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Bis zu 97 Dezibel laut

17 Jahre leben sie in der Erde, ehe sie ans Tageslicht kommen: An der Ostküste der USA hat die große Zikadeninvasion begonnen. Vor einigen Tagen wurden erste Expemplare gesichtet - und jetzt geht es Schlag auf Schlag: Sobald die Bodentemperatur rund 18 Grad erreicht, schlüpfen Milliarden Tiere und sorgen vier bis sechs Wochen lang für viel Lärm.

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Erste Fotos der Bilder und Grafiken der Sichtungen sind auf den Websites Cicada Mania und Magicicada zu sehen. Betroffen sind die Bundesstaaten Virginia, Connecticut, Maryland, North Carolina, New Jersey, New York und Pennsylvania. Forscher rechnen mit mindestens 30 Milliarden Insekten, andere glauben sogar an noch viel mehr. Sie beißen oder stechen zwar nicht, sind aber einfach aufgrund ihrer Zahl lästig.

Zwei, drei Zentimeter lang, rote Augen

Zudem ist es um ihre Flugkünste nicht gut bestellt, deshalb sind Kollisionen programmiert. Bei den letzten großen Invasionen bewaffneten sich Einwohner mit Tennisschlägern, um die Tiere abwehren zu können. Viele flüchteten allerdings einfach in die Häuser. Veranstaltungen im Freien wurden weitgehend abgesagt.

Jahrelang verharren Zikaden als Larven in den oberen Erdschichten. Wie durch eine innere Uhr gesteuert kommen die Puppen an die Luft, wenn die Erde wärmer wird. Die Haut, die sie im Untergrund geschützt hat, fällt ab. Das ausgewachsene Insekt ist zwei, drei Zentimeter lang, geflügelt und hat die charakteristischen roten Augen. Die Tiere lassen sich auf Bäumen und Sträuchern nieder und haben nur noch eines im Sinn: Fortpflanzung.

Lautes Werben um Partnerin

Die Männchen suchen unverzüglich eine Partnerin und signalisieren ihr Interesse durch den eigentümlichen Gesang, der als Summen, Surren oder Zirpen beschrieben wird. Und die Masse lässt sie dann ziemlich laut werden: 2004 maß der Insektenforscher Gene Kritsky Zikaden mit einer Lautstärke von 97 Dezibel. Immerhin muss man sich nicht um einen gestörten Schlaf sorgen: Nach Sonnenuntergang haben auch die Insekten Ruhepause.

Zikaden auf Baumstamm

Reuters/John Pryke

Die Weibchen legen ihre Eier in der Baumrinde ab

Ist für die Fortpflanzung gesorgt, beginnt das Massensterben. Vorher machen die Weibchen aber noch kleine Einschnitte in Baumzweige und legen darin ihre Eier ab, jeweils bis zu 600 Eier an bis zu 50 verschiedenen Stellen. Die aus den Eiern entstandenen Larven lassen sich dann auf den Boden fallen und graben sich ins Erdreich ein.

Brut II besonders groß

Die Zikadengattung der Magicicada gibt es nur im Osten der USA, die Unterarten unterscheiden sich vor allem durch ihren Lebenszyklus: Neben den 17-jährigen Zikaden gibt es auch solche, die alle 13 Jahre auftauchen. Zudem werden sie nach mit lateinischen Nummern bezeichneten Bruten unterschieden, je nachdem, wann und wo sie beheimatet sind. Heuer ist es Brut II, die zuletzt 1996 an die Oberfläche kam. Brut II ist gemeinsam mit Brut X, die zuletzt 2004 rund um die Hauptstadt Washington für eine Invasion sorgte, die mit den meisten Tieren.

Keine Zeit für Nahrung

Dass ausgerechnet 13 und 17 Jahre als Reproduktionszyklus existieren, ist freilich kein Zufall, sondern eine Folge der Selektion: Die Populationen von Jäger und Beute korrelieren in der Natur. In Jahren, in denen die Zahl der natürlichen Feinde groß ist, überleben weniger Tiere. Und da stellten sich die Primzahlen 13 und 17 als Lebenszeit unter der Erde offenbar als besonders erfolgreich heraus.

Schäden richten die Insekten kaum an: Anders als bei einem Heuschreckenschwarm ist der Großteil der Zikaden ausschließlich mit der Fortpflanzung beschäftigt und nimmt während dieser Zeit keine Nahrung auf.

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