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Polemik nach Pro-Erdogan-Demo

Darf man in Österreich seine Solidarität mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan demonstrieren? Offenbar nicht. Seit am Sonntag in Wien Tausende Menschen für Erdogan auf die Straße gingen und etwa 600 gegen ihn, gibt es eine aufgeheizte Debatte. Nach diversen Grünen-Politikern schossen sich die Freiheitlichen und das BZÖ auf Erdogan-Fans in Österreich ein.

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FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache empfahl Erdogan-Anhängern angesichts der Proteste in Wien die Ausreise in die Türkei, BZÖ-Obmann Josef Bucher sprach sich für eine „Staatsbürgerschaft auf Probe“ aus. Die ÖVP zeigte sich in einer Aussendung empört über das „mangelnde Demokratieverständnis“ des FPÖ-Chefs.

Pro-Erdogan-Demonstration in Wien

AP/Herwig Prammer

Pro-Erdogan-Demos in Wien: Für die FPÖ ein Grund, die Heimreise zu empfehlen

Vergangene Woche hatte sich der grüne Politiker Peter Pilz im „Standard“ dafür ausgesprochen, bei der Verleihung von Staatsbürgerschaften an türkische Immigranten deren politische Einstellung zu prüfen. Für ein „One-Way-Ticket“ für Erdogan-Fans in Österreich hatte sich davor der oberösterreichische grüne Politiker Efgani Dönmez ausgesprochen und sich dafür wenig später wieder entschuldigt.

„Heim in die Türkei“

„Die Erdogan-Fans, welche heute in Österreich für Erdogan demonstriert haben, sollten rasch in die Türkei heim und zurückkehren und sich vor Ort in der Türkei einbringen“, forderte Strache via Facebook. Der FPÖ-Chef will wissen: „Was machen diese eigentlich da, wenn es ihnen in der Türkei so gut gefällt!?“

Mölzer: Mit Front National gegen türkische EU-Ambitionen

Der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer legte via Aussendung nach und reklamierte für die FPÖ, den „EU-Beitritt der Türkei“ verhindert zu haben. Die jüngste Blockade in den Beitrittsgesprächen wertete er als „De-facto-Abbruch“, der „vor allem der konsequenten und hartnäckigen Politik der patriotischen Parteien und Bewegungen Europas zu verdanken“ sei. „Und damit haben sie Europa einen wertvollen Dienst geleistet.“

Parteien wie FPÖ, Front National (Frankreich), Vlaams Belang (Belgien) und Lega Nord (Italien) würden schon seit Jahren auf die „EU-Unreife der Türkei“ hinweisen, so Mölzer. „Das Niederknüppeln der jüngsten Proteste“ sei „gewissermaßen der Schlusspunkt der Entwicklung, und die Beitrittsverhandlungen sind am Ende.“

ÖVP: „Entbehrlich und geschmacklos“

„Einmal mehr beweist FPÖ-Chef Strache sein mangelndes Demokratieverständnis“, reagierte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch auf das „entbehrliche und geschmacklose Posting.“ „Nach den Grünen outen sich nun auch die Freiheitlichen als Feinde der Meinungsfreiheit.“ Die Ereignisse in der Türkei dafür zu missbrauchen, „auf billigste Art und Weise politische Effekthascherei zu betreiben“, sei selbst für die FPÖ „ein neuer Tiefpunkt“, so Rauch. Erdogans islamisch-konservative Partei AKP hat Beobachterstatus in der Europäischen Volkspartei (EVP), der auch die ÖVP angehört.

Kurz: „Konflikt nicht hereintragen“

Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) appellierte in Zusammenhang mit den Demonstrationen von in Österreich lebenden Türken, „Konflikte, die es derzeit in der Türkei gibt, nicht in Österreich auszutragen“. Der APA sagte Kurz: „Ich glaube, wenn jemand zugewandert ist, um sich hier eine Existenz aufzubauen, sollte er sich auch als Österreicher fühlen und Konflikte nicht in das Land hereinbringen und auf der Straße austragen.“

BZÖ für Probezeit

BZÖ-Chef Bucher wiederum scheint sich eher den grünen Nationalratsabgeordneten Pilz zum Vorbild genommen zu haben. Er schlug nach der Verleihung der Staatsbürgerschaft eine Probezeit von fünf Jahren für eingebürgerte Zuwanderer vor. „Jedem Neo-Österreicher, der innerhalb dieser fünf Jahre Probezeit straffällig und zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt wird, wird die Staatsbürgerschaft wieder aberkannt“, forderte Bucher. Mehr als 8.000 Menschen hatten am Sonntag in Wien laut Behördenangaben für Erdogan demonstriert. An einer Gegenkundgebung nahmen laut Polizei rund 600 Personen teil - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

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