in Madrid, dass er kein Problem damit habe, Bolivien um Entschuldigung zu bitten, sollte es in der vergangenen Woche bei der Behandlung von Morales in Wien seitens Spaniens ein Missverständnis gegeben haben. Weiterhin versicherte er, dass auch der spanische Botschafter in Wien bereit sei, zu den Anschuldigungen Stellung zu nehmen und die Situation aufzuklären.

Dennoch wies Garcia-Margallo erneut die Vorwürfe des bolivianischen Präsidenten zurück, Spanien habe ihm die Überflugrechte verweigert. Er beteuerte laut spanischer Radioberichte am Dienstag, der spanische Luftraum sei niemals für Morales gesperrt worden. Er habe zudem zu jeder Zeit die Genehmigung zur Zwischenlandung auf Gran Canaria gehabt, vor allem nachdem ihm der Außenminister Boliviens, David Choquehuanca, am Telefon versichert habe, dass der von der CIA gesuchte Snowden sich nicht in der Maschine des Präsidenten befindet. Deshalb gebe es keinen Grund, dass Spanien sich entschuldigen müsse.

US-Haftbefehl wegen Geheimnisverrats

Die Jagd nach dem ehemaligen US-Geheimdienstarbeiter und IT-Spezialisten beschäftigt schon seit Wochen die Welt. Snowden hatte zuletzt für den US-Abhördienst NSA gearbeitet und war Ende Mai mit geheimen Dokumenten von Hawaii nach Hongkong geflohen. Von dort aus machte er massive Ausspäh- und Abhörprogramme der USA und des britischen Geheimdienstes öffentlich. Die Justizbehörden der Vereinigten Staaten suchen ihn seitdem wegen Geheimnisverrats per Haftbefehl. Der 30-Jährige soll auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo festsitzen. Sein amerikanischer Reisepass wurde für ungültig erklärt, was eine Ausreise aus Russland zusätzlich erschwert.

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