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Taliban als Drahtzieher vermutet

Eine Woche vor der Parlamentswahl in Pakistan ist am Freitag erstmals ein Kandidat für die Abstimmung getötet worden. Saddiq Zaman Khattak von der säkularen Awami-Nationalpartei (ANP) sei zusammen mit seinem dreijährigen Sohn in der südlichen Hafenmetropole Karachi erschossen worden, teilte die Polizei mit.

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Demnach eröffneten Unbekannte von einem Motorrad aus das Feuer, als sich Vater und Sohn auf dem Weg von einer Moschee nach Hause befanden. ANP-Chef Bashir Jan bestätigte die Angaben der Polizei. Er sagte zudem, Khattak habe Drohungen erhalten. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat, in der Regel werden aber die radikalislamischen Taliban für solche Anschläge verantwortlich gemacht. Sie hatten vor der Wahl allen nicht religiösen Parteien mit Gewaltakten gedroht.

Insgesamt schon 60 Tote durch Terror

Erst Ende April war in Karachi ein Autobombenanschlag auf ANP-Anhänger verübt worden. Dabei wurden zehn Menschen getötet und 17 weitere verletzt. Der Angriff galt offenbar Parteichef Jan selbst, der jedoch unverletzt blieb. Vor der Parlamentswahl häufen sich Anschläge und gewaltsame Übergriffe. Seit dem 11. April - einen Monat vor dem Wahltag am 11. Mai - kamen dabei mehr als 60 Menschen ums Leben.

Ein kandidierender Politiker war bis Freitag jedoch nicht unter den Opfern der Anschläge. Für das von wechselnder Militärherrschaft geprägte Pakistan ist die Wahl eine Zäsur, weil erstmals nach einer vollen Legislaturperiode auf demokratischem Weg die politische Macht von einer Zivilregierung an die nächste übergeben werden dürfte. Zugleich ist die Unzufriedenheit mit der bisherigen Regierungskoalition wegen gestiegener Korruption und anderer Missstände hoch.

Taliban-Warnung im März

Die pakistanischen Taliban hatten Mitte März zu einem Boykott der Wahl aufgerufen. „Wir richten einen demütigen Appell an die Öffentlichkeit, jeden Schritt dieses säkularen demokratischen Systems zu boykottieren“, sagte Taliban-Sprecher Ehsanullah Ehsan in einer an Medien verschickten Videobotschaft. Die Menschen sollten Veranstaltungen der Volkspartei (PPP), der ANP und des Muttahida Qaumi Movement (MQM) fernbleiben. Die drei Parteien waren die meiste Zeit an der PPP-geführten Koalitionsregierung beteiligt.

Ehsan zog in der Videobotschaft „vorübergehend“ das Angebot der Taliban zurück, Friedensgespräche mit der Regierung zu führen. Ende Dezember hatten die Taliban in dieser Hinsicht Verhandlungsbereitschaft erklärt, es aber abgelehnt, die Waffen niederzulegen. Offizielle Gespräche gab es seitdem nicht. Elf Tage nach der Taliban-Erklärung gab es das erste tödliche Attentat gegen ANP-Sympathisanten. Vor allem die ANP setzt sich gegen ein militärisches Vorgehen gegen die Taliban ein.

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