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Gesunder Zahn durch gesunde Wurzel

Wissenschaftler arbeiten daran, menschliche Zähne mit Hilfe von Stammzellen nachzuzüchten. Auch die Selbstheilung von Zähnen kann mit Stammzellen aus Zähnen angekurbelt werden. Damit könnten Plomben, Wurzelbehandlungen und Zahnersatz demnächst Vergangenheit sein.

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In den letzten Jahren wurden in der Forschung einige Fortschritte bei der Entwicklung neuer Therapien für gesündere Zähne gemacht. Vor allem die Stammzellenforschung hat für eine Reihe von neuen Ansätzen gesorgt, die die Gesundheit des Zahns erhöhen und mögliche Schmerzen reduzieren sollen, so das „Wall Street Journal“ („WSJ“).

Derzeit konzentriert sich die Forschung darauf, das „Herz“ jedes Zahns, das Zahnmark (Pulpa), regenerierfähiger zu machen. Die Pulpa ist ein gefäß- und nervenreiches Bindegewebe mit einer Vielzahl unterschiedlicher Zelltypen, die das Innere des Zahns ausfüllt. Entzündet sich das Zahnmark durch Bakterien oder mechanische Reizungen, zum Beispiel bei einer Zahnbehandlung, kommt es zu Zahnschmerzen.

Querschnitt eines Zahns

Corbis/doc-stock

Der menschliche Zahn im Querschnitt: Ganz oben ist die Krone mit dem außenliegenden Schmelz (blau), darunter das Dentin oder Zahnbein (weiß), innen das von Nerven- und Blutbahnen durchzogene Zahnmark (Pulpa). Die Wurzel ist von Zement umhüllt.

Selbstheilungskräfte aktivieren

Üblicherweise können Zähne mit Karies und Bakterien bis zu einem gewissen Ausmaß selbst fertig werden. Die Selbstheilungskräfte eines Zahns basieren auf den Stammzellen, die im Zahnmark vorhanden sind. Sie können sich zu spezialisierten Zellen umwandeln, die die unterschiedlichen Schichten des Zahns bilden.

Hat sich Karies einmal festgesetzt, kann sie den harten Zahnschmelz und das darunterliegende Dentin bis zur Pulpa durchdringen. Das Zahnmark kann sich in weiterer Folge entzünden und absterben, eine Wurzelbehandlung oder gar die Komplettentfernung des Zahnes wird notwendig: ein nicht nur schmerzhafter, sondern oft auch kostspieliger Eingriff - etwa durch Implantate als Ersatz für entfernte Zähne.

Die Wissenschaft will den Prozess der Selbstheilung gezielt anstoßen, damit Zähne mit einer Wurzelbehandlung eben nicht komplett abgetötet werden müssen. Denn auch ein wurzelbehandelter Zahn ist nicht vor weiteren Entzündungen geschützt. Nur ein lebender Zahn könne sich auch selbst heilen, so Tony Smith von der Universität von Birmingsham gegenüber dem „WSJ“.

Stammzellen als Basis

Die Wissenschaft untersucht einerseits, welche Impulse nötig sind, damit die Stammzellen neues Zahnmark produzieren, schreibt das „WSJ“. Einen großen Anteil daran hat das Dentin (Zahnbein), das unter dem sichtbaren Zahnschmelz liegt und das gesamte Zahnmark bis zu den Spitzen runter umhüllt. Sobald das Dentin von Bakterien angegriffen wird, sendet es Signale, damit der Regenerierungsprozess der Zahnzellen in Gang gesetzt wird.

Untersucht wird weiters, wie aus den Zähnen gewonnene Stammzellen direkt für die Therapie genutzt werden können. Japanische Forscher haben Stammzellen aus Zähnen extrahiert, mit speziellem Wachstumsmaterial versetzt und dann wieder in den Zahn injiziert. Bei Hunden konnte mit dieser Methode laut einer Studie ein Pulpa-Wachstum erzielt werden. Klinische Studien sollen laut den Wissenschaftlern bereits laufen.

Komplett neue Zähne züchten

Andererseits forschen die Wissenschaftler, wie Entzündungsprozesse im Inneren des Zahns besser unter Kontrolle gebracht werden können. Im Labor konnte die Forscherin Rena D’Souza bereits nachweisen, dass mit Hilfe eines speziellen Gels menschliches Zahnmark zum Nachwachsen angeregt werden kann. Damit können auch Schmerzen reduziert werden. Das Gel wird dabei direkt in den Zahn injiziert. Demnächst soll das Verfahren an Hunden getestet werden.

Es gibt aber auch den Ansatz, Zähne überhaupt ganz neu zu züchten. Erste Versuche an Tieren sind vielversprechend verlaufen. So konnten etwa Mäusezähne in vitro mit Hilfe von embryonalen Stammzellen vorgezüchtet werden, die sich transplantiert dann zu vollwertigen, wenn auch etwas kleineren Zähnen entwickelt haben.

Erste Therapien bis 2020

Auch bei Schweinen war der Ansatz grundsätzlich erfolgreich. Aus den aus einer Zahnwurzel gewonnenen Stammzellen entwickelte sich allerdings nur ein Zahnstummel, der aber fest genug war, um eine Krone zu tragen. Mögliche Versuche an Menschen sind noch weit im Anfangsstadium. Derzeit untersuchen die Forscher etwa, wie sie einen Zahn in die entsprechend benötigte Form bringen können.

Bis Zähne tatsächlich im Reagenzglas gezüchtet oder Löcher im Zahn mit einer Injektion geheilt werden können, wird es noch eine Weile dauern. Wissenschaftler rechnen damit, dass erste Therapien bis 2020 verfügbar sind. Selbst dann sei eine umfassende Mundhygiene unumgänglich, sagen Forscher, denn vorbeugen sei auch in diesem Fall einfach besser als heilen.

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