Spenden „vor meiner Zeit“
Ein kritischer Bericht des Rechnungshofs (RH) zum Wiener Stadterweiterungsfonds und päpstlichen Orden für Beamte im Innenministerium sorgt für ein schiefe Optik - und vielleicht für ein rechtliches Nachspiel. Grund ist der laut Ö1 im Raum stehende Verdacht der Untreue. Konkret geht es um die Vergabe von Spenden. Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) weist die Vorwürfe zurück.
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Aus dem Stadterweiterungsfonds, der dem Innenministerium untersteht, seien nach dem Verkauf von Liegenschaften zwischen 2005 und 2011 insgesamt rund 3,8 Millionen Euro für unterschiedliche - wissenschaftliche, karitative, religiöse „und sonstige“ - Zwecke gespendet worden, heißt es in dem RH-Bericht. Von einer Spendensumme von zwei Mio. Euro, die vor einer Änderung der Satzungen des Fonds (2009) lockergemacht worden seien, seien allerdings „rund 916.100 Euro bzw. 45,9 Prozent satzungswidrig“ verwendet worden. Nach 2009 seien es nochmals 181.500 Euro gewesen. „Dies deckte sich nicht mit dem Willen des Fondsgründers.“
Nicht im Sinne des Erfinders
Dieser, Kaiser Franz Josef I., habe - wie der Name des Fonds besagt - die Stadterweiterung im Sinn gehabt. Erst vor einigen Jahren sei dann der Zweck „auf Bauten auch außerhalb (...) Wiens sowie auf Institutionen und Projekte zum Wohle des Gesellschaft und Stärkung des sozialen Friedens“ ausgeweitet worden. Allerdings seien auch Spendengelder ins Ausland geflossen, laut RH ebenfalls nicht im Sinne des Erfinders. Zu einem guten Teil profitierten laut Ö1 katholische Projekte - mehr dazu in oe1.ORF.at.
In ein eigenes Licht rückt damit auch die Vergabe von katholischen Orden an vier Ministeriumsbeamte im Vorjahr. Es handelte sich dabei um das „Ritterkreuz des päpstlichen Silvesterordens“ und damit „um den fünfthöchsten Orden für Verdienste um die römisch-katholische Kirche und um eine der höchsten Auszeichnungen, die der Papst an Laien vergibt“, hieß es dazu in einer Aussendung des Innenministeriums.
Papstorden doch nicht von Ministerin verliehen
Ressortchefin Mikl-Leitner war, wie sie am Dienstag im Ö1-Mittagsjournal sagte, damals dabei anwesend, betonte aber, die Orden nicht selbst überreicht zu haben, wie es zuvor geheißen hatte. Das habe Kardinal Christoph Schönborn getan. Die Gründe für die Ordensverleihung könne nur Rom beantworten. Die Aussendung des Ministeriums wurde am Dienstag nachträglich korrigiert.
Überhaupt sei man stets korrekt vorgegangen, die Anzeige habe wohl mit dem kommenden Nationalratswahlkampf zu tun. Sie gehe davon aus, dass alle Spenden satzungskonform verwendet worden seien, so Mikl-Leitner gegenüber Ö1. Das sei jedes Jahr von einer Wirtschaftsprüfungskanzlei geprüft worden. All das seien außerdem Spenden „vor meiner Zeit“. An der Unterstützung von karitativen und religiösen Organisationen sei „per se“ nichts Schlechtes, „wer kann da was dagegen haben?“, so Mikl-Leitner. Sie ist seit April 2011 Innenministerin - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Halten die Vorwürfe?
Der Vorwurf der Untreue könne durchaus halten, lautete am Dienstag die Einschätzung des Innsbrucker Strafrechtsexperten Klaus Schwaighofer. „Das kann durchaus den Vorwurf der Untreue rechtfertigen. Im Jahr 2008, also noch vor der Satzungsänderung, ist offensichtlich satzungswidrig einiges Geld gespendet worden, was mit Bauprojekten gar nichts zu tun hat“, sagte er gegenüber Ö1 - mehr dazu in oe1.ORF.at. Der RH hält den Stadterweiterungsfonds in seiner Form mittlerweile an sich für einen Anachronismus. Man habe deshalb bereits 1961 dessen Auflösung empfohlen, da die „ursprüngliche Aufgabe längst erfüllt war“.
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