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Diplomatische Verstimmungen

Das Atmen in der Millionenmetropole Singapur fällt derzeit schwer. Dichter, beißender Rauch umhüllt seit Tagen die Stadt und lässt Hochhäuser wie im Nebel verschwinden. Grund sind riesige Waldbrände im benachbarten Indonesien, wo während der Trockenzeit Regenwald gerodet wird, um neues Land für Plantagen zu gewinnen.

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Die Luftverschmutzung erreichte neue Rekordwerte. Der Smogindex überstieg am Freitag den kritischen Wert 400, das könne für kranke und ältere Menschen lebensgefährlich sein, erklärte die Behörde für den Schutz der Luftqualität. Ab dem Wert 300 gilt der Smog in dem Stadtstaat mit 5,3 Millionen Einwohnern als gesundheitsgefährdend. Der letzte Rekordwert stammt aus dem Jahr 1997 - auch damals waren Waldbrände in Indonesien der Grund für die hohe Feinstaubbelastung. Der beißende Raucht sorgt mittlerweile auch für diplomatische Verstimmungen.

Singapur ohne Smog

Reuters/Edgar Su

Ein Blick auf die Skyline von Singapur aus dem Vorjahr

„Singapur benimmt sich wie ein Kind“

Singapur etwa forderte Strafen für Plantagenbesitzer, die Feuer legen. Niemand solle denken, er habe das Recht, die Umwelt zu verschmutzen und auf Kosten der Gesundheit anderer Menschen Geld zu verdienen, sagte Singapurs Umweltminister Vivian Balakrishnan der Tageszeitung „Straits Times“. Die Antwort von Indonesiens Sozialminister Agung Laksono fiel ruppig aus: „Singapur benimmt sich wie ein Kind.“ Und auch Indonesiens Außenminister Marty Natalegawa wies alle Vorwürfe zurück und gab seinerseits singapurischen Palmölunternehmen Mitschuld an den Bränden.

Singapur im Smog

Reuters/Edgar Su

Derzeit sind die Hochhäuser nur schemenhaft zu erkennen

Singapurs Premier Lee Hsien Loong erklärte, seine Behörden hätten Indonesien mit Satellitenbildern ausgeholfen, um dem Nachbarn zu helfen, die Verantwortlichen ausfindig zu machen, wie der britische Sender BBC berichtet. Sollte sich herausstellen, dass Unternehmen aus Singapur beteiligt sind, so werde man sie dafür zur Verantwortung ziehen, sagte Lee.

Rauch bleibt noch für Wochen

Doch vorerst bleibt den Einwohnern der Millionenstadt nichts anderes übrig, als sich so gut es geht gegen den dichten Rauch zu wappnen. Lee rief die Bewohner in einer Pressekonferenz am Donnerstag dazu auf, die Fenster geschlossen zu halten und Aktivitäten im Freien zu meiden. Auf Grund der vorherrschenden Wetterbedingungen könnte der Smog „noch wochenlang anhalten“, warnte Lee. „Zumindest bis die Trockenzeit auf Sumatra endet.“

Die Fluglotsen auf dem Singapur Airport wurden angewiesen, Vorkehrungen wegen der geringen Sichtweite zu treffen, und McDonalds erklärte, seinen Zustellservice vorerst einzustellen, um die Gesundheit der Lieferanten nicht zu gefährden. Einige Krankenhäuser versiegelten die Fenster zu Abteilungen mit älteren Patienten, und mehrere Sportveranstaltungen wie Fußballspiele und Segelregatten wurden abgesagt.

Malaysia schließt 200 Schulen

In der größten Stadt Malaysias, Kuala Lumpur, blieb die Luft vorerst großteils unbelastet, im Süden mussten jedoch rund 200 Schulen geschlossen werden, da auch hier die Luftverschmutzung die Alarmgrenzen deutlich überstieg. Das Umweltministerium belegte offene Feuer in drei Bundesstaaten mit einer Strafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis. Und auch in der indonesischen Provinz Riau auf Sumatra rief die Gesundheitsbehörde die Menschen auf, in ihren Häusern zu bleiben oder Gesichtsmasken zu tragen, wenn sie nach draußen gehen.

Bereits seit 2002 setzen sich Malaysia und Singapur für ein verbindliches Luftschutzübereinkommen ein. Ende der 1990er Jahre wurde Südostasien mehrmals von dichtem, giftigem Rauch eingehüllt, der den Verkehr lahmlegte und bei rund 20 Millionen Menschen Gesundheitsbeschwerden auslöste. Doch bisher scheiterten alle Versuche an der Weigerung Indonesiens. Dort will man den momentanen Smog dafür mit ungewöhnlichen Mitteln bekämpfen. Indonesiens Waldminister erklärte, man wolle künstlich Regen über Sumatra erzeugen.

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