Zu wenig Betriebsversammlungen?
Im Streit um Betriebsversammlungen beim Reinigungsriesen Kärcher soll es voraussichtlich Ende Juli eine Entscheidung geben. Ein entsprechender Termin ist für den 24. Juli angesetzt. Die IG Metall will das Betriebsratsgremium am Stammsitz des Unternehmens in Winnenden (Baden-Württemberg) per Gerichtsentscheid auflösen lassen, weil es zu wenige Betriebsversammlungen einberuft.
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Gesetzlich sind vier Versammlungen pro Jahr vorgeschrieben, Kärcher hält nur eine ab. Kärcher hatte das im Februar bestätigt. Zugleich wurde aber betont, Beschäftigte würden schriftlich über wichtige Entwicklungen informiert. Zudem gebe es regelmäßig Befragungen zur Zufriedenheit der Mitarbeiter. „Der Betriebsrat ist eigentlich sehr kommunikativ“, hieß es. Bei Kärcher beobachtet man das gerichtliche Vorgehen der IG Metall mit Argusaugen. Geschäftsführer Hartmut Jenner sagte, seit Beginn des Verfahrens habe er eine Flut von E-Mails erhalten. „Die Mitarbeiter wehren sich“, heißt es vonseiten des Geschäftsführers.
„Mit Gewerkschaften nichts am Hut“
Auch der betroffene Betriebsrat des Reinigungsspezialisten setzte sich gegen die Gewerkschaft IG Metall zur Wehr. „Seit 78 Jahren haben wir mit Gewerkschaften nichts am Hut“, sagte Gesamtbetriebsratschef Hans-Jörg Ziegler Mitte April während eines Gütetermins vor dem Arbeitsgericht in Stuttgart. Mitarbeiter würden über Aushänge, Intranet und Abteilungsversammlungen informiert, erklärte der Betriebsrat.
Nach der Meinung des Betriebsratschefs geht es „um etwas anderes“. Die Gewerkschaft wolle in dem Familienbetrieb an Einfluss gewinnen. Es habe nie den Wunsch aus der Belegschaft gegeben, mehrere Betriebsversammlungen abzuhalten. Nicht nur die Geschäftsführung, auch der Gesellschafter Johannes Kärcher, der Sohn des Unternehmensgründers, habe ein offenes Ohr für die Belange der Mitarbeiter.
„Wollen Kontakt zum Unternehmen herstellen“
Ob das dem Gericht ausreicht, ist dennoch fraglich: „Informationen durch andere Kanäle wiegen nicht die Betriebsversammlung auf“, stellte der Richter zuletzt fest. Bei der IG Metall räumt man unterdessen offen ein, dass es auch darum geht, mehr bei Kärcher mitzureden. Der Hersteller von Staubsaugern und Hochdruckreinigern ist bisher nicht an den Tarifvertrag gebunden. „Wir wollen Kontakt zu dem Unternehmen herstellen“, sagte der örtliche IG-Metall-Bevollmächtigte Matthias Fuchs.
Der Richter forderte den Kärcher-Betriebsrat vergeblich auf, sich in einer Erklärung zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu verpflichten. „Sie kommen in ein schwieriges Fahrwasser“, warnte er die Arbeitnehmervertreter. Ob es am 24. Juni tatsächlich einen Richterspruch gibt, ist freilich ungewiss, schließlich war der zuständige Richter im April noch davon ausgegangen, dass das Verfahren durch weitere Instanzen gehen wird.
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