Gefahrenpotenzial nicht abschätzbar
Nanotechnologie ist ursprünglich keine homogene Forschungsrichtung, sondern eine Zusammenfassung jener Wissenschaften, die sich mit Strukturen im Bereich von unter 100 Nanometern befassen und gezielt Effekte nutzen, die bei derart kleinen Teilen - und nur dort - auftreten.
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Nanopartikel verhalten sich physikalisch bzw. chemisch teilweise völlig anderes als größere Gebilde aus dem gleichen Material. Das liefert bereits heute in einigen Bereichen innovative Produkte, birgt aber auch Gefahren, heißt es etwa in einer OECD-Studie mit dem Titel „Möglichkeiten und Risiken von Nanotechnologien“. Darin warnen Experten vor möglichen Gefahren und fordern mehr unabhängige Forschung.
Quanteneffekt bei Nanopartikeln
Das teilweise abweichende Verhalten von Nanopartikeln gegenüber größeren Teilchen liegt unter anderem darin begründet, dass Quanteneffekte zum Tragen kommen. So können sich Leitfähigkeit, Farbe, Härte oder auch der Magnetismus eines Materials ändern. Ein Beispiel aus der Elektronik ist etwa der elektrische Widerstand einer Leiterbahn. Der Widerstand nimmt mit enger werdendem Querschnitt der Bahn kontinuierlich zu, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Beträgt die Breite der Leitung nur noch einige Nanometer, so steigt der Widerstand plötzlich sprunghaft und nicht mehr kontinuierlich an. Bei der Konzeption von Bauteilen muss dies berücksichtigt werden, sonst drohen Probleme.
Kleinste Teilchen sind in der Regel auch chemisch aktiver als größere, da sich relativ mehr Atome direkt an der Oberfläche befinden. Nicht zuletzt haben die winzigen Partikel aber auch spezielle Wirkungen auf biologische Systeme. Das liegt unter anderem daran, dass die Nanoteilchen in der Größendimension von Zellorganellen - etwa Mitochondrien - liegen.
Von der Sonnenbrille bis zum Skiwachs
Bereits heute wird Nanotechnologie in vielen industriellen Bereichen eingesetzt. So werden speziell beschichtete Oberflächen Wasser oder Schmutz abweisend, was sie etwa für Autos interessant macht. Sonnenbrillen werden durch die neue Technologie besonders kratzfest oder reflexionsarm, Textilien wind- oder wasserdicht, Skiwachse besonders gleitfähig. Auch in der Kosmetik haben Nanoteilchen bereits Einzug gehalten, sie blocken in Sonnencremen UV-Strahlung ab oder transportieren Wirkstoffe. Nicht zuletzt mischen innovative Reifenhersteller ihren Pneus die winzigen Teilchen bei, um ihre Eigenschaften zu verbessern.
In der Medizin laufen Versuche, Medikamente über Nanopartikel direkt und punktgenau zu den Orten im Körper bringen, wo die Wirkstoffe gebraucht werden. Das soll die Effizienz erhöhen und Nebenwirkungen etwa bei der Krebsbehandlung vermeiden. Nano soll aber auch die Energiewirtschaft revolutionieren, etwa durch effektivere Solarzellen zur Produktion oder Brennstoffzellen zur Speicherung von Strom. In der Landwirtschaft liegen die Hoffnungen auf gezielteren Einsatzmöglichkeiten von Pestiziden oder Dünger durch Einschluss in Nanoteilchen. Nanosensoren schließlich könnten Bakterien oder Gifte aufspüren.
Übergewicht durch Nanokunststoffe?
Viele Experten warnen mittlerweile aber auch vor nachteiligen Wirkungen von Nanoteilchen auf die menschliche Gesundheit, etwa durch Einatmen oder Aufnahme der winzigen Partikel über die Haut. Bisher gibt es nur wenige Studien über mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit. In Tierversuchen konnte festgestellt werden, dass Bisphenol A (BPA), ein Weichmacher für Kunststoffe, den Hormonhaushalt stört und wahrscheinlich Übergewicht und Diabetes fördert.
Auch der Einsatz von Nanosilber zur Bekämpfung von Bakterien wird derzeit genauer erforscht. Zwar ist laut derzeitigem Forschungsstand nicht davon auszugehen, dass Nanosilber für den Menschen gefährlich ist, Bakterien können aber Resistenzen gegen Silber entwickeln, und in weiterer Folge besteht die Gefahr, dass Silber auch in der Medizin wirkungslos wird.
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