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Rechenspiele nach „Gelber Karte“

Der künftige Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) beurteilt das Ergebnis bei der Landtagswahl am Sonntag nüchtern: „Auch die ÖVP hat die Gelbe Karte bekommen.“ Für eine Dreierkoalition zeigt sich der ÖVP-Chef grundsätzlich offen, entscheidend sei aber die politische Machbarkeit.

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„Ich habe eine Gesprächsbasis zu allen, aber das Problem beginnt schon dort, dass FPÖ und Grüne nicht miteinander können“, relativierte Haslauer die Möglichkeit einer Dreierkoalition. Als an und für sich „nicht notwendige Variante“ sieht Haslauer eine Zusammenarbeit von ÖVP, SPÖ und Grünen, weil eine schwarz-rote Mehrheit im Landtag auch ohne die Grünen möglich wäre. Bereits am Sonntag hatte sich Haslauer für eine Koalition mit der SPÖ ausgesprochen.

Grafik zur Landtagswahl in Salzburg

ORF.at

Die Kernbotschaft des Wahltages ist für Haslauer die Abwahl der bisherigen politischen Kultur. Sich selbst und die ÖVP sieht er allerdings trotz des Minus von 7,5 Prozentpunkten davon offenbar nicht betroffen. Trotz der „Gelben Karte“ für die ÖVP habe er den klaren Auftrag, eine Regierung zu bilden.

Grafik zur Landtagswahl in Salzburg

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ÖVP-Absage an Schwarz-Rot-Grün

Er werde nun mit den anderen Parteien bis Mitte nächster Woche „Vorgespräche“ führen, danach werde man entscheiden, mit wem Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden, sagte Haslauer im Anschluss an eine Parteisitzung am Montagabend. Vorstellbar ist aus seiner Sicht eine Koalition mit der SPÖ oder eine Dreierkoalition ohne Sozialdemokraten. Eine Dreierkoalition mit SPÖ und Grünen schloss Haslauer neuerlich aus, weil Schwarz-Rot auch so eine Landtagsmehrheit hätte. „Daher ist es relativ sinnlos, einen weiteren Koalitionspartner dazuzunehmen“, meinte Haslauer.

„Alles ist denkbar“

Möglich wären daher zwei Varianten: eine Koalition mit der SPÖ oder eine Dreierkoalition mit anderen Parteien. Angesprochen auf die Tatsache, dass eine Dreierkoalition mit Grünen und FPÖ wohl ausgeschlossen wäre, meinte Haslauer, er wolle von den Parteichefs selbst bei den Vorgesprächen hören, was möglich wäre und was nicht. Er selbst habe „keine Präferenz“: „Alles ist denkbar.“

Nötig sei jedenfalls „eine andere Art des Regierens“, betonte Haslauer. Der nächste Koalitionspakt soll seinen Angaben zufolge auf jeden Fall auch Platz für einen „koalitionsfreien Raum“ lassen (also die Möglichkeit der Partner, bestimmte Projekte im Landtag mit freien Mehrheiten abzustimmen, Anm.). Anders wäre eine Aufwertung des Landtages nicht möglich, so der voraussichtlich nächste Landeshauptmann.

Rekordverlust der Landesregierung

Mit einem Rekordverlust hatten die Salzburger Wähler bei dem Urnengang am Sonntag ihre Regierung - vor allem die SPÖ - für den Finanzskandal abgestraft. Noch nie in der Zweiten Republik verloren SPÖ und ÖVP gemeinsam bei einer Landtags- oder Bundeswahl so viel wie die 23,10 Prozentpunkte (vorläufiges Endergebnis). Nur einmal war es beinahe so viel, 1949 in Vorarlberg, als ÖVP und SPÖ beim ersten Antreten des FPÖ-Vorgängers „Wahlpartei der Unabhängigen“ zusammen 22,01 Prozentpunkte einbüßten.

Von den Verlusten der Regierungsparteien in Salzburg profitierten vor allem die Grünen. Sie schafften einen Rekordzuwachs von 12,8 Prozentpunkten, die FPÖ „nur“ ein Plus von vier Prozentpunkten. Die neue Liste Stronach kam bei ihrem ersten Antreten auf 8,3 Prozent.

„SN“: Haslauer braucht Sieger an seiner Seite

„Eine Große Koalition wäre das Schlechteste“, so Manfred Perterer in den „Salzburger Nachrichten“. „Einen Auftrag der Wähler für eine solche Regierung kann nicht einmal der größte sozialpartnerschaftliche Verbiegungskünstler herleiten.“ Die ÖVP sei nur relativer Gewinner der Wahl, auch wenn Haslauer noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen sei. Für eine glaubwürdige Reformregierung brauche die ÖVP Sieger an ihrer Seite. „Und die heißen nun einmal Grüne, Team Stronach und FPÖ.“ Die SPÖ hätten die Wähler als Hauptschuldigen am Finanzskandal ausgemacht und extrem hart abgestraft.

Wilfried Haslauer (ÖVP), Astrid Rössler (Grüne), Karl Schnell (FPÖ) und Hans Mayr (Team Stronach)

APA/Barbara Gindl

Wilfried Haslauer mit der grünen Spitzenkandidatin Astrid Rössler, FPÖ-Chef Karl Schnell und TS-Spitzenkandidat Hans Mayr (v. l. n. r.)

Eine solche Abstrafung ortet auch Markus Ebert im ÖVP-eigenen „Neuen Volksblatt“. Die Entscheidung der ÖVP, vorzeitig in Neuwahlen zu gehen, sei richtig gewesen, „wenngleich das Ziel, Erster zu werden, mit einem Absacken auf knapp 30 Prozent nicht gerade zu Jubelstürmen taugt“. Dass die ÖVP ihren Führungsanspruch im Landtag nur mit der SPÖ umsetzen könne, mache die Sache nicht leichter: „Zum einen gilt es Gräben zu überwinden, zum andern werden die Roten noch einige Zeit mit dem Lecken ihrer Wunden beschäftigt sein.“

„Risiko“ Team Stronach

Rechnerisch sind in Salzburg gleich mehrere Varianten vorstellbar, eine Zweierkoalition geht sich allerdings nur mit SPÖ und ÖVP als Partner aus. Logisch wäre es, die Grünen mit ihrem Rekordergebnis von 20 Prozent einzubinden - nach dem Vorbild Oberösterreichs, und auch in Tirol stehen die Signale auf Schwarz-Grün. Aber für eine solche Mehrheit im Salzburger Landtag fehlt ein Mandat, die ÖVP müsste also noch eine Partei, etwa das Team Stronach (TS) oder die FPÖ, ins Boot holen. Aber es ist fraglich, ob Haslauer das riskiert - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Burgstaller-Nachfolger will in Regierung

Der Salzburger Sozial- und Gesundheitslandesrat Walter Steidl (SPÖ) – er wurde zum Nachfolger der scheidenden Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) gekürt – hat Montagnachmittag vor der Sitzung des Parteipräsidiums zur Frage einer möglichen Koalitionsbeteiligung Stellung genommen. „Natürlich ist eine Regierungsbeteiligung für die Sozialdemokraten der erste Zugang. Regieren um jeden Preis kann aber nicht das Ziel sein.“

Wie von Burgstaller angedacht, würde auch er eine Regierung der konstruktiven Kräfte favorisieren: „Da sind dann nicht nur zwei Partner dabei.“ Er wolle dabei keine Fraktion ausschließen, alle fünf Parteien kämen infrage. Also auch eine Regierungsbeteiligung der Grünen in einer möglichen Dreierkoalition.

Bachmayer glaubt an Koalitionsneuauflage

Der Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer vom OGM-Institut glaubt nach der Landtagswahl an eine Neuauflage der Koalition zwischen Rot und Schwarz unter geänderten Machtverhältnissen. Für wenig wahrscheinlich hält er eine Regierungsbeteiligung der Grünen - gegenüber der APA sprach er von „schwarz-grünen Koalitionsfantasien“. „Warum sollen sich die Grünen die Aufräumarbeiten (nach dem Finanzskandal, Anm.) aufladen?“, fragte Bachmayer.

Bachmayer verwies darauf, dass sich eine schwarz-grüne Koalition aufgrund der fehlenden Mehrheit ja gar nicht ausgeht. Und eine Regierung mit einer Minderheit im Landtag würde einen „Spießrutenlauf der Sonderklasse“ darstellen. Abgesehen davon glaubt er nicht, dass die Grünen hohe Motivation haben könnten, in eine Regierung einzutreten: Denn in der kommenden Legislaturperiode stehe die Aufarbeitung des Finanzskandals an, was auch Auswirkungen auf das künftige Landesbudget haben und in der Folge auch „ein paar bescheidene Jahre“ bringen werde.

„Steirische Reformpartnerschaft“ als Vorbild?

Bachmayers Schlussfolgerung: „Für mich spricht seit dem Ergebnis alles für eine Neuauflage von Schwarz-Rot.“ Das würde auch gut zu Haslauer passen. „Er müsste im Prinzip eine Salzburger Kopie der steirischen Reformpartnerschaft gehen“, so die Empfehlung des OGM-Chefs. Die personellen Animositäten mit Personen aus der SPÖ müsse er „zuschütten“, was aber angesichts des Rücktrittes von Burgstaller nicht so schwer sein werde.

Auch für den Innsbrucker Politikwissenschaftler Ferdinand Karlhofer ist ein Vorgehen nach dem Beispiel der Steiermark „denkbar“. Er hält es aber auch nicht für ausgeschlossen, dass Rot und Schwarz die Grünen mit ins Boot holen - quasi einen „Dritten mit weißer Weste“. Freilich hat Haslauer das bereits als „nicht notwendige Variante“ eher ausgeschlossen.

Karlhofer: Kristallkugelträchtig

Andere Varianten, etwa eine Koalition aus ÖVP, Grünen und Team Stronach, hält Karlhofer für weniger wahrscheinlich. Er verwies hier auf Berührungsängste der Grünen, da ja Stronach fast seine gesamte Parlamentsriege aus den Reihen des BZÖ lukriert hat. Ausschließen will er aber auch das nicht: „Es gibt auch unter den Grünen welche mit pragmatischem Zugang. Wenn die Grünen Ressorts erhalten, die Gestaltungsautonomie ermöglichen, könne es schon auch denkbar sein“, so der Experte, der darauf verweist, dass Prognosen wie diese immer sehr „kristallkugelträchtig“ seien.

Grüne zeigen Interesse

Die grüne Spitzenkandidatin Astrid Rössler kündigte an, gerne Regierungsverantwortung zu übernehmen, die Frage müsse aber zuerst in den Parteigremien diskutiert werden. Auch der Spitzenkandidat des TS, der Goldegger Bürgermeister Hans Mayr, betont am Montag erneut, Regierungsverantwortung übernehmen zu wollen. Nach zwei Sitzungen über die grundsätzliche Strategie für die Parteienverhandlungen zeigte sich Mayr über eine Dreierkoalition mit ÖVP und Grünen diskussionsbereit: „Von Frank Stronach aus haben wir völlige Handlungsfreiheit.“

FPÖ-Chef Karl Schnell meinte in einer ersten Stellungnahme: „Ich gehe davon aus, dass wir in Opposition bleiben und ich Landesparteiobmann bleibe.“ Er hatte angesichts des guten Ergebnisse in seiner Heimatgemeinde Saalbach-Hinterglemm (33,3 Prozent) betont: „Das Ergebnis im Glemmtal zeigt: Bleiben Sie im Glemmtal.“

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