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Zweithöchste Kartellstrafe überhaupt

Die Arbeiterkammer (AK) sieht durch die Kartellstrafe für den Handelskonzern REWE ihren Verdacht auf einen „Österreich-Aufschlag“ durch Preisabsprachen im Handel bestätigt. Millionen Österreicher seien über Jahre hinweg durch überzogene Preise für die Güter des täglichen Bedarfs zur Kasse gebeten worden, so AK-Direktor Werner Muhm am Montag in einer Aussendung.

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Der Lebensmittelriese REWE muss wegen verbotener Preisabsprachen 20,8 Millionen Euro Strafe zahlen. Darauf einigten sich die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und der Lebensmittelkonzern, teilten beide am Montag in Wien mit. Das ist die zweithöchste Kartellstrafe, die je ein Unternehmen in Österreich zahlen musste.

REWE soll von 2007 bis 2012 mit Lieferanten Endverkaufspreise und andere Geschäftsbedingungen abgesprochen haben. Im Februar 2012 hatte es deswegen in der Konzernzentrale von REWE International in Wiener Neudorf Hausdurchsuchungen gegeben. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. REWE akzeptierte die Strafzahlung jedoch bereits, trotz „unterschiedlicher Rechtsauffassungen“.

REWE: „Konsument in keiner Form geschädigt“

REWE dementierte am Montag, dass Konsumenten durch die Absprachen höhere Preise zahlen hätten müssen. „Mit der nun gefundenen Einigung möchte ich aber auch klar betonen, dass Konsumenten in keiner Form auch nur irgendwie geschädigt wurden“, versuchte REWE-International-Chef Frank Hensel zu beruhigen. Es habe Grauzonen gegeben, welche Preisinformationen mit Lieferanten ausgetauscht werden dürfen, so REWE-International-Pressesprecherin Corinna Tinkler auf APA-Anfrage.

Deswegen seien aber keine höheren Preise für Kunden entstanden. Die Nahrungsmittelsortimentsverteuerung bei REWE belief sich laut Tinkler auf plus ein Prozent im Vergleich zu mehr als drei Prozent Nahrungsmittelteuerung im Verbraucherpreisindex.

AK: Strafe muss in Konsumentenschutz fließen

Die AK sieht das jedoch ganz anders. „Es wird immer klarer, dass die im internationalen Vergleich überhöhten Lebensmittelpreise in Österreich auch auf Kartellabsprachen beruhen“, so Muhm. Der über Jahre verlangte „Österreich-Aufschlag“ müsse den Konsumenten wieder zurückgegeben werden. Die Geldbuße für REWE in Höhe von 20,8 Millionen Euro solle für Konsumentenschutz zweckgewidmet verwendet werden. Derzeit fließen sämtliche Kartellstrafen dem Bund zu.

Weiters solle der Gesetzgeber schärfere Wettbewerbsregelungen machen, Kartellgewinne müssten abgeschöpft werden: „Wir fordern für hochkonzentrierte Märkte wie Energie, Mineralöl und Lebensmittelbranche, wo wenige Anbieter den Markt beherrschen, eine Beweislastumkehr.“ Dabei müsse der Anbieter beweisen, dass die Preise gerechtfertigt sind, nicht die Konsumenten. Und schließlich müssten geeignete Instrumente zur Abschöpfung von Streuschäden zur Verfügung gestellt werden.

Quer durch das Sortiment

Betroffen von der Absprache waren laut Gerichtsentscheid folgende Produktgruppen: „Molkereiprodukte (insbesondere Käse), Bier (darunter auch die Sparte Almradler), Obst/Gemüse, Fleisch/Wurst, Geflügel/Eier, Nahrungsfette/Öle, Feinkost/Würzen/Convenience, Eis/Tiefkühlkost, Konserven/Fertig-/Fixprodukte, Grundnahrungsmittel, Frühstück-/Baby-/sonstige Spezialnahrung, Heißgetränke, Brot/Backwaren, Süßwaren/Dauerbackwaren, Wein/Sekt/Spirituosen/sonstige alkoholhaltige Getränke, Alkoholfreie Getränke, Tiernahrung, Waschmittel/-hilfsmittel, Putz-/Reinigungsmittel, Kosmetik/Körperpflege, Hygiene/Papier.“

Größter Lebensmittelhändler

REWE International AG ist Österreichs größter Lebensmittel- und Drogeriefachhändler. In Österreich beschäftigt das Unternehmen mit seinen Handelsmarken Billa, Merkur, Penny, Bipa und ADEG rund 40.000 Mitarbeiter.

Rätselraten herrscht in der Brauereibranche, wer bei den Preisabstimmungen mitgemacht hat. Auf APA-Anfrage betonten sowohl Brau Union als auch Ottakringer „nicht involviert“ zu sein. Bei der größten heimischen Molkerei Berglandmilch gibt es laut BWB „einen Konnex“ zur REWE-Kartellstrafe. Berglandmilch wurde bereits im Februar zu einer Kartellstrafe von 1,13 Millionen Euro verurteilt.

Billa mit höchstem Strafanteil

Das Bußgeld von 20,8 Millionen Euro setzt sich aus einer Million Strafe für die REWE International Lager- und Transportgesellschaft, 6,6 Millionen für Merkur und 13,2 Millionen Euro für Billa zusammen. Weitere Ermittlungen und Verfahren gegen andere Firmen im Rahmen der REWE-Ermittlungen seien noch anhängig, so BWB-Sprecher Stefan Keznickl zur APA. Das Bußgeld für REWE sei auf Grundlage einer Leitlinie der Europäischen Kommission für Kartellstrafen berechnet worden.

Parallel zu dem Bußgeldverfahren habe man mit der BWB einen Verhaltensleitfaden erarbeitet, der künftig für mehr Rechtssicherheit im Lebensmittel- und Drogeriefachhandel sowohl auf Handels- als auch Lieferantenseite sorgen soll, erklärte REWE am Montag. Als Marktführer wolle man damit ein „deutliches Zeichen für die gesamte Branche“ setzen.

Bisher höchste Strafe für Aufzugskartell

Die höchste bisher auf Antrag der BWB verhängte Geldstrafe von 75,4 Millionen Euro richtete sich gegen ein Aufzugskartell. Betroffen waren Ende 2007 die Unternehmen Otis GmbH, Kone AG, Schindler Aufzüge und Fahrtreppen GmbH, Haushahn Aufzüge GmbH und Doppelmayr Aufzüge AG.

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