Themenüberblick

Indigene fordern Mitsprache

Das für den Bau des brasilianischen Belo-Monte-Staudamms verantwortliche Konsortium befürchtet eine Eskalation der Gewalt zwischen Bauarbeitern und protestierenden indigenen Staudammgegnern. Die Bauherren sollen bereits vor zwei Wochen einen entsprechenden Brief mit der Bitte um Maßnahmen an vier Ministerien geschickt haben.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Nachdem die Baustellen in den letzten Monaten mehrmals von Indigenen besetzt worden waren, bezeichnete das Konsortium die Lage in der Region als „extrem angespannt“, berichtete Kathpress am Mittwoch unter Berufung auf brasilianische Medien. Bisher hat die Regierung keine Maßnahmen verkündet. Kritik an dem Projekt kommt besonders von den indigenen Anrainern der Region, die ein Mitspracherecht und öffentliche Anhörungen zu dem Projekt verlangen.

Aufforderung an Präsidentin

Aus Protest besetzten am Dienstag Indiogruppen die Baustelle. Sie forderten einen Dialog mit der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff, hieß es am Montag (Ortszeit) in einem offenen Brief der Besetzer. Der für den Bau und Betrieb des Werks verantwortliche Konzern Norte Energia teilte mit, alle rechtlichen Schritte zu nutzen, um das Gelände wiederzuerlangen und die Arbeiten fortzusetzen.

Verschiedene indigene Volksgruppen hatten bereits Anfang Mai die Anlage am Amazonas-Seitenfluss Xingu besetzt, um die Arbeiten zu stoppen. Sie waren aber nach einer Woche wieder abgezogen. „Ihre Regierung sagte, dass wir, wenn wir gingen, angehört würden“, steht in dem Brief. Es habe aber keine Gespräche gegeben. Auch Umweltschützer protestieren heftig gegen das Projekt. Das Wasserkraftwerk soll das drittgrößte weltweit werden.

Baustopp kostete rund 400 Mio. Euro

Mitte August 2012 war per Richterspruch ein Baustopp verhängt worden, weil betroffene Volksgruppen vor der Kongressgenehmigung ihren Standpunkt nicht hatten vorbringen können. Aber schon Ende des Monats beschloss Brasiliens Oberster Gerichtshof den Weiterbau.

Insgesamt konnte in den vergangenen zwei Jahren aufgrund von Besetzungen an 91 Tagen nicht gearbeitet werden. Die ursprünglich für Februar 2015 geplante Inbetriebnahme der ersten Turbine wird sich deshalb verzögern. Laut Medienberichten sollen die Besetzungen zudem bisher Mehrkosten von umgerechnet gut 400 Millionen Euro verursacht haben. Derzeit sind 23.000 Arbeiter in Belo Monte beschäftigt, bis Jahresende sollen es 28.000 sein.

40.000 Menschen verlieren Lebensgrundlage

Unterstützung in ihrem Kampf erhalten die Kraftwerksgegner vom Indigenen-Missionsrat der katholischen Kirche (CIMI) und dessen Präsidenten, dem aus Vorarlberg stammenden Bischof Erwin Kräutler. Kräutler hatte erst vor kurzem in Österreich vor den katastrophalen Folgen des Staudammprojekts gewarnt.

Durch das Projekt würden rund 40.000 Menschen, vorwiegend Angehörige indigener Minderheiten, Lebensraum und -grundlage verlieren. 80 Prozent des Xingu-Flusses würden dafür abgeleitet und ein Gebiet von mehr als 500 Quadratkilometer Regenwald überflutet. Das zerstöre die Lebensgrundlage der indigenen Bewohner, lasse gewachsene Gemeinschaften zerbrechen und ziehe einen Massenexodus nach sich, so Kräutler. Außerdem verstoße das Projekt sowohl gegen die Menschenrechte als auch die brasilianische Verfassung. In Altamira, wo sich Kräutlers Bischofssitz befindet, soll gut ein Drittel der Stadt durch die Aufstauung überflutet werden.

Andritz liefert Turbinen

Der Staudamm Belo Monte wird nach seiner Fertigstellung nach dem chinesischen Dreischluchtendamm und dem brasilianisch-paraguayischen Gemeinschaftsprojekt Itaipu der drittgrößte der Welt sein. Die Turbinen und Generatoren des höchst umstrittenen Projekts stammen von der steirischen Andritz AG, die mit einer Auftragshöhe von etwa 330 Millionen Euro beteiligt ist.

Links: