Schmutzige Seite des Teersandöls
Die Ölgewinnung aus Teersand ist aus ökologischer Sicht umstritten: Die Abbaugebiete gleichen danach einer Mondlandschaft, der Energieaufwand ist enorm, die Treibhausgasemission ist riesig, und auch die Entsorgung der Abfallprodukte ist schwierig. Genau mit diesem Problem kämpft derzeit Detroit. Am Ufer des Detroit River wächst seit Monaten ein riesiger schwarzer Berg aus Petrolkoks.
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Bürgerinitiativen laufen seit Woche Sturm gegen die Lagerung. Sie organisieren sich unter anderem über die Facebook-Gruppe Petroleum Coke Awareness Detroit. Die US-Metropole werde einfach als Müllhalde benutzt, beklagen sie. Befürchtungen, wonach das Material gesundheitsgefährdend sei, ließen sich zwar mit Tests entkräften. Doch die Staubentwicklung ist beträchtlich, bei kräftigerem Wind werden Staubwolken über die ganz Stadt geweht. Vor allem aber weiß niemand, was mit dem Petrolkoks geschehen soll und wie lange es noch gelagert wird.

Petroleum Coke Awareness Detroit
Bei kräftigerem Wind werden Staubwolken über die ganze Stadt geweht
Für die USA ein Abfallprodukt
Der Petrolkoks stammt aus der Raffinerie Marathon Petroleum, die sich ganz in der Nähe befindet. Diese war vergangenes Jahr aufgerüstet worden und kann seit November Ölsand verarbeiten, der aus Kanada geliefert wird. Seit die Produktion läuft, fällt der Koks als Abfallprodukt an. Koks ist ein notwendiger Rohstoff für Stahl- und Aluminiumwerke, doch dafür eignet sich der Petrolkoks nicht: Er ist zu kleinteilig und schwefelhaltig, meint Kerry Satterthwaite von Roskill Information Services gegenüber der „New York Times“. In den USA darf er wegen der hohen Emissionswerte kaum noch verbrannt werden, die Umweltschutzbehörden geben keine Lizenzen dafür mehr aus.

Petroleum Coke Awareness Detroit
Der gelagerte Koks fällt als Abfallprodukt beim Abbau von Ölsand an
Prominenter Eigentümer
Doch in anderen Ländern ist das freilich nicht der Fall, aus dem Abfallprodukt wird ein Geschäft, wenn man die richtigen Abnehmer findet - etwa in Mexiko und in China, wo er für kalorische Kraftwerke verwendet wird. Und genau das ist der springende Punkt in Detroit. Die Raffiniere hat den Petrolkoks weiterverkauft, und der derzeitige Eigentümer lässt die Wogen noch höher gehen.
Es handelt sich um Koch Carbon, ein Tochterunternehmen von Koch Industries, dem Konzern der Brüder Charles G. Koch und David H. Koch. Sie gelten als eine der wichtigsten Geldquellen des rechten Rands der Republikaner in den USA, die vor allem die „Tea-Party“-Bewegung finanziell unterstützt haben. Auch Lobbyistengruppen, die den Klimawandel anzweifeln, stehen ganz oben auf der Liste der von den Kochs Gesponserten. Der weltweit größte Händler von Petrolkoks ist übrigens die Oxbow Corporation, die wiederum William Koch, einem weiteren Koch-Bruder, gehört.
Debatte über Megapipeline
Vonseiten des Unternehmens gibt es gar keine Stellungnahme: Der Koks lagert auf dem Gelände von Detroit Bulk Storage, das von Koch Carbon angeheuert wurde. Die Umweltbehörde von Michigan hat bereits eine Anfrage an die Firma geschickt, die sonst vor allem das Material für Straßenbau deponiert hat. Wie lange der schwarze Berg noch in Detroit bleibt und was damit geschehen soll, darüber schweigt sich auch Koch Carbon aus.

Petroleum Coke Awareness Detroit
Der schwarze Berg wird wohl noch länger in Detroit bleiben
Vor allem die Verbindung zu den Koch-Brüdern hat mittlerweile auch die Politik auf den Plan gerufen. Ende Mai diskutierten die Gouverneure der Großen-Seen-Region im Council of Great Lakes über das Problem.
Der Demokrat Gary Peters stellte eine Anfrage im US-Repräsentantenhaus. Dabei verwies er auf einen viel größeren aktuellen Zusammenhang: den umstrittenen Bau der Megapipeline „Keystone XL“. Die Pipeline transportiert Ölsand von den Abbaustätten in Alberta in Kanada schon jetzt in die USA. Mit der Erweiterung soll die Pipeline dann bis nach Texas führen.
Umweltschützer in Kanada wie in den USA protestieren dagegen schon seit Jahren. Wird die Pipeline gebaut, wird der Koksberg in Detroit wohl kein Einzelfall bleiben. Laut einer Studie der NGO Oil Change International würden die bestätigten Ölsandvorkommen in Kanada fünf Milliarden Tonnen Petrolkoks abwerfen.
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