Der Leser wird entführt
Die Romane dieser Saison entführen den Leser in die Vergangenheit, spucken ihn in der Gegenwart wieder aus, führen ihn nach Haiti, Somalia und sogar Kärnten und lassen nicht einmal das Reich der Toten ruhen.
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Ruppig, verrückt, liebenswert
Manchen Büchern merkt man an, dass ihr Autor sie mit besonderer Liebe für die Leser geschrieben hat. Grob und ruppig, verrückt und liebenswert fabuliert der Finne Tuomas Kyrö in „Bettler und Hase“ über die Geschichte eines rumänischen Rom. Vatanescu geht in den Westen, nach Finnland, um das Geld für ordentliche Fußballschuhe für seinen Sohn zusammenzubekommen. Doch dann bekommt ihm als Bettler der Widerstand gegen die Russen-Mafia nicht gut. Phantasievoll und lustig entfaltet sich die Story, deren überraschende Entwicklung hier nicht vorweggenommen werden soll.
Tuomas Kyrö: Bettler und Hase. Hoffmann und Campe, 318 Seiten, 20,60 Euro.

ORF.at/Zita Köver
Saturierte Kreativgewinnler
Den schönen Schein gibt es nicht nur bei den bürgerlichen Reichen und Schönen, sondern längst auch bei den saturierten Kreativgewinnlern in Wiens Bobovierteln. Unter die hat Doris Knecht ihre Hauptprotagonistin Antonia Pollack gemischt. Antonia trägt ihr Packerl aus Wahnsinn, Schuld und Trauma mit sich herum und ist sich sehr sicher, nicht dazuzugehören, auch wenn ihr der Architektenehemann und das Kleinfamilienleben Schutz vor ihren Dämonen zu geben scheinen. An eine satirische Lifestyle-Geschichte denkt man nur auf den ersten Seiten - dann schlägt Knecht mit aller Wucht zu. Ein starkes Buch, ein packender Roman.
Doris Knecht: Besser. Rowohlt Berlin, 288 Seiten, 20,60 Euro.
Ein Familienroman mit Tarantino-Elementen
Peter Buwalda wurde in den Niederlanden gefeiert für seinen Debütroman „Bonita Avenue“. In Eschede explodiert eine Feuerwerksfabrik - und gleichzeitig erodieren Leben und Familie des beliebten Universitätsrektors Siem Sigerius. Seine Stieftochter erkennt er auf Pornofotos wieder, sein ungeliebter Sohn wird aus dem Gefängnis entlassen. Und dann entwickeln sich die Dinge „from bad to worse“, wie die Briten sagen würden, bis hin zur Eskalation, die sich Quentin Tarantino gemeinsam mit den Coen-Brüdern hätte ausdenken können. Schließlich sprengt das Buch den Rahmen eines Familienromans. Vor allem die kraftvolle Sprache Buwaldas fesselt den Leser bis zur letzten Seite.
Peter Buwalda: Bonita Avenue. Rowohlt, 639 Seiten, 25,70 Euro.
Piräus, existenziell
Es ist nicht schwer, sich von den widersprüchlichen Hiobsbotschaften, Kommentaren und Analysen aus und zum Dauerkrisenland Griechenland entnervt abzuwenden. Genau das ist der beste Moment, um zu Christos Ikonomous „Warte nur, es passiert schon was“ zu greifen. Der 43-jährige Autor aus Piräus schreibt schnörkellos und lakonisch vom Leben der sogenannten kleinen Leute um ihn herum. „Komm Elli, füttere das Schweinchen“ heißt die erste seiner Erzählungen, die Ikonomou als einen Schriftsteller auszeichnen, der mit wenigen Pinselstrichen einen Menschen und eine Welt entstehen lassen kann. Sicher, Ikonomous Geschichten könnten auch in Palermo oder Riga spielen, doch austauschbar sind sie nicht.
Christos Ikonomou: Warte nur, es passiert schon was. C. H. Beck, 255 Seiten, 20,60 Euro.
Das Konzentrat des Lebens
„Zu leben ist ja viel komplizierter, als tot zu sein“, meint der Ich-Erzähler, der wie der Autor David Wagner unter einer angeborenen Autoimmunhepatitis leidet. Unzählige Male war der Ich-Erzähler in Krankenhäusern, hat sich untersuchen und testen lassen. Er weiß, dass nur eine baldige Lebertransplantation sein Überleben sichern kann. Während er auf die Operation wartet, beschreibt er das Umfeld im Krankenhaus, erinnert sich an wichtige Momente in seinem Leben und denkt an die Dinge, die das Leben ausmachen. Übrig bleibt das Konzentrat des Lebens. Zu Recht wurde „Leben“ mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2013 ausgezeichnet.
David Wagner: Leben. Rowohlt, 288 Seiten, 20,60 Euro.
„Wir wollen, was ihr habt!“
John Lanchester liefert mit „Kapital“ einen beeindruckenden Gesellschaftsroman über das Großstadtleben in der Finanzkrise. Der simple, schlaue Titel beinhaltet beides: Geld und die Hauptstadt (engl. „capital“). Und das ist auch schon die knappste Inhaltsangabe dieses spannenden und unterhaltsamen Romans: Mehrere Leute wollen in London ihr Kapital vermehren. Alle leben oder arbeiten sie in der fiktiven Pepys Road in London und allen gemein ist ihre Sehnsucht nach einem glücklichen Leben, manche finden das vermeintlich nur im Reichtum. Lanchester gelingt es, die multikulturelle Großstadtgesellschaft abzulichten. Verständlich zeigt er die Folgen von Gentrifizierung auf und beschreibt die Kluft zwischen Arm und Reich, ohne dabei wertend zu werden.
John Lanchester: Kapital. Klett-Cotta, 682 Seiten 25,70 Euro.
Die Diktatur des Konsums
Die Menschen werden „Helden“ genannt und sind das Topprodukt von „Hümania“, dem neuen Großmarkt am Wiener Stadtrand. Hier kann man Menschen nicht nur einfach kaufen, sondern lebenslang besitzen. Es sind Migranten, Arbeitslose, Obdachlose, Verschuldete: „Hümania“ bietet ihnen eine zweite Chance und ein neues Zuhause. Wichtig dabei ist ein gelungener Werbetext, weiß Autor Jan Kossdorff, der selbst als Werbetexter arbeitet. Im Roman muss Caro die Menschen interviewen und ihre Profile erstellen. Im Mittelpunkt dieser Utopie steht die Diktatur des Konsums. Und die ist gnadenlos.
Jan Kossdorff: Kauft Leute, Milena, 256 Seiten 21,90 Euro.
Der Roman zur Waldheim-Ära
Robert Schindel durchpflügt in „Der Kalte“ ein dunkles Kapitel der österreichischen Geschichte: die Ära Kurt Waldheim. Der Autor verwebt seine Charaktere und ihre Schicksale gekonnt, wobei dem KZ-Überlebenden und beständigen Mahner Fraul eine zentrale Rolle zukommt. Es war eine Zeit des Umbruchs, Schindels literarische Aufarbeitung ist lohnend. Das Buch wurde allerorten gelobt: Der „Standard“ etwa schrieb über „Der Kalte“ und den Vorgängerroman „Gebürtig“: „Beide Bücher geben ein vielschichtiges, literarisch wie gesellschaftlich interessantes Bild jener Bruchjahre, die bis heute ‚unsere Gegenwart durchdringen‘.“
Robert Schindel: Der Kalte. Suhrkamp, 665 Seiten, 25,70 Euro.
Das Leben einer Frau: ein Rollenspiel
Hoch gelobt wurde auch - vollkommen zu Recht - Eva Menasses Buch „Quasikristalle“. In dreizehn Kapiteln wird das Leben von Xane erzählt, immer aus verschiedenen Perspektiven, immer unterschiedliche Aspekte des Lebens im Blick. Einmal ist sie Freundin einer Gleichaltrigen, pubertierend und erste Drogenerfahrungen sammelnd. Später ist sie Mutter, dann Geliebte, am Ende Großmutter - das Leben ist ein Rollenspiel. Das Buch ist eine Biografie in Fragmenten und dadurch gleichzeitig realitätsnäher als jede chronologische Erzählung, die Stringenz insinuiert, wo es keine gibt.
Eva Menasse: Quasikristalle. Kiepenheuer und Witsch, 430 Seiten, 20,60 Euro.

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Amos Oz unter Kibbuzfreunden
Amos Oz kehrt mit „Unter Freunden“ in jene längst vergangene Welt der Kibbuzim zurück, die sein Leben und seine Haltung prägte - und das Israel der 1950er bis 1970er Jahre wesentlich bestimmte. Mit kurzen Porträts von Mitgliedern des fiktiven Kibbuz Jikhat eröffnet Oz ebenso einfühlsame wie authentische Einblicke in jene Welt, die jenseits der Ideologie der - noch - alles dominierenden gerechten, sozialistischen Gesellschaft die Menschen oft orientierungs- und sprachlos zeigt, wenn es um ihre persönlichen Bedürfnisse geht. Wehmut, Engagement und Ernüchterung durchziehen Oz’ Geschichten, in denen er zeigt, dass selbst großartige Ideen im Alltag zerrieben werden.
Amos Oz: Unter Freunden. Suhrkamp, 219 Seiten, 19,50 Euro.
Ganz schön stressig, der Hype
„Sag Ja zu Österreich“ heißt Fabian Faltins neuer Roman, das Cover ziert ein röhrender Hirsch - wertkonservatives Bekenntnis drei junger Österreicher, die ihrer Wahlheimat Berlin den Rücken gekehrt haben und heimgekehrt sind? Natürlich nicht, wissen alle, die Faltin kennen. Vielmehr erzählt der Autor, verspielt bis versponnen, von der Lust und der Last der österreichischen Provinz, mit der die drei Berlin-gehärteten Protagonisten nun wieder klarkommen müssen - und von der vertrackten Coolness und dem Hype der deutschen Hauptstadt. Immer ein Teil der Szene sein zu wollen, das kann verdammt anstrengend sein, erfahren Jakob, Conny und Rolf, vor allem wenn das Geld knapp ist.
Fabian Faltin: Sag Ja zu Österreich. Milena, 258 Seiten, 18,90 Euro.
Tiefschwarzer Blick auf die Welt
Für ihn war Österreich eine „Anhäufung der Rührseligkeit und Hinterfotzigkeit“. Den Rechtsanwalt und Schriftsteller Albert Drach, geboren 1902 in Wien und gestorben 1995 in Mödling, haben die Angriffe auf seine Person, gefolgt von der Arisierung seines Besitzes, ins Exil getrieben. In seinen Schriften zerdehnt er die erzählte Zeit durch einen kunstvoll auf die Spitze getriebenen Protokollstil. Der Zsolnay-Verlag arbeitet seit Jahren an einer Gesamtausgabe der Werke Drachs, deren siebenter Band nun erschienen ist. Für Drachs Texte muss man sich Zeit nehmen, dann wird man in seinen höchst eigenartigen Kosmos heftig hineingezogen.
Albert Drach: Amtshandlung gegen einen Unsterblichen. Zsolnay, 351 Seiten, 25,60 Euro.
Wenn es die Weltkriege nicht gegeben hätte
Der „Anschluss“ 1939 - das ist bei Hannes Stein die Heimholung Polens ins österreichische Kaiserreich. In seinem Roman „Der Komet“ haben Erster und Zweiter Weltkrieg nicht stattgefunden. Die USA wurden nicht zur Kultur- und Weltmacht, die sie heute sind. Europa ist das Zentrum des Geisteswesens. Stein hat die jüdische Kultur, die Psychoanalyse, die ganze Welt des Vorkriegs-Wien wie in einer Zeitreise ins Heute weitergedacht. Es ist ein geistreicher, literarisch-historischer Schelmenstreich, den sich Stein hier erlaubt.
Hannes Stein: Der Komet. Galiani Berlin, 271 Seiten, 19,60 Euro.
Erinnerungslinien, die sich kreuzen
Knapp 700 Seiten nimmt sich Elliot Perlman Zeit, um in seinem Roman „Tonspuren“ die Erinnerungslinien des Holocaust kunstvoll mit jenen des Rassismus gegen Schwarze in den USA kreuzen zu lassen. Ein junger afroamerikanischer Ex-Häftling, ein Holocaust-Überlebender und ein Unidozent in Geschichte werden in einem Duktus und Plot, die ein wenig an den jungen, intellektuellen Autor Teju Cole erinnern, ein wenig an Jonathan Franzen, sinnierend zusammengeführt. Ein intelligenter, intensiver Roman, bisweilen jedoch geraten die Verstrickungen allzu gewollt kunstvoll - zumal bei derart ernsten Themen. Aber schließlich hat Perlman, der 2008 mit „Sieben Seiten der Wahrheit“ für Furore sorgte, sechs Jahre lang für „Tonspuren“ recherchiert.
Elliot Perlman: Tonspuren. DVA, 694 Seiten, 25,70 Euro.
Josef Winklers dunkler Textschwall
„Medizinmänner kamen und schlossen Schläuche an meine Halsschlagader, Mutter, Mutter, rief ich, töt mich du, nicht jemand anderer, Mutter, Mutter, töt mich du.“ In einem rauschhaften Schreibanfall verfasste der junge Josef Winkler einen knapp 110-seitigen Textschwall, dunkel, bilderreich, voll von angstschwangeren Alptraumgedanken einer Kärntner Kindheit. Nun, zu seinem 60. Geburtstag, hat Suhrkamp den Text erstmals als Buch veröffentlicht. Damals war er in der Literaturzeitschrift „Manuskripte“ veröffentlicht worden.
Josef Winkler: Wortschatz der Nacht. Suhrkamp, 110 Seiten, 15,50 Euro.

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Mit 35 erst das Leben planen
Mit 35 sollte man schon wissen, wo man hin will im Leben, wenn man denn nicht schon dort ist. Aber eine ganze Generation hadert mit sich selbst - und Peter Truschner hat ihr mit seinem Roman „Das fünfunddreißigste Jahr“ ein Denkmal gesetzt. Kind und Karriere oder doch ein Leben im bohemienhaften Widerstand - Truschners Hauptprotagonist kann sich nicht entscheiden, wobei er zu viel mit der Vergangenheit hadert, um die Zukunft in die Hand zu nehmen. Mit unglaublicher Lust am Spiel mit der Sprache zieht Peter Truschner den Leser in den Strudel seiner Figuren. Seine Themen sind „Lifestyle“, gleichzeitig aber ernst - wenn er sie auch hin und wieder mit bösartigem Humor abhandelt.
Peter Truschner. Das fünfunddreißigste Jahr. Zsolnay, 238 Seiten, 19,50 Euro.
Geklaute Worte, geklauter Ruhm
Marlen Schachinger ist mit allen Wassern des Literaturbetriebs gewaschen, nicht umsonst leitet sie gemeinsam mit Arno Aschauer das Wiener Institut für Narrative Kunst. Nun setzt die vielfach preisgekrönte österreichische Schriftstellerin ihr Wissen für einen virtuos konstruierten Roman ein. Darin scheint sich in konzentrischen Kreisen die Schlinge um den Hals eines Erfolgsautors zuzuziehen. Er hatte sich seinen Erfolg mit erklauten Manuskripten erfolgloser Schriftsteller ergaunert. Viele Jahre später holt ihn die Vergangenheit ein - in Form eines Poetikstudenten, der mehr weiß, als dem Literaturstar lieb sein kann. Die Handlung schlägt eine Volte nach der anderen und verschont weder die Protagonisten noch den selbstverliebten Literaturbetrieb.
Marlen Schachinger: denn ihre Werke folgen ihnen nach. Otto Müller Verlag, 266 Seiten, 20 Euro.
Durchschnittsdeutsches Familienunglück
Heinz Strunk ist längst eine Kunstfigur, als Komiker (Studio Braun), als Literat („Fleisch ist mein Gemüse“), als öffentliche Person (mit ambitionierten Outfits). Geboren wurde er 1962 als Mathias Halfpape, und nun hat die Kunstfigur Strunk einen Roman über die Kindheit und frühe Jugend eines gewissen Mathias Halfpape geschrieben. Durchschnittsdeutsches Familienunglück in drei Querschnitten - einmal mit sechs, einmal mit zehn, einmal mit vierzehn Jahren - präsentiert Strunk hier, sprachlich ein wenig dem jeweiligen Alter angepasst, mal traurig, mal lustig, mal drastisch.
Heinz Strunk: Junge rettet Freund aus Teich. Rowohlt, 383 Seiten, 20,60 Euro.
Mit Bernhard in der Schreibwerkstatt
„Frost“ war Thomas Bernhards Durchbruch. Aber vorher hatte er bereits zwei Fragmente verfasst, „Leichtlebig“ und „Argumente eines Winterspaziergängers“. Sie wurden im Abstand von nur wenigen Monaten verfasst. In dieser kurzen Zeit und dann bis zur Fertigstellung von „Frost“ muss Bernhard zu seiner Sprache gefunden haben. Die Entwicklung lässt sich klar an den beiden nun vom Suhrkamp Verlag vorgelegten Geschichten nachzeichnen.
Thomas Bernhard: Argumente eines Winterspaziergängers. Zwei Fragmente zu „Frost“. Suhrkamp, 149 Seiten, 19,50 Euro.
Piraten aller Art
„Gekapert“ ist der Titel des neuen Romans von Nuruddin Farah. Hintergrund ist das Piratenunwesen vor der Küste Somalias, in den vergangenen Jahren brachten Piraten immer wieder Schiffe in ihre Gewalt. Farah schreibt aber nicht nur darüber, sondern auch über die Zerstörung Somalias mit internationaler Unterstützung, über die Gewalt der islamistischen Al-Schabaab-Miliz, die Konflikte zwischen Warlords und Clans, kriminellen Banden und Supermächten, die auf dem Rücken der somalischen Bevölkerung ausgetragen werden. Ein aufrüttelnder, fesselnder Roman mit einprägsamen Bildern - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Nuruddin Farah: Gekapert. Suhrkamp, 464 Seiten, 27,80 Euro.

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Kracauer, ein unentschlossen Wandelnder
Suhrkamp hat Siegfried Kracauer 1928 erschienenen Roman „Ginster“ neu aufgelegt. Mit dem Namen Ginster hatte Kracauer zuvor einige seiner Texte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gezeichnet. Und auch sonst ist das Buch autobiografisch durchsetzt. Es spiegelt die ambivalente Haltung Kracauers gegenüber dem Ersten Weltkrieg wider. Ginster, die Hauptfigur, ist ein unentschlossen Wandelnder, einer der sich der Ablehnung vielem gegenüber weit sicherer ist als der Frage, was er mit sich und seinem Leben anfangen soll. Ginster würde hervorragend in die heutige Zeit passen.
Siegfried Kracauer: Ginster, Suhrkamp, 342 Euro, 23,60 Euro.
Ein Ritt durch den freien Raum
Ein Autor im Assoziationsrausch: Hans Christoph Buch hat ein außergewöhnliches Buch geschrieben, und die Frankfurter Verlagsanstalt hat es mit einem außergewöhnlich guten Cover versehen. In „Baron Samstag oder das Leben nach dem Tod“ reitet Buch in mehreren Erzählungen quer durch die eigene Biografie, durch Deutschland und Haiti, durch das Reich der Lebenden und das der Toten, durch Geschichte und Gegenwart. Er besucht dabei nicht wenige Schriftsteller und historische Figuren. Keine Angst vor der freien Form: Das Buch ließt sich großartig.
Hans Christoph Buch: Baron Samstag oder das Leben nach dem Tod. Frankfurter Verlagsanstalt, 255 Seiten, 20,50 Euro.
Mut zum Experiment
Keine Frage, es geht noch experimenteller. Die junge österreichische Autorin Isabella Breier erzählt die Geschichte von zwei zerstrittenen Freundinnen, die nicht zueinander finden können, aus der Doppelperspektive. Das Buch kann man von hinten oder vorne lesen, im Kippformat, einmal folgt man Priska, einmal Philina. Gegengeschnitten wird die Geschichte dann noch mit der griechischen Mythologie. Die gesprochene und gedachte Sprache bleibt fragmentarisch, dazwischen blitzt großer Humor hervor. Breier traut sich was. Trauen sich auch die Leser?
Isabelle Breier: Prokne & Co. Kitab, 300 Seiten, 16 Euro.
Simon Hadler, Alexander Musik, beide ORF.at; Zita Bereuter, fm4.ORF.at
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