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„Bunkern Geld nicht auf Karibikinsel“

Apple hat nach Auffassung amerikanischer Politiker durch ein komplexes Netz an Auslandsfirmen Milliarden Dollar an Steuerzahlungen gespart. Der Konzern betonte, stets im Rahmen der Gesetze zu handeln. Apple zahle die Steuern, die das Unternehmen schuldig sei - „jeden einzelnen Dollar“, sagte Konzernchef Tim Cook am Dienstag bei einer Anhörung in Washington.

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„Wir sind stolz darauf, ein amerikanisches Unternehmen zu sein und unseren Beitrag zur Gesellschaft zu leisten“, so Cook. „Wir bunkern unser Geld nicht auf einer Karibikinsel.“ Allein im vergangenen Jahr habe Apple fast sechs Milliarden Dollar an die Regierung in Washington gezahlt. Apple sei der größte Steuerzahler unter allen US-Unternehmen, sagte Cook weiter.

Ein Ausschuss des US-Senats veröffentlichte vor der Sitzung ein 40-seitiges Dokument über das Unternehmen und dessen internationale Verflechtungen. Im Zentrum der Kritik stehen dabei irische Tochterfirmen, über die schon seit den 1980er Jahren große Teile des Auslandsgeschäfts abgewickelt werden. Irland ist für seine niedrigen Steuern bekannt, unter bestimmten Voraussetzungen werden sogar gar keine Steuern fällig. Alleine in den vergangenen vier Jahren seien deshalb mehr als 70 Milliarden Dollar an Einnahmen nicht besteuert worden, hieß es in dem Senatsbericht.

70 Prozent des Geldes im Ausland

Apple habe Mitarbeiter in allen Bundesstaaten, erklärte Cook. „Wir haben uns dafür entschieden, das Design und die Entwicklung der Geräte hier in den USA zu lassen.“ Er räumte aber auch ein, dass 70 Prozent der Geldreserven im Ausland lägen. „Wir nutzen das Geld, um unser Auslandsgeschäft zu betreiben.“ Es sei zu teuer, das Geld bei einem Steuersatz von 35 Prozent in die USA zu holen. „Unser Steuersystem benachteiligt uns gegenüber unseren ausländischen Konkurrenten.“

Apple-Chef Tim Cook

Reuters/Jason Reed

Cook: Apple ist „nicht auf Steuertricksereien angewiesen“

Der „Einfachheit“ halber?

„Der Fakt, dass unsere Tochterfirmen in Irland nicht steuerpflichtig sind, hat keinen Einfluss auf unsere US-Steuern“, sagte Finanzchef Peter Oppenheimer in der gleichen Anhörung. Die Firmenstruktur mache es schlicht einfacher, das Geschäft zu führen. „Unser Unternehmen ist etwas größer als das, was Steve Jobs vor 40 Jahren in der Garage seiner Eltern gegründet hat“, sagte Cook.

Die Debatte über Apples Steuern war entbrannt, nachdem sich der Konzern jüngst für Zahlungen an seine Aktionäre 17 Milliarden Dollar auf dem Kapitalmarkt lieh, was bei den derzeitigen Zinssätzen billiger kam als das Geld aus dem Ausland zu holen. Cook versicherte aber, er sei „nicht vor dieses Komitee gezerrt worden“. Er sage den Leuten einfach gerne selbst, was bei Apple vor sich gehe.

Steuerexperte: „Nicht so aggressiv wie andere“

Ein ebenfalls geladener Steuerexperte nahm Apple teilweise in Schutz. „Was Apple getan hat, geschah im Rahmen der aktuellen internationalen Steuergesetze“, sagte J. Richard Harvey von der Villanova University. Andere Konzerne würden noch mehr Einnahmen zwischen ihren Tochtergesellschaften verschieben. „Man könnte also sagen: Apple ist nicht so aggressiv wie andere.“

Er zweifelte allerdings die Aussage an, dass der Konzern keine Steuertricks nutze. „Ich bin vom Stuhl gefallen, als ich das gelesen habe“, sagte Harvey. Auch der zweite von dem Ausschuss geladene Steuerexperte, Stephen Shau von der Harvard Law School, erklärte: „Apple macht in Sachen Steuern vollen Gebrauch von Schlupflöchern.“ Die Gesetze seien einfach zu lasch.

Senator fordert Entschuldigung bei Apple

Ein republikanischer Senator bezeichnete die Vorladung des Apple-Chefs als Fehler. „Ich denke, der Kongress sollte sich bei Apple entschuldigen“, sagte Rand Paul während der Anhörung. „Sagen Sie mir, was Apple Illegales getan hat.“ Der Konzern habe lediglich versucht, seine Steuerlast zu drücken. Der Senator aus Kentucky erklärte, die Politik habe das unübersichtliche Steuersystem verschuldet. „Unsere Steuergesetze sind doppelt so umfangreich wie die von Kanada oder europäischen Ländern.“ Die Politiker sollten sich deshalb den Spiegel vorhalten. „Wir sollten unseren Job tun.“

Die Regierung in Dublin wies unterdessen am Dienstag Vorwürfe zurück, für die niedrigen Steuersätze der irischen Apple-Firmen verantwortlich zu sein. „Das hat nichts mit dem irischen Steuersystem zu tun“, sagte Außenminister Eamon Gilmore am Dienstag am Rande eines Ministertreffens in Brüssel. „Das sind Fragen, die mit dem Besteuerungssystem in anderen Rechtssystemen zu tun haben. Und das ist eine Frage, die in diesen Rechtssystemen gelöst werden muss.“

Steuerdebatte gewinnt international an Fahrt

In den USA und in Deutschland hat die Debatte über Steuersparmodelle von Großkonzernen zuletzt deutlich an Fahrt aufgenommen. Immer mehr Unternehmen entwickeln Ideen, wie sie die Zahlung von Steuern durch legale Tricks umgehen können. Erst am Dienstag verlautete aus Dokumenten, dass der italienische Lastwagen- und Traktorhersteller Fiat Industrial seinen Steuersitz nach Großbritannien verlegen will. Der Schritt sei nach der geplanten Fusion mit der US-Tochter CNH vorgesehen. Dadurch dürfte die Steuerlast für das Unternehmen erheblich sinken.

Der Widerstand gegen derartiges Finanzgebaren wächst zunehmend. Die Organisation für Wirtschaft und Zusammenarbeit in Europa (OECD) will in den nächsten Monaten einen Maßnahmenkatalog vorlegen, um Steuertricks großer Unternehmen zu verhindern. Auch auf dem anstehenden EU-Gipfel diese Woche ist die Bekämpfung von Steuerflucht ein wichtiges Thema.

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