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„Wahlzuckerln“ kontraproduktiv

Der Präsident des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, hat die Regierung unterdessen trotz Alpine-Pleite und schleppender Wirtschaftsentwicklung davor gewarnt, ein großes Konjunkturpaket zu schnüren. Vor der Nationalratswahl wieder „Wahlzuckerln“ zu verteilen, sei kontraproduktiv.

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„Ab Herbst geht es wieder mit der Konjunktur bergauf“, versuchte Felderer im Gespräch mit der APA zu beruhigen. Der deutliche Wirtschaftsaufschwung in den USA werde unter anderem auch die Wirtschaft Deutschlands und Österreichs anschieben. Felderer zeigte sich zuversichtlich, dass das heimische Arbeitsmarktservice (AMS) - eines der besten Arbeitsämter Europas - für die Insolvenz des zweitgrößten Baukonzerns Alpine bestmöglich gerüstet sei. „Die Mitarbeiter werden wieder einen Arbeitsplatz bekommen“, zeigte sich der Ökonom zuversichtlich. Wenn nötig, werde es Umschulungen für betroffene Mitarbeiter geben. Generell habe es im Bausektor in Österreich Überkapazitäten gegeben. „Pleiten gehören zur Marktwirtschaft.“

Zuzug von technischen Arbeitskräften forcieren

Anstatt eines Konjunkturpaketes empfiehlt Felderer, sich um den dringend notwendigen Zuzug von technischen Arbeitskräften aus dem Ausland zu kümmern. Hier gehe es um die Wirtschaftspolitik der nächsten zehn bis 20 Jahre. Österreich brauche eine liberalere und unkonventionellere Einwanderungspolitik, um Wissenschaftler und Techniker nach Österreich zu holen.

Die Rot-Weiß-Rot-Karte - angelehnt an das Migrationsmodell in Kanada - sei „etwas schwerfällig“, so der Ökonom. Derzeit gebe es die einmalige Chance, gut ausgebildete Arbeitskräfte aus Südeuropa - etwa Spanien, Italien und Griechenland - nach Österreich zu holen. Deutschland sei im Gegensatz zu Österreich bei der Anwerbung sehr aktiv und habe die Chance sehr gut genutzt. „Humankapital ist das Wichtigste für unsere Wirtschaft“, betonte Felderer.

Kritik von Arbeiterkammer

Auf Kritik stoßen die Warnungen Felderers vor dem Schnüren eines großen Konjunkturpakets im Nationalratswahlkampf: Um mehr Beschäftigung und Wachstum zu erzielen, sei es zu wenig, „nur auf die USA zu hoffen“, kritisiert Markus Marterbauer, Leiter der Wirtschaftspolitik-Abteilung der Arbeiterkammer (AK) Wien. Ein Konjunkturprogramm sei besser, als die Arbeitslosigkeit zu finanzieren, hieß es in einer AK-Aussendung am Sonntag.

Zwar liege Österreich beim Wirtschaftswachstum vor vielen anderen EU-Staaten, dieses sei aber noch nicht hoch genug, damit die Arbeitslosigkeit zurückgehe, so Marterbauer. Er verlangt Investitionen unter anderem in den sozialen Wohnbau. Aber auch die Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) stieß sich an den Aussagen Felderers, denen zufolge Österreich aktiv in Spanien und Griechenland technische Fachkräfte anwerben solle. „Österreich soll Fachkräfte ausbilden und nicht importieren“, so ÖGJ-Vorsitzender Sascha Ernszt. Dazu werde vom ÖGJ und ÖGB „eine Fachkräftemilliarde“ gefordert, die durch ein Prozent der Bruttoentgeltsumme von den Unternehmen eingehoben werden soll.

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