Letta als neuer Premier vereidigt
Nach der Einigung auf eine Regierungskoalition ist am Sonntag die neue Regierung um den Vizechef der Demokratischen Partei (Partito Democratico, PD) Enrico Letta von Staatspräsident Giorgio Napolitano vereidigt worden. Die Zeremonie wurde von einer Schießerei vor dem Sitz der neuen Regierung überschattet, bei der mehrere Personen verletzt wurden.
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Ein Mann zog Medienberichten zufolge eine Pistole aus der Tasche seines Anzugs und schoss auf zwei Carabinieri, die sich vor dem Regierungssitz befanden. Augenzeugen berichteten, der Schütze habe aus etwa fünf Metern Entfernung auf die Carabinieri geschossen. Leicht verletzt worden sei auch eine laut Medienberichten schwangere Frau, die sich mit ihrem Mann und Kind am Tatort aufhielt.

APA/AP/Gregorio Borgia
Dramatische Szenen vor dem Regierungssitz in Rom
Einer der angeschossenen Carabinieri wurde am Hals getroffen, sein Zustand sei entgegen ersten Meldungen nicht besorgniserregend, berichtete der italienische TV-Sender Sky TG24. Ein weiterer Carabiniere wurde am Bein verletzt. Auch eine Fußgängerin wurde laut ANSA von einer Kugel leicht verletzt.
„Er ist nicht geistig verwirrt“
Der mutmaßliche Schütze wurde festgenommen. Er soll ebenfalls verletzt sein. Der Mann soll ANSA zufolge aus Kalabrien stammen und - wie vom Bruder des mutmaßlichen Täters aber dementiert - unter psychischen Problemen leiden. Laut Polizei sei der 46-Jährige nicht vorbestraft und hat offenbar allein gehandelt. Der Verdächtige, der seit Jahren im norditalienischen Piemont lebt, soll derzeit im Krankenhaus wegen Kopfverletzungen behandelt werden.
Er weigerte sich bisher, auf Fragen der Sicherheitskräfte zu antworten. „Er ist nicht geistig verwirrt. Ich bin sprachlos, ich weiß nicht, was mit ihm passiert ist“, erklärte der Bruder, der sich gleichzeitig bei den Verletzten entschuldigte, im Gespräch mit dem TV-Sender TGCom24. Auch die Ex-Frau des Verdächtigen zeigte sich erschüttert. „Ich kann nicht begreifen, warum er das gemacht hat“, sagte sie. Die Frau lebt seit drei Jahren vom mutmaßlichen Täter getrennt. Seit mehreren Monaten hatte sie zu ihm keinen Kontakt mehr.
Platz vor Quirinal geräumt
Der Zwischenfall sorgte für dramatische Szenen auf der zentralen Piazza Colonna im Herzen der italienischen Hauptstadt, wo sich der Regierungssitz befindet. Auf dem Platz waren gegen 11.40 Uhr Hunderte Menschen. Nach der Vereidigung sollte um 13.00 Uhr im Regierungssitz die erste Ministersitzung stattfinden.
Die Schießerei sorgte für eine massive Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen in Rom. Der Regierungssitz Palazzo Chigi liegt in rund einem Kilometer Entfernung vom Präsidentenpalast nahe einer belebten Einkaufs- und Touristenmeile. Medienberichten zufolge wurde nach der Schießerei auch der Platz vor dem Präsidentenpalast, wo gerade die neue Regierung vereidigt wurde, aus Sicherheitsgründen geräumt.
Neuer Innenminister bei Verletzten im Spital
Die neuen Minister, die nach der Angelobung von den Geschehnissen erfuhren, zeigten sich bestürzt. „Wir müssen erst begreifen, was passiert ist“, sagte der neue Verteidigungsminister Mario Mauro. Italiens neuer Innenminister Angelino Alfano, der nach seiner Angelobung die Verletzten im Krankenhaus besuchte, sprach von der Tat eines Einzelnen.
Der mutmaßliche Schütze sei demnach am Samstag nach Rom gereist, um eine „aufsehenerregende Geste“ zu setzen. Er habe in Rom in einem Hotel übernachtet. Am Sonntag habe er dann sechs Pistolenschüsse vor dem Regierungssitz abgefeuert. Danach habe er sich das Leben nehmen wollen, sei aber festgenommen worden, wie Alfano bei der ersten Ministerratssitzung der neuen Regierung erklärte. Alfano betonte, es bestünde keine Sorge um die öffentliche Sicherheit in Italien. Allerdings seien die Kontrollen rund um institutionelle Einrichtungen verschärft worden.
Der römische Bürgermeister Gianni Alemanno machte das angespannte politische Klima in Italien für die Schießerei vor dem Regierungssitz verantwortlich. „Es handelt sich um die Tat eines geistig Verwirrten, doch man darf sich nicht wundern, wenn man ununterbrochen gegen die Institutionen wettert, als wären sie abzubauen“, so Alemanno weiter.
Grillo: „Sind nicht gewalttätig“
Auf die Frage einiger Journalisten, ob er sich auf die Protestbewegung Fünf Sterne (Movimento 5 Stelle, M5S) beziehe, die eine scharfe Kampagne gegen die ihrer Ansicht nach korrupten etablierten Parteien führt, antwortete Alemanno: „Ich beziehe mich auf niemanden.“ Die M5S-Parlamentarier verurteilten die Schießerei. „Hoffentlich bleibt das ein Einzelfall. Unsere Bewegung ist nicht gewalttätig“, so M5S-Gründer Beppe Grillo.
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