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„Würde mehr zahlen“

Fliegen kann anstrengend sein, besonders auf Langstrecken. Zu einem der nervenbelastendsten Erfahrungen zählt dabei für viele Menschen das Sitzen neben lärmenden Kindern. Laut einer Studie ist das für den Großteil der Passagiere eine Zumutung - sie wünschen sich eigene Bereiche für Familien mit Babys und Kleinkindern oder gar kinderfreie Flüge.

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Menschen mit Mund- und Körpergeruch, „schreiende Babys“ und „hyperaktive Kinder“ - das sind die am wenigsten beliebten Sitznachbarn auf Flügen, zeigt eine Umfrage des Flugvergleichsportals Skyscanner. Besonders gegen Letztere regt sich vor allem in den USA immer mehr Widerstand.

54 Prozent der Reisenden würden einen speziellen Bereich für Familien mit Babys und Kleinkindern auf ihren Flügen begrüßen. Selbst ein Drittel jener Befragten, die selbst Eltern sind, befürwortet die Idee. 17 Prozent der kinderlosen Reisenden fühlen sich von Kinderlärm derartig genervt, dass sie für die Einführung kinderfreier Flüge sind. Das zeigte eine Umfrage von Skyscanner, die unter 2.000 Passagieren durchgeführt wurde.

Schmerzensklage, Rauswurf und Handgreiflichkeiten

Die Studie trifft bei Flugpassagieren offenbar auf einen sensiblen Nerv: Mehrere Fälle hatten davor in den USA eine hitzige Debatte über den Umgang mit schreienden Kindern und deren Eltern in Flugzeugen ausgelöst. 2010 einigte sich die australische Fluglinie Qantas etwa in einem Rechtsstreit mit einer Frau, die behauptete, einen Gehörverlust erlitten zu haben, nachdem sie auf einem Flug von New York nach Australien neben einem schreienden Dreijährigen gesessen hatte. Zu welchen Konditionen der Vergleich erfolgte, ist nicht bekannt.

In einem anderen Fall wurde eine Familie noch vor dem Abflug aus dem Flugzeug der Linie AirTran geworfen, weil deren dreijähriger Sohn nicht auf seinem Platz sitzen bleiben wollte, wild um sich schlug und schrie. Und eine 42-jährige Frau wurde handgreiflich gegen einen ebenfalls dreijährigen Buben, nachdem dieser gegen ihren Sitz getreten hatte.

Hitzige Debatte im Internet

„Ich würde gerne mehr zahlen für einen kinderfreien Flug“, sagt etwa Ian Burford gegenüber der „New York Times“ („NYT“, Onlineausgabe). Er ist der Initiator einer Facebook-Gruppe mit dem Namen Airlines Should Have Kid-Free Flights (Fluglinien sollten kinderfreie Flüge anbieten). Beinahe jeder dritte Passagier (27 Prozent) wäre bereit, mehr zu zahlen, um in einer kinderfreien Zone zu sitzen. Und 19 Prozent würden mehr bezahlen, um in einem ruhigen Bereich zu sitzen, zeigt eine US-Studie, die vom Reiseportal Global Adventures zitiert wird.

Der Grant der Befürworter von kinderfreien Flügen richtet sich aber gar nicht direkt gegen die Kinder selbst, sondern gegen deren Eltern. Das jedenfalls zeigen zahlreiche der Postings in der Facebook-Gruppe. Und auch Burfords Ärger, der die Initiative startete, nachdem er auf einem Flug neben einem schreienden Kind gesessen war, ist darauf zurückzuführen: „Die Eltern haben nichts getan, um es zu stoppen.“

Gesetzesvorschlag im US-Kongress

Die Idee hat es vor Jahren sogar schon in den US-Kongress geschafft, wie die „NYT“ berichtet: Der demokratische Abgeordnete Heath Shuler reichte 2007 einen Gesetzesvorschlag ein, wonach Fluglinien Familienbereiche in Flugzeugen zur Verfügung stellen müssten. Seine Motivation dafür war freilich eine andere: Er wollte nicht, dass Kinder auf Flügen teils gewaltverherrlichende Filme mitschauen. Der Vorschlag erregte zwar das Interesse der Medien, wartet jedoch noch immer auf eine Abstimmung.

AUA: „Für uns überhaupt kein Thema“

Die Fluggesellschaften jedenfalls halten von diesen Vorschlägen gar nichts. „Das ist für uns überhaupt kein Thema“, so Ursula Berger von der Austrian Airlines (AUA) gegenüber ORF.at. Familien in einen eigenen Bereich zu setzen oder gar kinderfreie Flüge seien eine „Diskriminierung“ für Familien mit Kindern. Vielmehr versuche man, speziell auf Langstreckenflügen, Kinder mit Unterhaltungsprogramm abzulenken.

Klare Absage von Fluglinien

Auch in den USA scheinen die Klagen der Passagiere auf taube Ohren zu stoßen: „Auf gar keinen Fall“ werde eine Airline Derartiges unternehmen und dadurch Passagiere abschrecken, lautet die klare Absage von David Castelveter, Pressesprecher der Air Transport Association, dem Branchenverband der größten US-Fluglinien. „Das ist eine Industrie, die sehr hart arbeitet, um rentabel zu sein“, sagte Castelveter gegenüber der „NYT“.

Und selbst wenn die Fluglinien genügend Überschüsse hätten, wäre der logistische Aufwand zu groß. „Es gibt viele Destinationen, wohin Fluglinien nur einen, vielleicht zwei Flüge pro Tag anbieten“, so Castelveter. Für Fluggäste wäre das eine zu große Einschränkung.

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