Mehrere Orte nach Dammbruch evakuiert
Mit einer einzigartigen Aktion haben Einsatzkräfte im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt das Hochwasser der Elbe eingedämmt. Vor einem gebrochenen Deich bei Fischbeck versenkten sie am Wochenende drei Schiffe, um das Loch zu schließen. Mehrere Orte mussten evakuiert werden, nachdem die völlig durchweichten Dämme dem Wasser nicht mehr standhalten konnten.
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Bereits am Samstag wurden dazu zwei Lastkähne an der 90 Meter langen Bruchstelle gesprengt. Ein drittes Schiff bugsierten die Experten am Sonntag vor die verbliebene etwa 20 Meter lange Lücke und setzten es dort gezielt auf Grund, wie der Krisenstab der Landesregierung in Magdeburg mitteilte. Hubschrauber warfen Sandsäcke auf die Barriere, um das Leck endgültig zu stopfen. Noch nie habe es so eine Aktion in Deutschland gegeben, sagt der Kommandeur des Landeskommandos Sachsen-Anhalt, Oberst Claus Körbi.

APA/dpa/EPA/Jens Wolf
Die ersten beiden Schiffe wurden bereits am Samstag auf Grund gesetzt
Abgewrackte Kähne dafür angeschafft
Zunächst inspizierten Taucher den Boden am Deichbruch. Anschließend wurden Panzersperren und Netze mit Steinen per Hubschrauber zu der Stelle geflogen und versenkt. Sie sind die Grundlage dafür, dass die versenkten Schiffe tatsächlich hängenbleiben können und nicht abgetrieben werden. Am Samstag bugsierte dann ein Schiff zunächst zwei Schuten - Kähne ohne eigenen Antrieb - an den Deich, wo sie per Sprengung versenkt wurden. Sandpakete verhinderten das Abtreiben. Am Sonntag wurde dann das dritte Schiff platziert. Das Land hatte die Kähne zuvor eigens zu diesem Zweck für mehrere hunderttausend Euro gekauft.
Die Aktion zeigte bereits am Sonntag Wirkung. Die Lücke im Deich sei „so gut wie geschlossen“, sagte eine Sprecherin der Krisenstabes am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa. Die überflutete Fläche sei innerhalb von 24 Stunden um fünf Quadratkilometer geschrumpft, 145 Quadratkilometer stehen im Elbe-Havel-Winkel aber noch immer unter Wasser. Dort hat sich das Hochwasser in einem Gebiet von etwa zehn mal 20 Kilometern ergossen. 10.000 Menschen sind betroffen, mehr als 8.000 mussten nach Angaben des Krisenstabes ihre Wohnungen verlassen.
„Schwierige und gewagte Aktion“
Durch das Loch im Deich sind nach Angaben des Krisenstabes der Landesregierung rund 300 Kubikmeter Wasser pro Sekunde geströmt. Ein Ende war nicht abzusehen. Immer mehr Ortschaften mussten geräumt werden, Tausende Menschen sind betroffen. Häuser ragen vielerorts wie Inseln aus den Fluten. Hubschrauber stopfen nun die letzten Lücken mit Sandsäcken.
Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), sagte nach der Sprengung: "Es war eine extrem schwierige und gewagte Aktion. Aber wir mussten handeln und das Menschenmögliche versuchen, um die Wassermassen aufzuhalten. „So eine Aktion haben wir vorher noch nicht gemacht“, sagte Kapitän Thomas Peter der Nachrichtenagentur dpa. „Aber wahnsinnig sind wir nicht. Wir konnten es halbwegs einschätzen.“ Laut Körbi hatte man nichts zu verlieren, im schlimmsten Fall würden nach dem Hochwasser zwei gesprengte Lastkähne in der Landschaft stehen.
Weg für abfließendes Wasser freigesprengt
Weiter südlich versuchten Einsatzkräfte derweil mit aller Gewalt, das Gegenteil zu erzielen. Gleich zweimal wurde der Saale-Deich bei Breitenhagen gesprengt. Durch die entstandene rund 60 Meter breite Öffnung liefen die gewaltigen Wassermassen, die die Region überflutet haben, nun schneller zurück in den Fluss, hieß es.

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Breitenhagen an der Elbe steht immer noch meterhoch unter Wasser
Allgemein entspannte sich die Hochwasserlage aber langsam. Der Pegel in Wittenberge im Nordwesten Brandenburgs erreichte am Sonntagmittag 6,88 Meter. Beim historischen Höchststand vor einer Woche lag er bei 7,85 Metern. Auch die Pegelstände der Flüsse in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gingen allmählich zurück. In Magdeburg, wo die Alarmstufe Vier bereits seit Freitag nicht mehr gilt, entsorgten Hunderte Helfer unzählige Sandsäcke.
Zum Gesamtausmaß der Schäden traut sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) noch keine Schätzung zu. GDV-Präsident Alexander Erdland sagte aber: „Wir müssen davon ausgehen, dass der Schaden durchaus höher sein kann als bei der Elbe-Flut 2002.“ Damals summierten sich die Schäden für die Branche auf rund 1,8 Milliarden Euro.
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