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Handels- und Finanzsanktionen betroffen

Schwerstarbeit steht den Außenministern der Europäischen Union bevor. Und ob sie am Montag in Brüssel beschließen, die Lieferung von Waffen an die Opposition in Syrien künftig zu erlauben oder das bisherige Verbot aufrechtzuerhalten - heftige Kritik ist ihnen gewiss. Möglicherweise gibt es aber noch gar keine Entscheidung, sondern nur eine Vertagung des Votums.

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Viel Zeit bleibt jedoch nicht: Am kommenden Freitag um Mitternacht laufen sämtliche Sanktionen der EU gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad aus, sofern die EU-Außenminister nicht eine Verlängerung der bisherigen oder auch neue Sanktionen beschließen. Das geht nur einstimmig. Denn das Waffenembargo gegen Syrien ist verbunden mit allen anderen Sanktionen, vor allem Einreiseverboten, einem Einfuhrverbot für Öl und diversen Handels- und Finanzverboten. Ohne einstimmigen Beschluss für irgendetwas gibt es ab 1. Juni keine EU-Sanktionen gegen Syrien mehr.

Was bringen Waffen?

Bei dem Streit geht es im Kern um die Frage, ob mögliche Waffenlieferungen an die syrischen Aufständischen die Lage in Syrien eher verschlechtern oder verbessern würden. Jedes der drei unterschiedlichen Lager in der Europäischen Union hat dabei gute Argumente. „Deswegen ist die Entscheidung ja so schwierig, man muss irgendwie die richtige Balance finden“, sagt ein ranghoher, jedoch ratloser EU-Diplomat.

Großbritannien ist der vehementeste Verfechter einer teilweisen Aufhebung des Waffenembargos: keine Waffenlieferungen an die Regierungen, wohl aber an einige der höchst unterschiedlichen Rebellengruppen. London beteuert, es habe noch keine Entscheidung zugunsten von Waffenlieferungen getroffen, wolle aber die Option dazu haben. Diese Position wird im Wesentlichen von Frankreich unterstützt. Italien gibt Diplomaten zufolge unterschiedliche Signale.

Österreich als bedingungsloser Gegner

Strikt gegen Waffenlieferungen an die syrischen Aufständischen sind ganz besonders Österreich, Finnland, Schweden und Tschechien. Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) ist nicht nur grundsätzlich dagegen, sondern sieht auch eine akute Gefahr für die rund 380 österreichischen Blauhelmsoldaten auf den Golanhöhen.

„Für uns wäre es in diesem Fall sehr, sehr schwierig, das Mandat weiter auszuüben“, sagte Spindelegger der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag-Ausgabe). Die Sicherheit der Soldaten habe Vorrang. Entzieht Österreich die Unterstützung, würde das wohl das Ende der gesamten UNO-Blauhelmmission auf dem Golan (UNDOF) bedeuten, schließlich stellt Österreich rund ein Drittel des gesamten UNO-Kontingents in der Pufferzone zwischen Syrien und Israel. Doch es gibt noch eine dritte Gruppe: Diese spricht sich eigentlich auch gegen Waffenlieferungen aus, sucht aber einen Kompromiss, um Einstimmigkeit zu erreichen und die Syrien-Sanktionen nicht verfallen zu lassen. Dieser Gruppe wird etwa Deutschland zugerechnet.

Notlösungen entlang der Entwicklungen?

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat im Bemühen um einen Kompromiss mehrere Möglichkeiten vorgeschlagen. Eine Notlösung wäre die Verlängerung um einen Monat: Damit wäre Zeit gewonnen, um die Sanktionen am Leben zu erhalten und zugleich abzuwarten, ob und wie es mit der von Russland und den USA vereinbarten neuen Syrien-Konferenz weitergeht.

Denn das sind die politische Fragen vor dem Hintergrund von Berichten darüber, dass die Opposition immer stärker unter Druck des Regimes gerät und Assad mehr Unterstützung von der libanesischen Hisbollah bekommt: Würden Waffenlieferungen an die Aufständischen deren militärische und politische Position stärken und würden sie so Assad zum Einlenken bewegen, weil er militärisch nicht gewinnen kann?

Oder geschähe genau das Gegenteil: Würden Waffenlieferungen zu noch mehr Waffenlieferungen Russlands an Assad, zu einer weiteren Verschärfung des Konflikts mit bisher 80.000 Toten führen? Könnten die Waffen nicht islamistischen Extremisten in die Hände fallen?

Ausgang völlig unklar

„Wir reden mit unterschiedlichen Seiten, und wir bekommen sehr unterschiedliche Ratschläge“, sagte ein EU-Diplomat. Auf Ashtons Liste möglicher Kompromisse stehen auch eine Erlaubnis der Lieferung bestimmter Waffen „zum Schutz der Zivilbevölkerung“ ebenso wie eine Erlaubnis von Einzelfallentscheidungen für bestimmte Empfänger. Zu Beginn des Außenministertreffens ist also völlig unklar, wie es ausgehen wird.

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