Österreich bleibt das Prinzip Hoffnung
Die Zeit für die geplante Einführung der Finanztransaktionssteuer (FTS) per 1. Jänner 2014 wird knapp. Das räumen die Finanzsprecher der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP ein. Wie Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) hoffen sie auf ein Zustandekommen der Regelung - trotz deutscher Skepsis und heftigem Lobbying der Banken gegen die Steuer. Geldhäuser laufen seit Monaten Sturm gegen die Steuer, weil sie Milliardenlasten befürchten.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Sollten die Mittel nicht wie geplant ins Budget einfließen, schlägt SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer vor, die Verursacher der Finanzkrise für die verspätete Einführung zur Kasse zu bitten. Im Ö1-Mittagsjournal am Freitag wehrte er sich dagegen, dass die „breite Masse“ die Budgetlücke schließen soll. Allerdings klingt die Forderung mehr nach anstehendem Wahlkampf als nach einer Option mit Verwirklichungschance.
Krainer will nicht, dass eine etwaige Budgetlücke durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gefüllt wird. Wenn die Finanztransaktionssteuer erst ein halbes Jahr oder Jahr später eingeführt werde, solle die Finanzindustrie ihren Beitrag leisten, so Krainer. Er verweist jedoch darauf, dass man „erst dann über die Brücke“ gehen soll, wenn man dort ist.
Stummvoll: „Noch ist nichts verloren“
„Das wird sehr knapp.“ Aber die FTS sei noch keinesfalls verloren, meinte sein ÖVP-Pendant Günter Stummvoll. Von Beginn an habe es sich aufgrund der unterschiedlichen Interessen um einen „sehr schwierigen Prozess“ gehandelt, rechnet er damit, dass noch weitere Überzeugungsarbeit notwendig ist: „Der Teufel steckt im Detail.“ Die deutsche Zurückhaltung nun sei aber doch „überraschend“ gekommen.
Das österreichische Budget sieht ab 2014 jährlich 500 Mio. Euro an Einnahmen durch die FTS vor. Von Verantwortungslosigkeit bei diesen Annahmen könne aber keine Rede sein, meinte Stummvoll auf eine entsprechende Frage. Sollten nun die Mittel aus der FTS doch nicht fließen, müsse es „wider Erwarten“ doch zu „Umschichtungen“ kommen, räumte Stummvoll ein.
Der grüne Budgetsprecher Werner Kogler sieht jetzt die Bundesregierung gefordert. Diese könne nun nicht zusehen, wie die Pläne für die Einführung in anderen Ländern durch Lobbys „perforiert“ werden, betonte er am Freitag. Den lauter werdenden Zwischenrufen der Finanzlobby dürfe man sich nicht beugen, forderte Kogler.
Wien hofft, Berlin taktiert
Im Finanzministerium geht man davon aus, dass die Mittel wie budgetiert fließen werden. Die deutsche Bundesregierung hatte Anfang dieser Woche erklärt, man wolle die Steuer zwar weiter einführen, nehme aber auch die Einwände sehr ernst, damit es nicht zu zusätzlichen Problemen im europäischen Bankensektor kommt.
Emer Traynor, Sprecherin des EU-Steuerkommissars erklärte am Freitag im Ö1-Morgenjournal: „Die Einführung 2014 wäre noch machbar, wohl aber kaum wie geplant am 1. Jänner. Wenn sich der Bankensektor derart aufregt, dann beweist das doch, dass wir mit unserem Vorschlag richtig liegen. Jene, die die Steuern zahlen müssen, werden nie zu den großen Unterstützern werden.“
Das Ziel der Steuer
Ziel der Steuer ist es, die Banken an den massiven Kosten der Finanzkrise zu beteiligen, die sie mit verursacht haben. Doch die Geldhäuser machen Front gegen die Steuer, weil sie Milliardenlasten befürchten. Ihre Lobbyarbeit zeigt Wirkung: In der zurzeit nur auf Expertenebene laufenden Beratung der EU-Staaten wird den Kreisen zufolge überlegt, bestimmte Produkte ganz auszunehmen oder die Steuer mit Übergangsfristen einzuführen. Entschieden sei aber noch nichts.
Auch zahlreiche Banken, die Deutsche Börse und Bundesbank-Chef Jens Weidmann haben vor den Folgen der Steuer gewarnt. Dem bisherigen Plan zufolge sollen Aktiengeschäfte künftig mit 0,1 Prozent besteuert werden, Derivate mit 0,01 Prozent.
Geplante Steuer und deutscher Wahlkampf
Die meisten Banker erwarten, dass über Änderungen an der in der Bevölkerung populären Steuer ohnehin erst nach der deutschen Bundestagswahl Mitte September entschieden wird. „Vor der Wahl wird niemand offizielle Lockerungsübungen machen, die Finanztransaktionssteuer ist schließlich ein heißes Wahlkampfthema“, betonte ein deutscher Branchenvertreter.
Geldhäuser laufen seit Monaten Sturm gegen die Steuer, weil sie Milliardenlasten befürchten. In Brüssel scheint diese Kritik Wirkung zu zeigen: In der zurzeit auf Expertenebene laufenden Beratung der EU-Staaten wird Kreisen zufolge überlegt, bestimmte Produkte ganz auszunehmen, beispielsweise Repo-Geschäfte und Altersvorsorgeprodukte.
Links: