Ecuador stellt sich gegen USA
Vor dem Hintergrund der Affäre um den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hat Ecuador ein Zollabkommen mit den USA aufgekündigt. Ecuador verzichte „unilateral und unwiderruflich auf Zollvergünstigungen“, hieß es in einer Erklärung, die der ecuadorianische Informationsminister Fernando Alvarado am Donnerstag in Quito verlas.
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Das Abkommen ATPDEA gewährte Ecuador Zollerleichterungen als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Drogenhandels. Mittlerweile hätten sich diese Handelserleichterungen allerdings „zu einem neuen Erpressungsinstrument“ entwickelt.
„Ecuador akzeptiert weder Druck noch Drohungen von irgendjemandem und handelt nicht mit Prinzipien, noch unterwirft es sie Handelsinteressen, so wichtig sie auch seien“, hieß es in der Erklärung weiter. Der südamerikanische Staat wird als Asylland für Snowden gehandelt, der wegen des Verrats von Details über geheime Ausspähprogramme von den US-Behörden verfolgt wird. Ecuador, das von dem linksgerichteten Präsidenten Rafael Correa regiert wird, hatte schon dem Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, politisches Asyl gewährt.
Zurückhaltende US-Reaktion
Das US-Außenministerium reagierte zurückhaltend auf Ecuadors Ankündigung. Es sei nicht klar, ob das überhaupt möglich sei, sagte Außenamtssprecher Patrick Ventrell am Donnerstag in Washington. „Das sind in Wirklichkeit unilaterale Handelsvorteile, die der US-Kongress Ecuador gewährt. Ich bin nicht sicher, ob man wirklich davon zurücktreten kann“, sagte er. Die USA seien Ecuadors größter Handelspartner und würden diese Partnerschaft gern weiterführen.
US-Senator sprach Drohungen aus
Der einflussreiche US-Senator Robert Menendez hatte zuvor mit der Streichung von Handelserleichterungen gedroht, sollte Ecuador dem US-Amerikaner Snowden Asyl gewähren. Der 30-Jährige hält sich laut russischen Angaben noch immer im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf. Die ecuadorianische Regierung hat nach eigenen Angaben einen Asylantrag Snowdens noch nicht bearbeitet, weil er sich nicht auf dem Territorium des Landes aufhält. Das sei aber per Gesetz vorgeschrieben.
Kokainherstellung sollte eingedämmt werden
Im Rahmen eines Abkommens kann Ecuador seine Produkte derzeit zollfrei in die USA exportieren. Ein weiterer Vertrag sieht wirtschaftliche Erleichterungen für Staaten vor, um die Kokainherstellung in Lateinamerika einzudämmen. Im Rahmen dieses Programms lieferte Ecuador im vergangenen Jahr Öl im Wert von 5,4 Milliarden Dollar (4,15 Mrd. Euro) in die USA.
Der Vorsitzende des US-Senatsausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Menendez, sagte, er werde sich dafür einsetzen, die Vergünstigungen zu streichen, wenn Ecuador Snowden Asyl gewähren sollte. Die Verlängerung beider Abkommen steht im Kongress bevor. Ecuador könnte für sein Rohöl zwar andere Abnehmer finden. Seine Blumenindustrie mit mehr als 100.000 Beschäftigten dürfte aber leiden. Die Geheimdienstaffäre sorgt seit Tagen für diplomatische Verstimmungen zwischen den USA auf der einen und Ländern wie Ecuador, China und Russland auf der anderen Seite.
Ecuador „kann Asylantrag nicht prüfen“
Die ecuadorianische Regierung hat nach den Worten von Präsident Rafael Correa noch nicht über eine Aufnahme von Snowden entschieden. „Dürfte er in ecuadorianisches Staatsgebiet einreisen? Das ist etwas, das wir zunächst nicht in Betracht gezogen haben“, sagte Correa am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in der ecuadorianischen Stadt Quevedo. „Wir würden es möglicherweise prüfen, aber derzeit ist er in Russland.“
In Ecuador liegt ein Asylantrag Snowdens vor. Dieser könne nicht geprüft werden, solange Snowden sich außerhalb des Staatsgebietes aufhalte, sei es in einem anderen Land selbst oder in einer ecuadorianischen Botschaft, sagte Correa. „Man beantragt Asyl in einem Land, wenn man sich in dessen Staatsgebiet aufhält“, fügte der sozialistische Staatschef hinzu. „Rein technisch können wir den Asylantrag nicht einmal prüfen.“
Obama: Snowden kein Thema auf höchster Ebene
US-Präsident Barack Obama wies bei einem Besuch im Senegal Vermutungen zurück, wonach er das Thema auf höchster Ebene ansprechen könnte. Er habe weder mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping noch mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin über den Auslieferungsantrag der USA gesprochen. Er erwarte, dass sich Staaten an internationales Recht hielten.
Sollte Snowden auf dem Luftweg vor seinen Verfolgern fliehen, würden die Vereinigten Staaten seinen Flug nach eigenem Bekunden nicht militärisch abfangen. „Ich werde keine Jets schicken, um einen Hacker zu fassen“, sagte Obama weiter.
Snowden weiter im Moskauer Transitbereich
Snowden war bei der Servicefirma Booz Allen Hamilton angestellt und arbeitete in Hawaii für den Nachrichtendienst NSA. Weil er geheime Informationen über Spähprogramme der USA und Großbritanniens an Medien weitergab, droht ihm in seinem Heimatland eine langjährige Haftstrafe. Snowden flüchtete zunächst nach Hongkong und flog von dort am Sonntag nach Moskau.
Russischen Behördenvertretern zufolge hat der 30-Jährige kein Visum beantragt und kann sich beliebig lange im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo aufhalten. Präsident Putin hat Forderungen der USA nach einer Auslieferung bereits zurückgewiesen.
Auch Verbindungsdaten von US-Nutzern gesammelt
Wie der „Guardian“ unterdessen berichtete, soll der US-Geheimdienst NSA auch Verbindungsdaten von US-amerikanischen Internetnutzern gesammelt haben. Unter Berufung auf einen geheimen Bericht der NSA-Aufsicht aus dem Jahr 2009 berichtete das Blatt am Donnerstag in seiner Onlineausgabe, es gehe um E-Mail-Adressen sowie um die den Standort eines Rechners preisgebenden IP-Adressen.
Ursprünglich sei dieses kurz nach den Anschlägen von 2001 gestartete Spähprogramm beschränkt gewesen auf die Kommunikation unter Ausländern oder zwischen einer Person im Ausland mit jemandem in den USA. Von 2007 an sei es jahrelang aber auch um Daten von US-Bürgern und in den USA ansässigen Personen gegangen.
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