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„Irreparable Schäden“

Eine 4.000 Jahre alte Pyramide ist in Peru von den Baggern von Immobilienunternehmen zerstört worden. Das Kulturministerium erstattete Anzeige gegen zwei Baufirmen, die für die Zerstörung der sechs Meter hohen Pyramide der Stätte El Paraiso im Norden Limas verantwortlich gemacht werden. Ihnen drohen Strafen von rund 1.930 Euro.

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Mit Baggern und schwerem Gerät zerstörten Arbeiter vergangenes Wochenende offenbar im Auftrag von zwei Immobilieninvestoren eine von zwölf Pyramiden auf einer der ältesten archäologischen Fundstellen des Landes und beschädigten drei weitere. Mittlerweile werde die Kulturstelle von Polizisten bewacht, erklärte Vizekulturminister Rafael Varon, wie die Zeitung „El Peruano“ am Donnerstag berichtete.

Luftaufnahme der archäologischen Ausgrabungsstätte El Paraiso im Norden Limas vor der Zerstörung

Reuters/Enrique Castro-Mendivil

Die berühmte Tempelanlage El Paraiso

Pyramide völlig abgetragen

„Es wurden irreparable Schäden verursacht“, erklärte der Chefarchäologe von El Paraiso, Marco Guillen, dem Fernsehsender Canal N. „Wir werden nicht mehr feststellen können, was für Materialien sich in der Pyramide befanden und wie sich die Gesellschaft zur Zeit des Baus verhielt.“ Bilder von der Ausgrabungsstätte zeigen, dass von der einst sechs Meter hohen und 2.500 Quadratmeter großen Pyramide kein Stein mehr zu sehen ist. Guillen vermutet Immobilienspekulanten und Schweinezüchter hinter der Zerstörung.

Archäologische Ausgrabungsstätte El Paraiso im Norden Limas nach der Zerstörung

APTN

Von der einst sechs Meter hohen Pyramide ist nichts mehr zu sehen

Laut dem Bürgermeister des Ortes San Martin de Porres, Freddy Ternero, sei die Pyramide auf einer offenen Ackerfläche gestanden und sei auch nicht bewacht gewesen. Die für den Abbruch verantwortlichen Immobilienunternehmen Alisol und Provelanz seien auf Zahlung eines finanziellen Ausgleichs in Höhe von 7.000 Peruanische Sol (etwa 1.930 Euro) verklagt worden, wie die Onlineseite Latina-press.com schreibt. Zudem müssen sie mit einer Anklage wegen „Vernichtung des archäologischen Erbes“ rechnen.

Übergang zu Ackerbau und Fischfang

Der präinkaische Komplex von El Paraiso wurde erstmals von dem Schweizer Archäologen Frederic Engel in den 60er Jahren studiert. Die auf 64 Hektar angelegte Fundstätte gehört der späten vorkeramischen Kultur der peruanischen Küste an. Sie wird als älteste Stätte der Übergangsphase zur Landwirtschaft in der Region angesehen. Ihre Nähe zur Meeresküste und zu schützenden Tälern bot eine sichere Lebensgrundlage mit Ackerbau und Fischfang. Bisher wurden zwölf Pyramiden entdeckt, der letzte große Fund gelang den Archäologen erst im Februar diesen Jahres.

Archäologen arbeiten in der Ausgrabungsstätte El Paraiso im Norden Limas (Bild vor der Zerstörung)

Reuters/Enrique Castro-Mendivil

Die Funde von El Paraiso geben Einblick in die frühe Zivilisation

Ein rund 5.000 Jahre alter Tempel sei in einem der Seitenflügel der Hauptpyramide von El Paraiso entdeckt worden, teilte das Kulturministerium Perus mit. Sollte sich die Entstehungszeit der Kultstätte bei der Radiokarbondatierung bestätigen, handelt es sich um einen der ältesten Funde von Zivilisationsresten weltweit. Zu dem „Tempel des Feuers“, der in der Vorzeit von menschlicher Hand mit Sand und Gestein bedeckt worden war, gehört demnach ein Herd. Die Forscher gehen davon aus, dass er zur Verbrennung von Opfergaben diente.

Belize: Maya-Tempel für Straßenbau verwendet

Erst vor zwei Monaten sorgte ein anderer Fall von Zerstörungswut für Schlagzeilen. In Belize rissen Bauarbeiter einen über 2.000 Jahre alten Maya-Tempel ab. Die Steine der Pyramide Noh Mul im Norden des mittelamerikanischen Landes nutzten sie, um eine Straße in der nahe gelegenen Ortschaft Douglas zu verfüllen, wie der Fernsehsender Channel 7 berichtete. Nur noch ein kleiner Teil der Anlage sei übrig. „Ich bin entsetzt“, sagte Allan Moore vom Institut für Archäologie dem Sender. „Die Zerstörung ist unglaublich.“

Zwar handele es sich bei der religiösen Stätte um einen mittlerweile bewachsenen Hügel, dennoch habe den Bauarbeitern klar sein müssen, dass es sich um ein historisches Bauwerk handele. In Belize sei die Zerstörung präkolumbischer Artefakte grundsätzlich verboten, hieß es in dem Bericht von Channel 7. Der Direktor der Archäologischen Instituts, Jaime Awe, sagte dem Sender, er werde rechtliche Schritte gegen das Bauunternehmen und den Grundstücksbesitzer einleiten.

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