„Innovation vom ‚Rand‘“
Der deutsche Softwarekonzern SAP will in den kommenden Jahren Hunderte Autisten zu Softwaretestern und Programmierern ausbilden. Für SAP sei das Projekt eine Chance, im weltweiten Kampf um talentierte IT-Mitarbeiter besonders spezialisierte Menschen zu finden, sagte die Projektverantwortliche Anka Wittenberg.
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Bis 2020 soll ein Prozent der weltweit zuletzt rund 65.000 Mitarbeiter von SAP Menschen mit autistischer Störung sein, teilte das Unternehmen am Dienstag in der Zentrale im baden-württembergischen Walldorf mit. Schätzungen zufolge leidet in der Bevölkerung etwa der gleiche Anteil an Autismus. SAP suche Menschen, die anders denken, erklärte Personalchefin Luisa Delgado den Ansatz.
„Finden Fehler, die andere nicht finden“
Das Walldorfer Unternehmen arbeitet mit Specialisterne zusammen, einer dänischen Initiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, eine Million Autisten, die intellektuell nicht eingeschränkt sind, ins Arbeitsleben zu bringen - vor allem in der IT-Branche. Specialisterne sei dazu da, die Interessenten für ihre Aufgaben bei SAP „fit zu machen“, sagte ein SAP-Sprecher. Die dänische Gruppe hat auch einen Ableger in Österreich.
Der österreichische Verein ist derzeit noch im Auf- und Ausbau begriffen. Firmen, die sich hierzulande interessiert an der Einstellung von Autisten gezeigt haben, sind etwa die IT-Gesellschaft der Sozialversicherungen (ITSV), die Wiener Städtische Versicherung und der Spieleentwickler Ovos. Auf ihrer Homepage wirbt die Gruppe mit dem Slogan „Unsere MitarbeiterInnen finden Fehler, die andere nicht mehr finden“.
„Anders denken“ erwünscht
Bereits seit 2011 beschäftigt SAP Autisten in seinem Entwicklungslabor in Indien, im vergangenen Jahr startete ein weiteres Pilotprojekt mit Specialisterne in Irland. Dem sollen nun acht weitere Länder folgen. In diesem Jahr startet SAP das Programm in Deutschland, den USA und Kanada. Der Softwarekonzern habe die Erfahrung gemacht, dass in besonders durchmischten Teams nicht nur die Produktivität steige, sondern auch die Kundenzufriedenheit, so Wittenberg.
SAP-Vorstandsmitglied Delgado wird in einer Aussendung der Firma mit den Worten zitiert, man glaube wie Specialisterne „fest daran, dass Innovation vom ‚Rand‘ kommen muss“. Nur wenn man Menschen beschäftige, „die anders denken und Innovation anregen können“, sei man für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerüstet. Die Worte sind mehr als PR in eigener Sache, denn die Beschäftigung von Autisten ist für SAP erwiesenermaßen ein gutes Geschäft, wie die Zahlen der indischen Niederlassung belegen.
Zuckerberg, Einstein, Newton, Michelangelo?
Die Fähigkeit zu Höchstleistungen von Autisten im IT-Bereich ist jedenfalls unumstritten und belegt - bis hin zu jenem Briten, der 2009 im Alleingang die US-Raumfahrtbehörde NASA hackte. Facebook-Gründer Marc Zuckerberg soll unter dem Asperger-Syndrom leiden, einer leichten Form von Autismus. Laut der Einschätzung des britischen Entwicklungspsychologen Simon Baron-Cohen litten auch die Physiker Albert Einstein und Isaac Newton unter Asperger. Auch über das Renaissance-Genie Michelangelo gibt es entsprechende Vermutungen.
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