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Wahlzuckerlbarometer steigt

Am 29. September wird der neue Nationalrat gewählt. Doch die wahlwerbenden Parteien machen bereits jetzt große Versprechungen: Rechnet man die Wahlzuckerln aller Parteien zusammen, belaufen sich die Ausgaben auf über 20 Milliarden Euro.

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Dabei zeigt gerade die von der Regierung angekündigte Reform der Familienbeihilfe, dass Wahlversprechen mitunter kurze Beine haben: Mit der nun angekündigten Neuregelung wäre nämlich auch die „13. Familienbeihilfe“ endgültig Geschichte - und die war immerhin ein Wahlkampfschlager des Jahres 2008.

Milliarden für Familien?

Wie viel Geld die Parteien den Österreichern im Wahlkampf versprechen, ist nicht leicht zu beziffern. Allein die jüngsten Ankündigungen der Regierungsparteien kosten jedenfalls sieben Milliarden Euro: So wollen SPÖ und ÖVP 300 Millionen Euro für Familienbeihilfe und Kinderbetreuung ausgeben. Dazu kommen seitens der SPÖ noch 3,1 Milliarden Euro für eine Steuerreform und 600 Millionen Euro für den Wohnbau. Die ÖVP will mit 2,5 Milliarden Euro mittelgut bis gut verdienende Familien entlasten und um 500 Millionen Euro die Sozialbeiträge senken.

Das BZÖ zieht wieder mit seinem Steuerreformkonzept („Fair Tax“) in die Wahl, das mit sieben Milliarden Euro zu Buche schlägt. In ähnlichen Dimensionen bewegen sich auch die beim Parteitag in Linz beschlossenen Forderungen der FPÖ: Allein das Steuersplitting für Familien und das „Elterngehalt“, das das Kindergeld ersetzen soll, sollen fünf Milliarden Euro kosten. Dazu kommen etwa 1,5 Milliarden Euro mehr für die Pflege sowie Pensionsanpassungen über der Inflationsrate und die Valorisierung der Familienleistungen. Eine Steuerreform forderten zuletzt auch die Grünen, Details soll das Wahlprogramm im Sommer liefern.

Die Finanzierungsmodelle

Damit summieren sich die aktuellen Wahlkampfforderungen der Parteien auf zumindest 20 Milliarden Euro. Dass derart große Entlastungen nicht finanzierbar wären, wollen sich freilich weder Regierungs- noch Oppositionsparteien nachsagen lassen: So kündigt die SPÖ an, ihre Steuersenkungen durch Vermögenssteuern finanzieren zu wollen, die ÖVP verweist in Sachen Lohnnebenkosten auf vermeintlich zu erwartende Überschüsse bei den Krankenkassen, und FPÖ und BZÖ wollen ihre Wahlkampfforderungen durch Einsparungen in Verwaltung, Gesundheitssystem und bei den Subventionen finanzieren.

Freilich zeigt gerade das von der Regierung aktuell versprochene Familienpaket, dass Wahlgeschenken mitunter ein kurzes Leben beschieden ist: 2008 zog die ÖVP nämlich mit der Forderung nach einer „13. Familienbeihilfe“ in die Wahl und konnte sie auch durchsetzen, und zwar in jener berühmt-berüchtigten Nationalratssitzung, bei der alle Parteien gemeinsam kurz vor der Wahl eine Reihe von Wahlzuckerln durchboxten. Schon beim Sparpaket 2010 wurde die „13. Familienbeihilfe“ aber auf ein „Schulstartgeld“ verringert, das mit der nun geplanten Reform ebenfalls wegfallen soll.

Wieder zurückgerudert

Aber auch andere Wahlgeschenke des 24. September 2008 wurden mit den Sparpaketen 2010 und 2012 zurückgefordert: So wurden die Zugangsbedingungen zum 2008 erhöhten Pflegegeld verschärft, die außertourliche Pensionserhöhung durch zwei Pensionsrunden unter der Inflationsrate (2013 und 2014) zurückgenommen, die Zugangsbestimmungen zur 2008 verlängerten Hacklerregelung verschärft.

Und die Studiengebühren bleiben zwar vorerst abgeschafft, dafür gibt es aber für viele Fächer mittlerweile Zugangsbeschränkungen. Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), attestierte den Parteien zuletzt denn auch eine gewisse Lernfähigkeit, weil sie Wahlzuckerln diesmal nur fordern und nicht gleich beschließen: „Das ist schon ein Schritt besser im Vergleich zu 2008.“

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