Politisch verfolgt?
Hätte der US-Whistleblower Edward Snowden einen formal korrekten Asylantrag in Österreich gestellt, so hätte dieser gute Chancen, auch angenommen zu werden. „Ich würde mich durchaus trauen, die Vertretung zu übernehmen“, sagte der auf Asylfragen spezialisierte Jurist Georg Bürstmayr am Dienstag im Gespräch mit der APA.
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Da das österreichische Asylrecht lediglich Anträge im Inland erlaubt, Snowden aber von Russland aus um Asyl angesucht hat, werde der Antrag als unzulässig zurückgewiesen werden, so Bürstmayr. Ähnlich hatten sich zuvor auch schon Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck sowie Asylexpertin Anny Knapp von der Asylkoordination Österreich geäußert. Ein gültiger Asylantrag sei „persönlich und im Inland“ zu stellen, so Grundböck. Botschaftsasyl sei nicht möglich.
Hätte Snowden in Österreich einen Asylantrag gestellt, dann hätte er „selbstverständlich“ Anspruch auf Schutz, ist auch der Generalsekretär von Amnesty International Österreich, Heinz Patzelt, überzeugt - mehr dazu in mehr dazu in oe1.ORF.at.
Strafverfolgung oder Verfolgung
Käme es im Fall des IT-Experten zu einem Asylverfahren in Österreich, würde sich alles um die Frage drehen, ob ihm in den USA „Strafverfolgung (prosecution) oder aber politisch motivierte Verfolgung unter dem Deckmantel der Strafverfolgung (persecution)“ drohe, erklärt Bürstmayr. Im zweiten Fall - wenn er also nicht nur gegen US-Strafrecht verstoßen hätte, sondern ihm aufgrund seiner „politischen Aussagen“ Strafverfolgung drohe - sei die Genfer Flüchtlingskonvention anzuwenden und Snowden Asyl zu gewähren.
Die breite Überwachung ausländischer Staaten und Staatsbürger, die Snowden aufgezeigt habe, sei ein massiver Verstoß gegen die US-amerikanische Verfassung und das Völkerrecht, sagt der Jurist. Zudem sei der dadurch erfolgte Eingriff in die Privatsphäre „menschenrechtlich höchst bedenklich“. Daher würde er im Fall eines Verfahrens argumentieren, dass es in der Causa Snowden nicht um die „Durchsetzung des Rechtsstaates“ gehe, sondern der 30-Jährige aufgrund des Aufzeigens dieses „Skandales“ mit „massiver strafrechtlicher Verfolgung“ zu rechnen habe.
Nicht vor Auslieferung sicher
Selbst wenn der Ex-Geheimdienstmitarbeiter als politischer Flüchtling anerkannt würde, sei er jedoch nicht vor einer Auslieferung sicher, fügt Bürstmayr hinzu. Das zuständige Strafgericht sei nämlich nicht an die Entscheidung der Asylbehörden gebunden und ziehe allein die Frage, ob Snowden im Ausland ein „faires Verfahren“ zu erwarten habe, in Betracht. Das würde nur dann automatisch negativ beantwortet, sollte dem Whistleblower die Todesstrafe drohen.
Er denke daher auch, dass Snowden, „sollte er die Möglichkeit haben“, eher in ein Land reisen würde, das kein Auslieferungsabkommen mit den USA habe und ihm aus „politischen Erwägungen“ Asyl gewähren könnte, wie etwa Ecuador oder Venezuela. Sowohl Österreich als auch alle anderen EU-Staaten verfügen über Auslieferungsabkommen mit den USA.
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