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„Österreicher sein“ auf 30 Seiten erklärt

In Zusammenhang mit dem neuen Staatsbürgerschaftsgesetz hat Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch eine Wertefibel für potenzielle Neo-Österreicher und eine Lernunterlage inklusive Testfragen präsentiert, die vor der Verleihung der Staatsbürgerschaft durchzuackern ist. Künftig soll es den österreichischen Pass nach Absolvierung eines „Wertetests“ geben, schwebt Kurz vor.

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Die etwa 30-seitige „Rot-Weiß-Rot-Fibel“ mit dem Titel „Zusammenleben in Österreich“ soll hierzulande geltende Werte vermitteln. Dargelegt werden die Menschenwürde als Grundlage des Staats, die sechs Prinzipien Freiheit, Rechtsstaat, Demokratie, Republik, Föderalismus und Gewaltenteilung. Die zugehörige Lernunterlage will laut den Angaben historisches Wissen in kompakter Form sowie die demokratische Grundordnung vermitteln.

John F. Kennedy, ein Urösterreicher?

Fangfragen wie einst gibt es beim Test nicht mehr, auch das Jahr der zweiten Türkenbelagerung Wiens ist nicht von Relevanz. Das abzufragende Geschichtswissen entspreche jenem des Lehrplans der vierten Klasse Hauptschule, sagte Heinz Fassmann, Vorsitzender des Expertenrates für Integration und Vizerektor der Uni Wien. Statt historischen Faktenwissens solle der Fokus beim künftigen Test auf „Werte“ gelegt werden. Österreich wolle dabei „ein freundliches Gesicht“ zeigen, hieß es bei der Pressekonferenz - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Die Lernunterlage soll demnach Grundsätze des Zusammenlebens und die Art und Weise vermitteln, wie Österreich funktioniert. Das ist freilich recht allgemein gehalten - mit Sätzen wie „Für mich gelten die gleichen Regeln wie für alle anderen“ und der an US-Präsident John F. Kennedy angelehnten Forderung, man solle nicht daran denken, was das Land für einen selbst tun könne, sondern daran, was man selbst für das Land tun könne.

„Willkommenskultur“ a la Kurz

Erarbeitet wurde die Fibel unter Federführung von Christian Stadler, dem stellvertretenden Vorstand des Instituts für Rechtsphilosophie der Uni Wien. „Integration von Anfang an“ lautet das Motto, wichtig sei die „Willkommenskultur“, sagte Kurz, der sich „über jeden freut, der sich entschließt, Österreicher zu werden“. Der neue Staatsbürgerschaftstest solle „ehebaldigst“ zum Einsatz kommen, sagte Kurz. Derzeit werden laut seiner Aussage letzte Punkte zum neuen Gesetz ausgehandelt.

Zwischen Promis und Alleinerzieherinnen

Die Staatsbürgerschaftsreform ist, obwohl sie schon seit langem immer wieder als fix angekündigt wird, zwischen SPÖ und ÖVP in Details noch immer umstritten, etwa die Grenze für ein Mindesteinkommen als Voraussetzung zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Auch die Bedingungen für „Promieinbürgerungen“ sollen nach fragwürdigen Fällen in der Vergangenheit, etwa der „Part of the game“-Affäre, neu definiert werden.

„Berühmt sein allein ist zu wenig“, sagte Kurz im Hinblick auf die privilegierten Staatsbürgerschaften. Man habe einen Kriterienkatalog erarbeitet, der nun Gegenstand der Gespräche mit dem Koalitionspartner sei. Ebenfalls noch verhandelt werde die untere Einkommensgrenze, die vor allem schlecht entlohnte Arbeiterinnen und Alleinerzieherinnen am Erwerb der Staatsbürgerschaft hindern könnte. Ihnen konnte Kurz nicht allzu viel versprechen: „Eine Schlechterstellung im Vergleich zur bisherigen Regelung wird es nicht geben“, versicherte er lediglich.

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