Obama will „Werte“ verbreiten
Bewusst locker hat US-Präsident Barack Obama seine Rede vor dem Brandenburger Tor in Berlin angelegt. „Ich fühle mich so wohl hier, dass ich mein Jackett ausziehen werde. Im Freundeskreis können wir so informell sein“, so Obama am Mittwoch. Er erinnerte an die historische Bedeutung der geeinten deutschen Hauptstadt und die Schaffung „einer Insel der Demokratie“ durch den Fall der Berliner Mauer.
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Nach der Rückschau schwenkte Obama schnell auf die Herausforderungen der Gegenwart um. Die Trennmauern in den Herzen seien vielfach noch aufrecht, hier sei noch viel zu tun. Die Ungleichheit sei zu bekämpfen, jeder Mensch habe die Sehnsucht nach Recht und Gerechtigkeit. Es stelle sich die Aufgabe, „unsere Werte“ zu verbreiten, sei es in Burma, in Afghanistan oder in Syrien. Entscheidend sei die Frage der globalen Sicherheit. „Solange noch Atomwaffen existieren, sind wir nicht sicher“, sagte Obama.
„Wollen Zahl der Atomwaffen verringern“
„Wir wollen die Zahl der Atomwaffen verringern“, so Obama. Er sprach sich dafür aus, die Zahl der atomaren Sprengköpfe um ein Drittel des mit Russland vereinbarten Niveaus zu senken. Zu schaffen sei mittelfristig eine Basis zur friedlichen Nutzung der Atomkraft. Obama will zudem eine neue Runde in der atomaren Abrüstung mit Russland einläuten. Für 2016 kündigte er einen Atomgipfel an, der einen internationalen Rahmen für die friedliche Nutzung der Kernkraft schaffen soll.

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Ein gut gelaunter Obama vor dem Brandenburger Tor
Auch auf die NSA-Abhöraffäre, ein zuletzt zwischen Europa und den USA hitzig diskutiertes Thema, spielte Obama an. „Wir brauchen eine offene Debatte darüber, wie wir unsere Macht ausüben“, versuchte er zu kalmieren. Bereits im Gespräch mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hatte er sich für einen offenen Dialog ausgesprochen.
Merkel: „Bestmögliches Wetter ausgesucht“
„Lieber Barack Obama, wir haben das bestmögliche Wetter ausgesucht“, hieß Merkel ihren Gast willkommen. Nach der launigen Einleitung schwenkte sie umgehend auf die geschichtliche Dimension um, die mit der ehemals geteilten Stadt Berlin verbunden ist. Merkel betonte die Wichtigkeit der Partnerschaft: „Die transatlantische Partnerschaft ist auch im 21. Jahrhundert der Schlüssel zu Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für alle. Auch im 21. Jahrhundert gibt es keine besseren Partner füreinander als Amerika und Europa.“

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Obama, Merkel und Wowereit (v. l. n. r.) hinter einer schusssicheren Wand
„Mr. President, herzlich willkommen in Berlin“, leitete Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zuvor die Veranstaltung ein. Auch er erinnerte an den historischen Aspekt des Berlin-Besuchs. Bereits seine Rede wurde immer wieder von Applaus unterbrochen. Mit dem Brandenburger Tor hatte Obama einen symbolträchtigen Ort für seinen Abrüstungsvorstoß gewählt. Das jahrzehntelang geteilte Berlin steht wie keine andere Stadt für die Konfrontation zwischen den westlichen Staaten und dem Ostblock unter Führung der Sowjetunion.
Abrüstungsinitiative als Comeback
Mit seiner Berliner Abrüstungsinitiative probt Obama ein Comeback: Er kehrt zurück zu seinen Anfängen, als er 2009 in Prag eine atomwaffenfreie Welt propagierte. Auf Zustimmung kann der mächtigste Mann der Welt auch mit seinem neuen Vorstoß zählen. Sie dürfte allerdings verhaltener ausfallen als vor vier Jahren.

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Obamas Rede wurde immer wieder von Applaus der Zuschauer unterbrochen
Einerseits waren die USA nach Angaben aus US-Regierungskreisen bereits 2009 zu einer deutlich stärkeren Reduzierung ihres Atomwaffenarsenals bereit, scheiterten damit aber an Moskau. Andererseits haben sich Atomwaffen als militärisches Mittel für die beiden Großmächte schlicht überlebt, von ihnen geht kaum noch eine Bedrohung aus. Für die moderne US-Kriegführung sind Drohnen, Tarnkappenbomber und Cyberkrieger längst wichtiger.
Putin: Kein strategisches Ungleichgewicht zulassen
Russland will Obamas Vorstoß zur atomaren Abrüstung beider Staaten auch auf andere Länder ausdehnen. Allerdings müsse das Gleichgewicht der strategischen Abschreckung in der Welt gewahrt bleiben, sagte Präsident Wladimir Putin der Agentur ITAR-TASS zufolge am Mittwoch in St. Petersburg. „Wir können nicht erlauben, dass das Gleichgewicht des Systems der strategischen Abschreckung gestört oder die Effektivität unserer Atomstreitmacht geschwächt wird“, sagte Putin laut russischen Medien.
Daher bleibe die Schaffung eines Luft- und Weltraumabwehrsystems eine Priorität der russischen Militärindustrie. „Der Prozess der Verringerung der nuklearen Arsenale sollte die anderen Staaten mit Atomwaffen einschließen“, so der außenpolitische Berater des Kreml, Juri Uschakow, am Mittwoch in Moskau.
Strenge Sicherheitsvorkehrungen
Für Obamas Besuch galten strengste Sicherheitsvorschriften. Im Regierungsbezirk waren über 5.000 Polizeikräfte präsent. Die Orte, an denen sich der US-Präsident aufhielt, waren weiträumig abgesperrt. Zudem hielten sich Wowereit, Merkel und Obama während des Zeremoniells stets hinter einer schusssicheren Panzerglasscheibe auf.
Eine zusätzliche historische Note hatte der Obama-Auftritt: Fast auf den Tag genau vor 50 Jahren hatte der damalige US-Präsidenten John F. Kennedy den Satz „Ich bin ein Berliner“ gesagt, der in die Geschichtsbücher einging.
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