Dayli schließt 180 Filialen
Der Mittwoch hat keine guten Nachrichten für den Einzelhandel parat: Nach gescheiterten Investorengesprächen schließt die Elektrokette Niedermeyer ihre Pforten endgültig. Und noch vor seinem Start in Deutschland muss der Schlecker-Nachfolger dayli in Österreich 180 Filialen wieder schließen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die Elektrokette Niedermeyer wird ganz zusperren, ein Investor wurde nicht gefunden. Sobald die gerichtliche Genehmigung der Betriebsschließung vorliege, sollten in den kommenden Wochen die bisher weitergeführten 45 Niedermeyer Filialen in ganz Österreich geschlossen werden, teilte Niedermeyer am Mittwoch mit. Damit gehen insolvenzbedingt weitere 300 Arbeitsplätze bei Niedermeyer verloren.
1957 gegründet
Das Unternehmen Niedermeyer wurde im Jahr 1957 von Helmut Niedermeyer als Röntgen-, Foto- und Filmartikelgeschäft gegründet. Im Jahr 1988 wurden die Handelsketten Foto-Pionier und Foto Nettig übernommen, 1992 folgte die Handelskette Foto Herlango.
Liquidation als letzter Ausweg
Nach intensiven mehrwöchigen Verhandlungen seien am Dienstag die letzten Gespräche mit potenziellen Interessenten aus der Branche und der Finanzwelt erfolglos beendet worden. „Damit bleibt uns als letzter Ausweg nur die geordnete Liquidation des Unternehmens“, informierten Insolvenzverwalter Georg Freimüller sowie Niedermeyer-Geschäftsführer und -Mehrheitseigentümer Werner Weber die Gläubiger.
Über Niedermeyer wurde Anfang April ein sogenanntes „Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung“ eröffnet. Nicht einmal eine Woche später wurden 53 Filialen geschlossen, und fast 280 Beschäftigte verloren ihren Arbeitsplatz.
Haberleitner spricht von „Boykott“
Der Schlecker-Nachfolgegesellschaft dayli wiederum wird rund 180 der 885 Filialen in Österreich zusperren, wie am Mittwoch mitgeteilt wurde. 560 Mitarbeiter verlieren ihren Job, teilte der Investor Rudolf Haberleitner über seine Vertriebsgesellschaft TAP mit. Verantwortlich dafür macht er eine Art Verschwörung aus Politik, Justiz und Medien: Es habe „massive negative und unrichtige Berichterstattung“ gegen dayli gegeben.
Zudem spricht er von „Boykotten“ und Gesetzesänderungen zu seinen Ungunsten. Dadurch seien dem Unternehmen ungeplante Verluste in zweistelliger Millionenhöhe entstanden. Der Investor hatte vor knapp einem Jahr angekündigt, in Österreich und Deutschland rund 1.300 ehemalige Schlecker-Filialen mit neuem Konzept wiederzubeleben.
Zweifel an Tragfähigkeit
Haberleitner wollte europaweit expandieren. Sein Konzept galt vielen Branchenkennern als zu ambitioniert. Ihm schwebt eine Art moderner Tante-Emma-Laden mit Bistro und zahlreichen Dienstleistungen vor. In Österreich wurde dieses Konzept bisher nur in einigen dayli-Filialen voll umgesetzt.
Der Deutschland-Start wurde bereits mehrfach verschoben. Mitbewerber wie Branchenexperten hatten in der Vergangenheit die Tragfähigkeit der Idee mehrfach angezweifelt und die Finanzierung von dayli infrage gestellt. In Österreich gab es Streit um eine geplante Sonntagsöffnung, von der Haberleitner nach heftigem Widerstand Abstand nahm.
Berichte über drohende Insolvenz zurückgewiesen
Vergangene Woche hatte dayli Schlagzeilen gemacht, weil der Glücksspielkonzern Novomatic seine dayli-Anteile an Haberleitner zurückgab. Der Konzern sei aber nicht „ausgestiegen“, stellte der Chef klar: „Ich habe nur meine Shares zurückgekauft, um neuen Investoren Platz zu machen.“ Am Wochenende wies er dann Berichte über eine drohende Insolvenz zurück: „Davon kann gar keine Rede sein. Wir haben keine Kredite und nur Lieferantenverbindlichkeiten.“
Zur Zukunft von dayli hieß es am Mittwoch von TAP: „Sollten die derzeit laufenden Verhandlungen mit interessierten Partnern wie auch mit ausländischen Banken und Warenkreditversicherern positiv ausgehen, wird durch die vorgesehene Expansion die Wiedereinstellung der nunmehr (beim Arbeitsamt, Anm.) angemeldeten Mitarbeiter wieder möglich sein.“
GPA: Dayli soll Verantwortung übernehmen
Karl Proyer von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) hat nach den angekündigten Filialschließungen eine klare Botschaft an Haberleitner: „Er soll Verantwortung für die Beschäftigten übernehmen und seine Polemiken unterlassen“, so der Gewerkschafter Mittwochnachmittag zur APA. Die Gewerkschaft sichere „volle Unterstützung“ für allfällige Maßnahmen wie eine Arbeitsstiftung oder einen Sozialplan zu. Noch wurden keine Kündigungen ausgesprochen, die Anmeldung der 560 Beschäftigten beim Arbeitsmarktservice (AMS) sei ein Frühwarnsystem.
Ab jetzt habe dayli einen Monat Zeit, „seine Verantwortung gegenüber den Beschäftigten zu wahren“, so Proyer. Innerhalb dieser Zeit dürften keine Dienstverhältnisse beendet werden. Für die Beschäftigten gibt es also noch Hoffnung. Welche 180 Filialen geschlossen werden, ist noch nicht bekannt. „Je nach Bundesland muss man schauen, ob man die Mitarbeiter weitervermitteln oder in bestehende Stiftungen integrieren kann“, sagte der Sprecher des Sozialministeriums, Norbert Schnurrer.
Links: