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„Ich liebe ihn“

Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden ist laut seinem Vater unter bestimmten Bedingungen zur Rückkehr in die USA bereit. Wenn sein Sohn bis zu Prozessbeginn ohne „Maulkorb“ auf freiem Fuß bleiben könne und den Gerichtsort selbst wählen könne, sei er zuversichtlich, dass sich der 30-Jährige den US-Behörden stellen werde, sagte Snowdens Vater Lonnie am Freitag.

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Zugleich äußerte Snowdens Vater in seinen Aussagen gegenüber dem Fernsehsender NBC die Sorge, sein Sohn werde von anderen Personen, darunter Mitgliedern von WikiLeaks, manipuliert. Die Enthüllungsplattform unterstützt den Computerexperten nach eigenen Angaben bei dessen Flucht. Die USA beschuldigen den IT-Spezialisten des Geheimnisverrats und der Spionage, weil er umfangreiche Spähaktivitäten US-amerikanischer und britischer Geheimdienste enthüllt hat.

„Nicht die Bevölkerung der USA verraten“

Laut NBC haben Vater und Sohn zwar seit April nicht mehr persönlich miteinander gesprochen, bevor Snowdens Informationen an die Öffentlichkeit kamen und er sich nach Hongkong und dann nach Moskau absetzte. Dessen ungeachtet habe er über seinen Anwalt einen Brief an US-Justizminister Eric Holder geschickt, sagte Lonnie Snowden, und an seinen Sohn gerichtet: „Ich liebe ihn. Ich würde gerne die Gelegenheit haben, mit ihm in Kontakt zu treten.“

Edward Snowden sitzt laut offiziellen russischen Informationen seit Wochenbeginn im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo fest. Die USA haben seine Auslieferung beantragt, sie werfen ihm Geheimnisverrat vor. Sein Vater räumte ein, dass die Veröffentlichung geheimer Dokumente ein Verstoß gegen US-Gesetze sei. Insofern habe er vielleicht die US-Regierung verraten. „Ich glaube aber nicht, dass er die Bevölkerung der USA verraten hat.“

Telefongespräch Correa - Biden

Präsident Rafael Correa hat laut eigenen Angaben mit US-Vizepräsident Joe Biden über Snowden gesprochen. Correa sagte am Samstag, Biden haben ihn in einem Telefongespräch am Freitag „in knapper Form“ mitgeteilt, dass die USA von Ecuador die Ablehnung des Asylantrags Snowdens erwarteten. Zuvor hatte Correa in seiner wöchentlichen Pressekonferenz Snowdens Enthüllungen über geheime britische und US-Programme zur Überwachung der Telefon- und Internetkommunikation als „größten Spionagefall in der Menschheitsgeschichte“ bezeichnet.

„Bestrafung“ für Konsul angekündigt

Die ecuadorianische Regierung hat eine Bestrafung jenes Diplomaten angekündigt, der Snowden sicheres Geleit zugesichert und ihm damit die Ausreise aus Hongkong ermöglicht hatte. „Dieser Konsul hat seine Kompetenzen überschritten und wird sanktioniert“, sagte Correa bei seiner wöchentlichen Pressekonferenz in der Stadt Aromo. Das Dokument sei ohne Erlaubnis der Regierung in Quito ausgestellt worden und daher ungültig.

Der spanischsprachige US-Fernsehsender Univison hatte diese Woche berichtet, dass der Konsul Ecuadors in London, Fidel Narvaez, dem NSA-Informanten ein Reisedokument ausgestellt habe. Nur so konnte er von Hongkong nach Moskau fliegen. Die US-Behörden, die Snowden per Haftbefehl suchen, haben nämlich seinen Reisepass für ungültig erkärt. Correa ließ jedoch Sympathie für die Handlungen des Diplomaten erkennen. Er habe offenbar aus „Verzweiflung“ angesichts der drohenden Festnahme Snowdens gehandelt.

Pingpong zwischen Moskau und Quito

Der flüchtige Ex-Mitarbeiter des Geheimdienstes NSA bemüht sich um politisches Asyl in Ecuador. Snowden hat Ecuador um Asyl gebeten. Eine Weiterreise von Moskau nach Quito ist aber vor allem wegen des von den US-Behörden ungültig gemachten Reisepasses schwierig. Vor allem Russland und Ecuador spielen sich in dem Fall nun gegenseitig die Verantwortung zu.

Nach Informationen des russischen Fernsehsenders Rossija 24 verhandeln die Behörden von Ecuador mit Russland über das Schicksal des 30-Jährigen. Außenminister Ricardo Patino habe sich persönlich in die Gespräche eingeschaltet.

Ecuadorianischer Präsident windet sich

Die ecuadorianische Regierung hat nach den Worten von Correa noch nicht über eine Aufnahme Snowdens entschieden. „Dürfte er in ecuadorianisches Staatsgebiet einreisen? Das ist etwas, das wir zunächst nicht in Betracht gezogen haben“, sagte Correa am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in der ecuadorianischen Stadt Quevedo. „Wir würden es möglicherweise prüfen, aber derzeit ist er in Russland.“

In Ecuador liegt ein Asylantrag Snowdens vor. Dieser könne nicht geprüft werden, solange sich Snowden außerhalb des Staatsgebiets aufhalte, sei es in einem anderen Land selbst oder in einer ecuadorianischen Botschaft, sagte Correa. „Man beantragt Asyl in einem Land, wenn man sich in dessen Staatsgebiet aufhält“, fügte der linksgerichtete Staatschef hinzu. „Rein technisch können wir den Asylantrag nicht einmal prüfen.“

„Und diese ganze Sache wäre nie passiert“

In der Affäre um den IT-Spezialisten hat Ecuador eine Verschlechterung der Beziehungen zu den USA in Kauf genommen und am Donnerstag sogar einseitig auf Zollvergünstigungen im Handel mit den Vereinigten Staaten verzichtet. Sie wolle sich dem Druck Washingtons nicht beugen, erklärte die Regierung in Quito. Das US-Außenministerium wies den Vorwurf der Erpressung zurück. Allerdings müsse Ecuador mit „sehr negativen Auswirkungen“ rechnen, wenn es Snowden Asyl gewähre, sagte ein Sprecher.

Moskau warf zudem den USA vor, die russischen Behörden zu spät darüber informiert zu haben, dass der Reisepass von Snowden ungültig gemacht wurde. Damit hätten die US-Behörden Russland „bewusst in eine Zwickmühle gebracht“, sagte ein Regierungsvertreter in Moskau am Freitag der Nachrichtenagentur Interfax. Hätten die russischen Behörden von dem ungültigen Pass gewusst, „wäre Herr Snowden vermutlich nicht nach Moskau geflogen, und diese ganze Sache wäre nie passiert“.

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