Generelles Verbot gefordert
Der Europäische Berufsimkerverband (EPBA) hat die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union aufgefordert, doch noch für ein Teilverbot bestimmter Pestizide zu stimmen. „Wir fordern seit Jahren ein generelles Verbot dieser Stoffe“, sagte EPBA-Präsident Walter Haefeker am Donnerstag.
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Das von der EU-Kommission für Montag zur Abstimmung gestellte Teilverbot der für Bienen schädlichen Chemikalien sei aber ein „sehr großer Schritt in die richtige Richtung. Wir fordern die Mitgliedsstaaten auf, das zu unterstützen.“ Die EU-Kommission fordert ein Teilverbot dreier Neonicotinoide (nikotinartige Wirkstoffe). Für einen solchen Schritt fand sich im März jedoch keine ausreichende Mehrheit unter den EU-Mitgliedsstaaten.
Pestizide von Bayer und Syngenta
Am Montag kommt es in Brüssel zur entscheidenden Abstimmung im Berufungsausschuss. Die Pestizide werden von dem deutschen Unternehmen Bayer und der Firma Syngenta aus der Schweiz vertrieben. Haefeker und der deutsche Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) befürchten daher, dass der deutsche Vertreter im Ausschuss dieses Mal gegen das Teilverbot der drei Stoffe stimmt.

APA/dpa/Fredrik von Erichsen
Bienen sind weltweit von Pestiziden bedroht
Desorientierung und Tod
Kritiker warnen, dass Neonicotinoide neben tödlichen Vergiftungen auch dazu führen, dass Bienen ihren Orientierungssinn verlieren und nicht mehr in die Bienenstöcke zurückfinden. Die EU-Kommission will den Einsatz der drei Pestizide für den Anbau von Mais, Sonnenblumen, Raps und Baumwolle für mindestens zwei Jahre verbieten. Vorerst erlaubt bleiben soll allerdings der Gebrauch der Chemikalien für Wintergetreide und Pflanzen, die keine Bienen anlocken. Auch auf die Aussaat von Mais in diesem Sommer sollen die verschärften Bestimmungen noch keine Anwendung finden. Nach zwei Jahren will die EU-Kommission die Maßnahmen überprüfen.
200.000 Bienenfamilien starben in Bulgarien
Angesichts sinkender Bienenzahlen forderten auch die bulgarischen Imker ein EU-weites Verbot für Pflanzenschutzmittel, die Bienenbestände bedrohen sollen. Mehr als hundert Bienenzüchter aus ganz Bulgarien versammelten sich am Montag in Sofia auf dem Platz zwischen Regierungssitz und Präsidialamt. Sie verlangten, dass das EU-Land in Brüssel für ein Verbot von Pestiziden mit Neonicotinoiden votiert, da diese Chemikalien die Bienenbestände gefährdeten.
Interimsregierungschef Marin Rajkow sicherte das den Bienenzüchtern zu. In dem Balkan-Land seien binnen zwei Jahren 200.000 Bienenfamilien gestorben, so der bulgarische Imkerverband. Allein in diesem Winter seien die Bienenbestände um ein Drittel zurückgegangen.
Berlakovich: Nur marginale Verluste
Auch in Österreich wird das Thema Bienensterben immer heftiger diskutiert. Im Landwirtschaftsministerium will man hingegen beschwichtigen, gießt aber indirekt Öl ins Feuer um die Debatte des Pestizidverbotes. Der Schutz der Bienenvölker vor Krankheiten und Seuchen habe seit jeher oberste Priorität, so das Büro von Nikolaus Berlakovich (ÖVP) vorige Woche. In den vergangenen drei Jahren seien 4,5 Mio. Euro für das österreichische Bienenprogramm aufgewendet worden, zusätzlich habe man 1,5 Mio. Euro in die Biobienenförderung investiert, hieß es in einer Aussendung.
Die Kontrollen würden bestätigen, dass es bei einer sachgemäßen Anwendung neonicotinoider Beizmittel sowie der Einhaltung der Bienenschutzmaßnahmen nur marginale Bienenverluste gebe. „Wäre das nicht der Fall, stünde ein Verbot dieser Mittel außer Frage.“
Global 2000: Falsche Zahlen
Dem widersprach die Umweltschutzorganisation Global 2000 und ritt eine heftige Attacken Richtung Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Die AGES habe „wiederholt falsche Zahlen“ präsentiert. Konkreter Vorwurf: Der Beitrag der Neonicotinoide zum heimischen Bienensterben werde „wesentlich niedriger dargestellt, als dies aus den Erhebungen der Melissa-Studie zu Bienenschäden in Österreich“ hervorgehe.
„Der politische Entscheidungsprozess für ein Verbot der bienengiftigen Pestizide wird damit auf nationaler und EU-Ebene beeinflusst“, so Helmut Burtscher, Umweltchemiker von Global 2000. In der Melissa-Studie hätten sich rund 50 Prozent der 2011 untersuchten Verdachtsproben als Bienenschäden durch Neonicotinoide erwiesen. Global 2000 übermittelte eine detaillierte Sachverhaltsdarstellung an die Eigentümervertreter der AGES, Berlakovich und Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Grüne kritisieren Berlakovich
Auch die Grünen kritisieren Berlakovich: Sie fordern seit Jahren ein Verbot von Neonicotinoiden. Doch die ÖVP schütze lieber die Interessen der chemischen Industrie, anstatt den Bienenschutz zuzulassen, so Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen. Auf EU-Ebene habe die ÖVP gegen ein Verbot gestimmt, und im österreichischen Parlament werde ein grüner Antrag auf Verbot der Neonicotinoide seit mehr als einem Jahr verschleppt. Nun hoffen die Grünen, den Beschluss am 15. Mai im Landwirtschaftsausschuss durchzubekommen. Die SPÖ habe schon eine Zustimmung signalisiert, so Pirklhuber.
AGES: Bienenschutz umfassend betrachten
Die AGES verteidigte sich gegen die Vorwürfe. „Die seitens Global 2000 in einer Sachverhaltsdarstellung übermittelten Fragen zur Methodik und Zahlenerhebung stehen nicht im Widerspruch zu den Ergebnissen der AGES“, hieß es in einer ersten Reaktion auf die von der Umweltschutzorganisation geäußerte Kritik an der AGES. Die Risiken von Pflanzenschutzmitteln für die Bienen würden derzeit „im Zusammenhang mit einem in weiten Teilen der Welt beobachteten Rückgang von Bienenpopulationen“ diskutiert. Zur Thematik der Bienenverluste gebe es unter Wissenschaftlern Übereinstimmung, dass diese multifaktoriell beeinflusst sind.
Der Bienenschutz sei daher umfassend zu betrachten, „angefangen von der Einschleppung, Verbreitung und Manifestation von Krankheiten bis hin zu allen Thematiken der Exposition von Bienen mit den natürlichen, den Kultur- und insbesondere land- und forstwirtschaftsbezogenen Umwelteinflüssen“, so die AGES. Das schließe den Klimawandel, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden, das Vorhandensein von Bienennahrung und Bienenweiden sowie Arzneimitteln und Einflüsse von Pflanzenarten ein.
Greenpeace: „Bye bye Biene“
Die negativen Auswirkungen der für Bienen giftigen Pestizide übersteigen bei weitem alle angenommen Vorteile: Zu diesem Schluss kam auch der wissenschaftliche Bericht der Umweltschutzorganisation Greenpeace zum Bienensterben „Bye bye Biene“, der Anfang April präsentiert wurde. „Die wissenschaftlichen Belege sind eindeutig: Unsere Bienen und wilden Bestäuber sind zu kostbar, um ihrem Massensterben weiter tatenlos zuzusehen. Ein sofortiges und vollständiges Verbot der Bienenkiller muss endlich folgen“, so Dagmar Urban, Greenpeace-Sprecherin für nachhaltige Landwirtschaft, in einer Aussendung - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
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