Themenüberblick

EU und USA als Markt von gestern?

Ein Freihandelsabkommen mit den USA bringt einer Studie zufolge Europa nur geringe Wachstumsimpulse. Denn ein solches Abkommen werde eher bestehende Handelsbeziehungen zwischen den Regionen stärken als „in großem Umfang neue Vernetzungen schaffen“, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Analyse des deutschen gewerkschaftsnahen IMK-Instituts.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Was die positiven Effekte angeht, heißt es demnach warten: „Vor allem aber werden sich positive Effekte erst längerfristig zeigen, kurzfristige gesamtwirtschaftliche Wachstumsimpulse sind hingegen von diesem Abkommen nicht zu erwarten.“ Die EU-Länder hatten letzte Woche den Weg für Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit den USA frei gemacht. Vertreter der EU und europäischer Regierungen sehen in der Freihandelszone einen wirkungsvollen Konjunkturimpuls.

Asien zieht an EU und USA vorbei

Die deutschen Wirtschaftsforscher gründen ihre Skepsis auf die Entwicklung der Handelsverflechtungen der EU mit Drittländern. Sie sehen darin ein Indiz, dass - Freihandelsabkommen hin oder her - vor allem Asien als Wirtschaftsmacht weiterwachsen wird. Zwischen 2001 und 2012, als der Welthandel preisbereinigt pro Jahr um durchschnittlich 5,4 Prozent zulegte, hätten nur Länder Süd- und Ostasiens ihren Weltmarktanteil gesteigert: von gut einem Drittel auf mehr als die Hälfte.

„Der Weltmarktanteil Chinas allein beträgt inzwischen rund 15 Prozent“, so die Düsseldorfer Experten. Sowohl die EU als auch die USA hätten Weltmarktanteile verloren. Der Anteil der EU-Ausfuhren in die USA an den gesamten EU-Exporten in Drittländer sank zwischen 1999 und 2012 um rund zehn Punkte auf 17,3 Prozent. Chinas Anteil verdreifachte sich demgegenüber fast auf 8,5 Prozent. Auch Russland habe als Absatzmarkt an Bedeutung gewonnen.

Wegfall von Zöllen ohne „nennenswerte Effekte“

Bei den gesamten EU-Importen aus Drittländern sank der US-Anteil auf 11,5 von gut 22 Prozent. Hier spielte laut IMK auch der Wertrückgang des Dollar zum Euro eine Rolle. „Das Freihandelsabkommen betrifft also Regionen, deren wirtschaftliche Verflechtungen in den vergangenen Jahren relativ abgenommen haben im Vergleich zu anderen Regionen“, bilanzierte IMK-Direktor Gustav Horn.

Nach Ansicht der Forscher spricht ein weiterer Faktor dagegen, dass der Freihandel wesentliche Wachstumsimpulse setzen würde: „Die Zölle auf Industriegüter, die vornehmlich zwischen der EU und den USA gehandelt werden, sind bereits jetzt sehr niedrig.“ Im Jahr 2007 sei der Durchschnittszoll in beiden Wirtschaftsräumen bei nur 2,8 Prozent gelegen. „Eine weitere Senkung dürfte keine nennenswerten Effekte haben“, sagte die Koautorin der Studie, Sabine Stephan.

Link: