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Nichts für schwache Nerven

Hochspannung garantiert: Mit den Krimis der Saison - von aktuellen Neuerscheinungen bis zu historischen Thrillern, von packender Stangenware bis zu ungewöhnlichen Erstlingswerken - dürften die Nerven heuer am Strand wieder blankliegen.

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Kommissarin Lund - mehr als die TV-Serie

Die Vorzeichen für „Das Verbrechen“ waren nicht gut. Ein Buch nach einer Fernsehserie, die jeder kennt? Und dennoch: Dem Autor David Hewson ist das Bravourstück gelungen, einen unpeinlichen Pageturner sondergleichen aus dem Ausgangsmaterial rund um Kommissarin Lund zu modeln, der sich noch dazu inhaltlich von der Serie genug unterscheidet, um selbst für Fans bis zur letzten Seite spannend zu bleiben. Ein Mädchen wird ermordet, und viele Spuren führen zur Politszene Kopenhagens. Lund stürzt sich in den Fall - und riskiert, ihre Familie zu verlieren.

David Hewson, Soren Sveistrup: Das Verbrechen. Kommissarin Lunds 1. Fall. Zsolnay, 799 Seiten, 22,60 Euro.

Krimi-Bücher

ORF.at/Zita Köver

Ein Wien-Krimi, kein Österreich-Krimi

Im österreichischen Krimi hat sich ein rustikal-ironischer Tonfall durchgesetzt, der mittlerweile nicht wenige Leser nervt. Dass es auch ganz anders geht, beweist Christian David mit seinem glasklaren Kriminalroman „Mädchenauge“. Eine aufstrebende Wiener Staatsanwältin muss eine Serie von Morden an jungen Frauen aufklären, durch die eine Sicherheitskampagne der wahlkämpfenden Stadtpolitiker konterkariert wird. Höchste Spannung, Wien als lebendige Stadt, eine „straighte“ Sprache: Der Autor David kann mit seinem Debütroman locker mit internationalen Vorbildern des Genres mithalten.

Christian David: Mädchenauge. Deuticke, 461 Seiten, 20,50 Euro.

Gediegene Spannung mit Kay Scarpetta

Hoffmann und Campe legt einen Kay-Scarpetta-Roman von Patricia Cornwell neu auf: „Blinder Passagier“. Das Buch ist mittlerweile ein Klassiker rund um die Gerichtsmedizinerin Scarpetta, die stets ihre Befugnisse überschreitet und mehr ermittelt als jeder Ermittler. Diesmal gibt ein Toter in einem Container im Hafen Rätsel auf. Er verbindet Frankreich und die USA - und in beiden Ländern geschehen seltsame Morde. Der Verdacht fällt auf einen Sonderling mit verwandtschaftlichen Verbindungen zur Mafia. Scarpetta begibt sich mehr und mehr in Gefahr. Gediegene Spannung, wenn auch nicht Cornwells bestes Buch.

Patricia Cornwell: Blinder Passagier. Ein Kay-Scarpetta-Roman. Hoffmann und Campe, 444 Seiten, 10,30 Euro.

Serbisch-deutsches Autorenduo

Man muss sich nicht besonders weit aus dem Fenster lehnen, wenn man behauptet, Jelena Volic und Christian Schünemann seien das erste serbisch-deutsche Autorenduo, das gemeinsam an einer serbischen Krimiserie schreibt. Nun ist der erste Band rund um die Juristen Milena Lukin und Sinisa Stojkovic erschienen: „Kornblumenblau“. In aufgeräumter Sprache wird die Story rund um zwei junge Soldaten erzählt, die sich umgebracht haben sollen. Die Zweifel daran erweisen sich als handfest. Lukin begibt sich in allergrößte Gefahr.

Christian Schünemann und Jelena Volic: Kornblumenblau. Ein Fall für Milena Lukin. Diogenes, 363 Seiten, 20,50 Euro.

Packend, aber nicht vor Blut triefend

Die Autorin Claudia Rusch ist an der deutschen Ostseeküste aufgewachsen - und dort hat sie auch ihren ersten Krimi angesiedelt, „Zapotek und die strafende Hand“, selbstbewusst untertitelt mit „Der erste Fall“. Für ein Erstlingswerk war das Medienecho jedenfalls bereits beachtlich. Außerdienstlich ermittelt der Kommissar und verhinderte Aussteiger Zapotek, als der Mieter seines Hauses erhängt aufgefunden wird. Was folgt, ist ein Krimi, der packend ist - obwohl er nicht vor Blut trieft.

Claudia Rusch: Zapotek und die Strafende Hand. Der erste Fall. Mare, 287 Seiten, 15,40 Euro.

Krimi-Bücher

ORF.at/Zita Köver

Machenschaften im Dreiländereck

Veit Heinichen schickt seinen aus Funk und Fernsehen bekannten Commissario Proteo Laurenti in „Im eigenen Schatten“ wieder in den Kampf gegen das Böse. Der Triestiner Heinichen ist dabei wie stets bemüht, die Untiefen der menschlichen Gesellschaft im Allgemeinen und im Dreiländereck Slowenien-Italien-Österreich im Besonderen abzubilden. Diesmal explodiert die Cessna eines ehemaligen Südtiroler Politikers und Unternehmers am Himmel - und ein späterer Goldraub scheint damit in Verbindung zu stehen. Jeder steckt mit jedem unter einer Decke: Politik, Wirtschaft, organisiertes Verbrechen. Solide Krimi-Stangenware mit kritischem Anspruch.

Veit Heinichen: Im eigenen Schatten. Zsolnay, 334 Seiten, 20,50 Euro.

Ein Partymord im historischen Krimi

In den letzten Jahren wurde der 2010 verstorbene Autor Szilard Rubin wiederentdeckt. Nun wurde auch ein Krimi von ihm erstmals auf Deutsch übersetzt: „Die Wolfsgrube“ aus dem Jahr 1973. Gleichzeitig großer Gesellschaftsroman und Thriller wird beim Wiedersehen von sechs Jugendfreunden und dazugehöriger „Mörderspielparty“ tatsächlich eine Frau getötet. Der Geheimdienst scheint seine Hände im Spiel gehabt zu haben. Von einer Mischung aus Agatha Christie und Genreroman sprach die „Frankfurter Allgemeine“, gewürzt mit viel historischem und lokalen Kolorit.

Szilard Rubin: Die Wolfsgrube. Rowohlt, 204 Seiten, 18,50 Euro.

Simon Hadler, ORF.at

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