Wichtiger Sieg für Demonstranten
Nach Massenprotesten im ganzen Land haben die brasilianischen Metropolen Sao Paulo und Rio de Janeiro die kritisierten Fahrpreiserhöhungen für den öffentlichen Nahverkehr zurückgenommen. Der Gouverneur des Bundesstaates Sao Paulo, Geraldo Alckmin, und der Bürgermeister von Rio, Eduardo Paes, verkündeten die Entscheidung am Mittwoch vor Journalisten.
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Dennoch gingen in Niteroi nahe Rio erneut Tausende Menschen auf die Straßen, wobei sich auch gewaltsame Zusammenstöße entwickelten. Gouverneur Alckmin sagte, die Preiserhöhungen für U-Bahnen, Züge und Busse würden ausgesetzt. Bürgermeister Paes kündigte eine Preissenkung lediglich für Busfahrten an. Die Entscheidung bedeutet einen wichtigen Sieg für die Demonstranten.

Reuters/Davi Pinheiro
Am Rande der friedlichen Demonstrationen kam es auch zu Ausschreitungen
Einsparungen im Sozialsystem?
Das Heraufsetzen der Ticketpreise war ein Auslöser der fast zwei Wochen anhaltenden Massenproteste in zahlreichen brasilianischen Städten. Die Wut der Demonstranten richtet sich auch gegen hohe Ausgaben für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Sommerspiele 2016. Sie beklagen massive Korruption und Bereicherung der Politiker und dass es zugleich an Investitionen in das Sozialsystem mangle. Sie befürchten im Gegenteil, dass es statt der nun abgesagten Tariferhöungen zu Einsparungen im Gesundheits- oder Bildungssystem kommen wird.
Laut BBC wollen die Aktivisten am Donnerstag weiter die bisher größten Demonstrationen abhalten. Der Generalsekretär des Internationalen Fußballverbandes (FIFA), Jerome Valcke, rechnet mit einer Million Demonstranten. Das sagte der Franzose am Rande des Fußballspiels Brasilien gegen Mexiko. „Wir können nichts tun“, sagte Valcke. „Das ist eine unangenehme Situation für alle Beteiligten. Niemand ist damit glücklich.“ Das Fußballturnier wird zunehmend von den Demonstrationen überschattet.
Wasserwerfer gegen Blockade
Kurz nach der Ankündigung der beiden Politiker gingen in Niteroi laut Polizei mehr als 7.000 Menschen auf die Straße. Die Demonstration verlief zunächst friedlich. Nach Einbruch der Dunkelheit jedoch kam es zu Ausschreitungen, an denen sich etwa 200 bis 300 Menschen beteiligten. Sie warfen einen Bus um, schlugen die Scheiben einer Bankfiliale ein und setzten hölzerne Barrikaden in Brand, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Die Polizei setzte Wasserwerfer gegen eine Gruppe von Demonstranten ein, die die 15 Kilometer lange Brücke zwischen Niteroi und Rio blockieren wollte.
„Geht nicht mehr um die Preise“
„Es geht gar nicht mehr um die Preise“, sagte Camila Sena, eine 18-jährige Studentin, bei den Protesten in Niteroi gegenüber der Nachrichtenagentur AP. „Die Menschen sind so angewidert vom System, es reicht uns, und deshalb fordern wir eine Veränderung.“ Dass zusätzlich Geld in die Fußballstadien für den Confederations Cup gesteckt worden sei, habe den Ärger der Bevölkerung noch verstärkt. „Wir sind gar nicht gegen die Fußball-WM, überhaupt nicht. Es wird auch Gutes für Brasilien bringen. Aber wird sind einfach gegen die Korruption, für die die WM als perfekte Ausrede dient“, so die Studentin.

Reuters/Davi Pinheiro
Sicherheitskräfte gehen mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstranten vor
Zuvor war es auch in Fortaleza im Nordosten des Landes zu Ausschreitungen gekommen. Rund 25.000 Demonstranten blockierten dort vor einem Spiel der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft ab dem Morgen den Zugang zum Stadion. Bei Straßenschlachten mit der Polizei wurden mindestens zwei Protestteilnehmer verletzt. Landesweit demonstrierten am Mittwoch mehrere zehntausend Menschen. Für Donnerstag sind erneut Kundgebungen in ganz Brasilien geplant - auch in Rio, wo die Nationalmannschaften Spaniens und Tahitis im Confederations Cup aufeinandertreffen.
Fußballjungstar stützt Demonstranten
Erstmals meldete sich am Mittwoch Neymar, populärer Jungstar des Nationalteams, zu den Protesten zu Wort. „Was gerade in Brasilien passiert, macht mich traurig“, hieß es in einer Erklärung des Fußballers, die in Sozialen Netzwerken verbreitet wurde. „Ich will ein gerechteres, sichereres, gesünderes und ehrlicheres Brasilien“, so Neymar. Es sei Aufgabe der Regierung, für gute Bedingungen im Nahverkehr, eine bessere Gesundheitsversorgung und Bildung sowie für öffentliche Sicherheit zu sorgen, mahnte er an.
Dagegen zeigte Fußballlegende Pele Desinteresse an den Protesten. „Wir sollten die Verwirrung vergessen, die in Brasilien herrscht, und daran denken, dass die brasilianische Nationalmannschaft unser Land, unser Blut ist“, sagte der 72-jährige dreimalige Weltmeister in einer Videobotschaft.
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